Zum 13. Mal wurde nun das „Allianz Risk Barometer“ veröffentlicht – eine Umfrage unter CEOs, Risikomanagern, Maklern und Versicherungsexperten. Meinungen von 3.069 Befragten aus 92 Ländern und Gebieten flossen in die Studie ein. Und es zeigt sich eine Verschiebung und ein Wechsel bei den Top-Risiken. Denn anders als noch zuvor überholen nun die Cyberrisiken die multikausalen Betriebsunterbrechungen.

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Erstmals mit deutlichem Abstand: Cybervorfälle das „Top-Risiko“ weltweit und in Deutschland

Cybervorfälle sind somit das globale Top-Risiko im Allianz Risk Barometer – zum ersten Mal mit deutlichem Abstand. 36 Prozent Nennungen gib es weltweit für dieses Top-Risiko: das bedeutet fünf Prozentpunkte Vorsprung zum Top-Risiko Nummer zwei. Für das deutsche Ranking wurden „Cybervorfälle“ sogar mit 44 Prozent Nennungen auf den ersten Rang gewählt.

Top-Risiken werden in der Studie gewichtet, indem sich die Befragten aus einer Liste die drei größten Risiken heraussuchen müssen, die dem eigenen Unternehmen gefährlich werden können. In der Vorjahrsstudie, die 2023 veröffentlicht wurde, stellten Betriebsunterbrechungen das Top-Risiko Nummer eins (Versicherungsbote berichtete). Diese werden zwar auch häufig durch Cyberangriffe ausgelöst, sind aber multikausal verursacht – auch andere Gründe verursachen Betriebsunterbrechungen. So zeigte die Corona-Politik Chinas die Verwundbarkeit von Lieferketten: Für Wochen stand mit dem Hafen Shanghai der größte maritime Umschlagplatz der Welt still. Aktuell bedrohen Huthi-Rebellen im Roten Meer wichtige Lieferketten – und erhöhen wieder die Gefahr für Betriebsunterbrechungen.

Obwohl diese Gefahr also nach wie vor relevant ist, überholen nun die Cybervorfälle das einstige Top-Risiko Betriebsunterbrechungen. Michael Bruch – Global Head of Risk Advisory Services bei der Allianz – äußert hierzu: "Es ist keine Überraschung, dass Cyberangriffe für Unternehmen weltweit die größte Sorge darstellen. Unternehmen und die gesamte Wirtschaft sind heute auf digitale Dienste und Infrastrukturen angewiesen, sowohl für kritische als auch für alltägliche Aktivitäten. Fast alles ist heute mit der Technologie verbunden. Aber sobald man vernetzt ist, öffnet man Hackern Tür und Tor, um Daten zu stehlen oder um Störungen herbeizuführen und die Unternehmen zu erpressen.“

Cyberschäden nehmen wieder zu: Ransomware verbreitet sich blitzschnell und billig

Die Studie führt außerdem aus: Nach zwei Jahren mit hohen, aber stabilen Verlusten kam es 2023 zu einem besorgniserregenden Wiederanstieg von Erpressungsschäden. So ist etwa Ransomware wieder auf dem Vormarsch – die Studie schätzt die weltweiten Schäden auf jährlich 265 Mrd. Euro.

Eine Schlüsselrolle spielen hierbei sogenannte Ransomware-as-a-Service- Programme: Die Entwickler von Schadprogrammen vermieten die schädliche Software an Akteure, die damit Angriffe ausführen. Bereits ab 40 Euro ist derartige Ransomware erhältlich. Banden führen auch mehr und schnellere Angriffe durch, wobei die durchschnittliche Anzahl der Tage für die Ausführung eines Angriffs von etwa 60 Tagen im Jahr 2019 auf vier Tage in 2023 gesunken ist, erklären die Studienmacher.

Zahl der Ransomware-Angriffe 2023 um 50 Prozent gestiegen

Die Zahl der Ransomware-Angriffe sei 2023 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 50 Prozent gestiegen. Die meisten Ransomware-Angriffe beinhalten mittlerweile den Diebstahl persönlicher oder sensibler Geschäftsdaten mit dem Ziel der Erpressung von Geldzahlungen. Auch die Zahl gelungener Angriffe, in denen Daten tatsächlich exfiltriert werden (zu einem böswilligen Zweck ausgeschleust werden), hätte sich zwischen 2019 und 2023 nahezu verdoppelt.

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KI birgt neue Gefahren

Zuletzt kommen neuen Cybergefahren durch die Künstliche Intelligenz (KI) hinzu: KI-gestützte Sprachmodelle wie ChatGPT werden durch Kriminelle genutzt, um neue Variationen bestehender Ransomware zu erstellen und die Geschwindigkeit und den Umfang von Angriffen zu erhöhen. Sprachsimulation und Deepfake-Videotechnologien erleichtern zudem den Phishing- Betrug, um Daten und Passwörter "abzufischen". Die Studienmacher pointieren: Es ist zu erwarten, dass böswillige Akteure in Zukunft verstärkt KI einsetzen werden, was noch stärkere Cybersicherheitsmaßnahmen erforderlich macht.

Die meist-gefürchteten Risiken deutschlandweit

Wie aber sehen nun die Sorgencharts in Deutschland und weltweit aus? Wie weltweit, rutschen auch in Deutschland die Betriebsunterbrechungen auf Rang zwei. Vor einem Jahr stellten sie mit 46 Prozent Nennungen noch das Top-Risiko. Nun müssen sie sich mit 37 Prozent Nennungen schon deutlich den Cybervorfällen (44 Prozent Nennungen) geschlagen geben.

