Bundesfinanzminister Christian Lindner hat in einem Interview mit der „Rheinischen Post“ ein höheres Renteneintrittsalter gefordert. “Bei der Rente ist offensichtlich, dass wir die Lebensarbeitszeit verlängern müssen, idealerweise durch einen individuellen Renteneinstieg und finanzielle Anreize für längeres Arbeiten“, sagte Lindner der Düsseldorfer Zeitung.

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Damit positioniert sich Lindner gegen die Rentenreform, die er selbst mit auf den Weg gebracht hat: Das sogenannte Rentenpaket II. Den entsprechenden Gesetzentwurf stellte der 45-Jährige Anfang März gemeinsam mit Bundesarbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) vor. Der Entwurf sieht vor, das Rentenniveau langfristig auf dem heutigen Minimalwert von 48 Prozent zu stabilisieren und einen aktienbasierten Kapitalstock für die gesetzliche Rentenversicherung aufzubauen, um zukünftige Beitragszahler zu entlasten. Das Rentenalter anzuheben, war mit den Koalitionspartnern SPD und Grüne hingegen nicht zu machen.

Dass die Rente nach der geplanten Reform teurer wird, ist auch den Regierungsparteien bewusst. Laut Gesetzentwurf führt die Sicherung des Mindestrentenniveaus im kommenden Jahrzehnt zu Mehrausgaben der Rentenversicherung von 30 bis 40 Milliarden Euro pro Jahr. Die Zuschüsse des Bundes an die Rentenversicherung steigen seit Jahren stark an. Im Bundeshaushalt 2024 sind bereits 127,30 Mrd. Euro für die gesetzliche Rentenversicherung und die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vorgesehen. Mit diesen Zuschüssen werden aber auch versicherungsfremde Leistungen finanziert: Leistungen, die der Allgemeinheit zugutekommen, aber nicht durch Beitragseinnahmen gedeckt sind.

Tatsächlich wird Christian Lindner in dem Interview auch gefragt, wieso er dem Rentenpaket II zugestimmt habe. „Weil ich davon ausgehe, dass spätestens in der nächsten Wahlperiode des Bundestages die Reformfragen beantwortet werden, die jetzt noch nicht angegangen werden konnten“, antwortet er. Ob er dabei auf andere Regierungsmehrheiten hofft, bleibt Spekulation. Indirekt verteidigt Lindner die Reform jedoch auch. So würden die Rentenbeiträge ab dem Jahr 2030 nur dann steigen, wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert werde. Als mögliche Reformschritte nennt er einen individuell gestaltbaren Renteneintritt, Anreize für längeres Arbeiten, den Verzicht auf die „Rente mit 63“ sowie die Stärkung der Kapitaldeckung durch das Generationenkapital.

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Für Aufsehen sorgte bereits eine Äußerung Christian Lindners bei der Vorstellung des Berichtes zur Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen vor etwa einer Woche. Die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sei „in ihrer jetzigen Form langfristig nicht finanzierbar“, sagte Lindner bei der Vorstellung der Studie, deren Aufgabe es ist, die Zukunftsfähigkeit der Sozialversicherung in einer alternden Bevölkerung zu bewerten. Er mahnt „Strukturreformen in allen relevanten Politikbereichen“ an.

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