Das Wissenschaftliche Institut der privaten Krankenversicherung (WIP) warnt in einer noch unveröffentlichten Studie vor einer Beitragsexplosion in der gesetzlichen Pflegeversicherung. Demnach droht die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben um 2 Prozentpunkte pro Jahr zu wachsen. Das hat drastische Folgen für den zu zahlenden Beitrag: Demnach müsste er 2030 schon bei 4,66 Prozent des Bruttoeinkommens liegen, 2040 sogar bei 6,26 Prozent. Derzeit liegt der Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung bei 3,05 Prozent des Bruttolohns - für Menschen ohne Kinder bei 3,4 Prozent. Über die bisher unveröffentlichte Studie berichtet vorab die „Bild am Sonntag“.

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Legt man ein Durchschnittseinkommen von heute 3.595 Euro brutto zugrunde, müssten davon bei einem normalen Lohnanstieg 206 Euro monatlich allein für die Pflege abgeführt werden - im Jahr 2040 bereits 372 Euro, berichtet die „BamS“ unter Berufung auf die Studie weiter. Heute zahlt der Durchschnittsverdiener rund 110 Euro. „Für neue Leistungsversprechen ist einfach kein Geld da. Da darf die Politik keine neuen ungedeckten Schecks zulasten der jungen Generation ausstellen“, mahnt Florian Reuther, Präsident des PKV-Verbandes.

Derzeit plant Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine Pflegereform: Ziel ist unter anderem, mehr Geld in die Pflegekassen zu spülen. Dieser sieht vor, den allgemeinen Beitragssatz ab 1. Juli 2023 um 0,35 Prozentpunkte auf insgesamt 3,4 Prozent anzuheben. Des Weiteren soll der Zuschlag für Kinderlose um 0,25 auf 0,6 Prozent steigen, so dass ihr Beitragssatz künftig insgesamt 4,0 Prozent beträgt. Eltern mit mehreren Kindern werden hingegen ab dem zweiten bis zum fünften Kind in Höhe von 0,15 Beitragssatzpunkten je Kind entlastet.

Der PKV-Verband hat wiederholt gefordert, verstärkt auf private Vorsorge zu setzen. „Die Pläne für eine Pflegereform lösen die Finanzprobleme der Sozialen Pflegeversicherung nicht, sondern vergrößern ihr strukturelles Defizit und belasten Wirtschaftsstandort sowie die junge Generation“, positioniert sich der Verband. Karl Lauterbach plant auch bessere Leistungen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen: unter anderem sollen die häusliche Pflege gestärkt werden und Geld- und Sachleistungen an die Inflation angepasst. Am Mittwoch will sich das Bundeskabinett mit den Plänen befassen. Aus Sicht des PKV-Verbandes sind die Vorschläge nicht gegenfinanziert.

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Mit Blick auf die Pflichtversicherung wurde bereits mehrfach festgestellt, dass die privaten Krankenversicherer teils deutlich niedrigere Pflegekosten haben als die gesetzlichen Anbieter. Das zeigt etwa die Studie "Pflegereport 2019" von Stefan Greß u.a., für die Daten aus den Jahren 2016 und 2017 ausgewertet wurden. Das Ergebnis: Während die Soziale Pflegeversicherung pro Versichertem im Schnitt 492 Euro im Jahr für Pflegeleistungen ausgeben musste, waren es in der privaten Pflegeversicherung lediglich 197 Euro: Beihilfen bereits eingerechnet. Ein Grund: Private Krankenversicherer können -mit Ausnahme des Basistarifs- Personen mit Vorerkrankungen ablehnen oder mit deftigen Risikoaufschlägen „bestrafen“. Zudem sind mehr als die Hälfte aller Privatversicherten Personen mit Beihilfe-Anspruch. Der Dienstherr, also der Bund oder das Bundesland, kommt für einen Teil der Pflegekosten auf: finanziert aus Steuergeldern.

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