Das Oberlandesgericht (OLG) München hat mit Urteil vom 27. November 2024 (Az.: 7 U 2993/23) eine klare Botschaft an die Versicherungsvermittlung gesendet: Ohne Zahlung der ersten Versicherungsprämie entsteht kein Anspruch auf Provision. Das gilt auch dann, wenn der Vertrag formal zustande gekommen ist und die Abschlussvergütung bereits auf dem Konto des Vermittlers gelandet ist. Zudem klärten die Richter, wie weit Nachbearbeitungspflichten des Versicherers bei ausbleibenden Beitragszahlungen geht.

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Der Fall begann Ende 2020. Der Vermittler vermittelte einem Kunden eine fondsgebundene Rentenversicherung. Versicherungsbeginn sollte der 1. Januar 2021 sein. Für den Abschluss erhielt er eine einmalige Provision in Höhe von 4.071,60 Euro sowie einen Vorschuss auf die Jahrescourtage von 2.106 Euro.

Der Kunde zahlte jedoch keinen einzigen Beitrag. Stattdessen bat er zunächst um eine Verschiebung des Vertragsbeginns um ein Jahr, auf den 1. Januar 2022. Die Versicherung stimmte zu. Später wurde der Start noch einmal um sechs Monate auf den 1. Juli 2021 vorgezogen, um dann erneut auf den 1. Januar 2022 verschoben zu werden. Dreimal versuchte das Unternehmen, die Erstprämie einzuziehen und scheiterte jedes Mal. In einem Fall hatte der Kunde die Lastschrift sogar aktiv zurückgebucht. Anfang Februar 2022 kündigte er den Vertrag endgültig.

Vor dem Landgericht München I bekam der Vermittler, der die Abschlussvergütung zurückzahlen sollte, zunächst Recht. Die Versicherung habe ihre Nachbearbeitungspflicht nicht ausreichend erfüllt, argumentierten die Richter. Nach § 87a Abs. 3 Handelsgesetzbuch (HGB) muss der Versicherer versuchen, einen gefährdeten oder gekündigten Vertrag zu retten. Unterbleibt dies, bleibt der Provisionsanspruch des Vermittlers bestehen.

Doch in der Berufung kassierte das OLG München diese Entscheidung. Das Gericht stellte klar, dass für die Fälligkeit der Provision in der Versicherungsvermittlung § 92 Abs. 4 HGB maßgeblich ist. Demnach gilt: Ein Provisionsanspruch entsteht erst, wenn der Kunde die Prämie gezahlt hat. Ohne Erstprämie keine verdiente Provision. Dabei ist es egal, ob der Vertrag formell zustande kam oder nicht. Vorschüsse und Abschlussvergütungen seien in einem solchen Fall unrechtmäßig vereinnahmt und daher zurückzuzahlen.

Auch die Frage der Nachbearbeitungspflicht wurde vom Gericht zugunsten der Versicherung entschieden. Die zweimalige Verschiebung des Vertragsbeginns und die dreimaligen Abbuchungsversuche wertete das OLG als ausreichend. Eine dritte Verschiebung sei wirtschaftlich nicht zumutbar gewesen, vor allem weil der Kunde seine Zahlungsprobleme erst nach gescheiterten Abbuchungen offenlegte. Zudem sei der Vermittler zum Zeitpunkt der endgültigen Kündigung nicht mehr für die Versicherung tätig gewesen, was aber nichts an seiner Rückzahlungspflicht ändere.

Unterm Strich musste der Vermittler 5.475,01 Euro an die Versicherung erstatten. Die Differenz zu den ursprünglich gezahlten rund 6.178 Euro ergab sich daraus, dass die Versicherung bereits eine Stornosicherheit von knapp 700 Euro einbehalten und mit der Forderung verrechnet hatte.

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Der Fall verdeutlicht, dass die Nachbearbeitungspflicht des Versicherers Grenzen hat. Drei vergebliche Einzugsversuche und zwei Vertragsverschiebungen wertet das Gericht bereits als ausreichend. Eine Pflicht zu endlosen Rettungsversuchen besteht nicht.