Die Verbraucherzentrale Baden‑Württemberg feiert vor dem Landgericht München I einen Sieg gegen die ADAC Versicherung AG (Az. HK O 9060/24, nicht rechtskräftig). Im betroffenen Fall hatte der Versicherer seinen Kunden per Werbekampagne die Unfallversicherung „Unfallschutz Exklusiv“ offeriert. Diese konnten den Vertrag unter anderem abschließen, indem sie das beiliegende, bereits ausgefüllte Überweisungsformular nutzten und den geforderten Betrag zahlten. Einhergehend damit würden sie auf eine Beratung verzichten. Allerdings gab es in diesem Schreiben keine gesonderte Erklärung zum Verzicht auf Beratung.

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Zwar wurde in einem Kasten im Fließtext auf den Beratungsverzicht und die Folgen hingewiesen, auf die im Gesetz geforderte gesonderte Erklärung zum Beratungsverzicht mit einer zusätzlichen Unterschrift oder Bestätigung durch die Verbraucher verzichtete der Versicherer jedoch.

Das Landgericht befand dies als nicht ausreichend. Die Richter werteten den im Fließtext lediglich grafisch hervorgehobenen Hinweis als unzureichend und untersagten dem Versicherer dieses Vorgehen, da die gesetzlich vorgeschriebene, gesonderte Erklärung zum Beratungsverzicht fehlte. „Mit diesem standardisierten Verzicht auf die Beratung entsteht der Eindruck, dass der Beratungsverzicht vom Versicherer anscheinend gewünscht ist. Wie das Urteil nun bestätigt hat, umgeht er damit seine gesetzlich fundierte Beratungspflicht“, so Peter Grieble, Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, und ergänzt: „Die Beratung von Verbrauchern zu ihren Absicherungswünschen und dazu, ob der konkrete Versicherungstarif diese Wünsche erfüllt, ist grundlegende gesetzliche Aufgabe des Versicherungsvertriebs,“ erläutert Grieble.

OLG Nürnberg und der vorformulierte Verzicht auf Beratung

Es ist nicht das erste Urteil zum Beratungsverzicht, dass in diesem Jahr für Aufsehen sorgte. Ob ein Beratungsverzicht eines Versicherers auf einem gesondertem Dokument stehen muss oder auch auf vorformulierten Formularen erfolgen darf, musste das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg klären. Im betroffenen Fall hatte ein Versicherungsnehmer eine fondsgebundene Basis-Rentenversicherung (Rürup-Rente) abgeschlossen. Vor dem Vertragsschluss hatte er mit einem Mitarbeiter des Versicherers ein rund 45-minütiges Telefongespräch geführt. Anschließend erhielt er ein vorab ausgefülltes Antragsformular, in dem das Feld „Ich verzichte auf die Beratung“ bereits angekreuzt war. Der Kunde unterschrieb das Formular, inklusive des Bereichs zum Beratungsverzicht. Daraufhin zahlte er einen Einmalbeitrag von 30.000 Euro.

Später machte er geltend, er sei falsch beraten worden und habe den Vertrag nicht abgeschlossen, wenn er umfassend über dessen Folgen informiert gewesen wäre. Er forderte Schadensersatz in Höhe von rund 31.000 Euro und eine Erstattung seiner Anwaltskosten. Das Landgericht Regensburg wies seine Klage jedoch ab, da er durch die eigenhändige Unterschrift nachweislich auf eine Beratung verzichtet hatte. Gegen diese Entscheidung legte der Versicherungsnehmer Berufung beim OLG Nürnberg ein, das jedoch keinen Erfolg versprach. Letztlich nahm der Kunde seine Berufung zurück.

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Das Gericht stellte fest, dass der Verzicht auf eine Beratung gemäß § 6 Abs. 3 VVG nicht zwangsläufig in einer separaten Urkunde erklärt werden muss (Az.: 8 U 1684/24). Entscheidend sei, dass der Verzicht für den Versicherungsnehmer deutlich erkennbar war und eine bewusste Entscheidung ermöglichte. Dies war hier der Fall, da der entsprechende Abschnitt farblich hervorgehoben war und der Kunde ihn eigenhändig unterschrieben hatte.