Auf dem dritten Platz des deutschen Sorgenbarometers – und damit einem Rang höher als im Vorjahr – stehen die Änderungen von Gesetzen und Vorschriften. Allerdings ist die Prozentzahl der Nennungen für die Studie 2023 und die aktuelle Studie 2024 gleich: 23 Prozent der Befragten fürchten dieses Risiko als "Top-Risiko". Auffallend: bei der letzten Studie befand sich auf dem dritten Rang noch die Energiekrise aufgrund von 32 Prozent Nennungen – Grund war der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine in Verbindung mit der hohen bisherigen Abhängigkeit Deutschlands vom russischen Öl und Gas. Dies scheint aber mittlerweile ausgestanden: Die Energiekrise rutscht durch nur 17 Prozent Nennungen von Rang drei auf Rang sieben ab.

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Auf Rang vier der deutschen Sorgencharts hingegen platziert sich der Fachkräftemangel: 20 Prozent Nennungen gibt es für dieses Risiko. Ein auffallender Unterschied zum weltweiten Ranking; denn weltweit landet dieses Risiko mit zwölf Prozent Nennungen nur auf Rang zehn. Allerdings teilt sich der Fachkräftemangel seinen Rang mit Naturkatastrophen.

Die deutsche Sorgen-Top-Ten

Folgendermaßen sieht die deutsche Sorgen-Top-Ten aus:

  1. Cybervorfälle (44 Prozent Nennungen)
  2. Betriebsunterbrechungen (37 Prozent Nennungen)
  3. Änderungen von Gesetzen und Vorschriften (23 Prozent Nennungen)
  4. Mangel an qualifizierten Arbeitskräften (20 Prozent Nennungen)
  5. Naturkatastrophen (ebenfalls 20 Prozent Nennungen)
  6. Klimawandel (19 Prozent Nennungen)
  7. Energiekrise (17 Prozent Nennungen)
  8. Feuer, Explosion (16 Prozent Nennungen)
  9. Politische Risiken und Gewalt (16 Prozent Nennungen)
  10. Makroökonomische Entwicklungen (15 Prozent Nennungen; gemeint sind Inflation, Handelskriege oder Austeritätsprogramme)

Die meist-gefürchteten Risiken weltweit

Vergleicht man das Abstimmverhalten weltweit, gibt es zwischen den Ländern auffallende Unterschiede. So sind Naturkatastrophen das Top-Risiko in stark von unterschiedlichen Extremwetterlagen betroffenen Staaten wie Griechenland, Hong Kong, Kroatien, Malaysia, Marokko, Mexiko, Slowenien, Thailand und Ungarn.

Ein Waldbrand in der Nähe von Alexandroupolis in Griechenland im vergangenen Jahr war die größte jemals erfasste Naturkatastrophe in der EU, erklären die Allianz-Experten. So steigt dieses Risiko im weltweiten Ranking auch von Rang sechs auf Rang drei. Auffallend ist, dass dieses Risiko in Deutschland weniger relevant scheint als weltweit, wohingegen der Fachkräftemangel eben ein typisches "deutsches" Problem scheint.

Auffallend ist zudem ein neues Risiko, das aber nur im weltweiten Ranking in die Top-Ten kommt, nicht aber in Deutschland: Marktentwicklungen. Dieses Risiko meint zum Beispiel verschärften Wettbewerb, Marktstagnation oder Marktfluktuation und neue Marktteilnehmer, Fusionen und Übernahmen.

Die Sorgen-Top-Ten weltweit

Folgendermaßen sieht die Sorgen-Top-Ten weltweit aus:

  1. Cybervorfälle (36 Prozent Nennungen)
  2. Betriebsunterbrechungen (31 Prozent Nennungen)
  3. Naturkatastrophen (26 Prozent Nennungen)
  4. Änderungen von Gesetzen und Vorschriften (19 Prozent Nennungen)
  5. Makroökonomische Entwicklungen (19 Prozent Nennungen; gemeint sind Inflation, Handelskriege oder Austeritätsprogramme)
  6. Feuer, Explosion (19 Prozent Nennungen)
  7. Klimawandel (18 Prozent Nennungen)
  8. Politische Risiken und Gewalt (14 Prozent Nennungen)
  9. Marktentwicklungen (13 Prozent Nennungen; gemeint ist verschärfter Wettbewerb, Marktstagnation oder Marktfluktuation und sind neue Marktteilnehmer, Fusionen und Übernahmen)
  10. Mangel an qualifizierten Arbeitskräften (12 Prozent Nennungen)

Hintergrund: Beim Allianz Risk Barometer handelt es sich um eine weltweite Befragung von Kunden verschiedener Allianzgesellschaften sowie von Maklern, Risikoberatern und Schadenmanagern. Weltweit nahmen diesmal 3.069 Experten aus 92 Ländern an der Studie teil.

Die Teilnehmenden sollten die größten Risiken für je zwei Industriebereiche oder ihr Unternehmen angeben – je drei Risiken durften aus einer vorgegebenen Liste ausgewählt werden. Prozentzahlen geben an, wie häufig ein Risiko im Verhältnis zu allen Antworten genannt wurde. Die Studie ist in Englisch auf der Webseite des Industrieversicherers AGCS verfügbar.

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