Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 23. September 2025 (Az.: 1 BvR 1796/23) entschieden, dass die starre Altersgrenze von 70 Jahren für Anwaltsnotare verfassungswidrig ist. Damit greift Karlsruhe in eine seit Jahrzehnten geführte Debatte ein: Wie lange darf, wie lange soll man arbeiten? Und welche Folgen hat eine gesetzliche Altersgrenze für Beruf, Einkommen und Altersvorsorge?

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Bislang sah die Bundesnotarordnung vor, dass Notare mit dem Erreichen des 70. Lebensjahres automatisch ihr Amt verlieren. Begründet wurde das mit der Sicherung einer geordneten Altersstruktur im Berufsstand, dem Schutz vor nachlassender Leistungsfähigkeit und der Schaffung von Berufschancen für Jüngere. Doch diese Argumente tragen nach Ansicht der Verfassungsrichter für das Anwaltsnotariat nicht mehr. Der Nachwuchs fehlt hier seit Jahren und in vielen Regionen bleiben Notarstellen unbesetzt.

Ein betroffener Anwaltsnotar klagte deshalb bis nach Karlsruhe. Er wollte auch nach seinem 70. Geburtstag im Amt bleiben und machte geltend, dass die Altersgrenze ihn unverhältnismäßig in seiner Berufsfreiheit beschneide. Die Richter gaben ihm recht: Die Regelung sei mit Art. 12 GG unvereinbar.

Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Altersgrenze für Anwaltsnotare für verfassungswidrig, lässt sie aber übergangsweise bis Juni 2026 weitergelten. Der Gesetzgeber muss nun nachbessern. Für „Nur-Notare“, die hauptberuflich tätig sind, bleibt die Altersgrenze dagegen bestehen.

Das Gericht argumentierte, dass die starre Altersgrenze ihre Ziele kaum noch erreiche. Weder werde die Rechtspflege durch den Ausschluss älterer Anwaltsnotare gestärkt, noch verbessere sich die Verteilung der Berufschancen. Das Bundesverfassungsgericht hat damit ein bemerkenswertes Signal gesendet: Starre Altersgrenzen sind nicht mehr zeitgemäß, wenn sie in der Realität Versorgungslücken vergrößern statt verringern. In manchen Regionen gebe es schlicht zu wenige Bewerber.

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