Durch medizinischen Fortschritt, aber insbesondere die Inflation steigen Tierarztkosten immer mehr an – in der neuen Gebührenordnung für Tierärzte (GOT), die seit November 2022 gilt, haben sich Preise teils verdreifacht. So kostet zum Beispiel eine Frakturbehandlung beim Hund 1.400 Euro und die Behandlung eines Kreuzbandrisses sogar 1.600 Euro, wie das Maklerportal „vergleichen-und-sparen“ informiert: ohne Unterbringungskosten in einer Klinik und weitere Vor- und Nachbehandlungskosten. Insbesondere Menschen mit kleinem Einkommen sind von solchen Summen schnell überfordert. Eine emotional belastende Situation. Denn wie schlimm wäre es, ein geliebtes Tier aus Kostengründen einschläfern zu lassen, obwohl noch Behandlungsmöglichkeiten bestehen? Aus Sicht der Anbieter hilft hier nur eins: eine Tierkrankenversicherung.

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Verbraucherschützer sehen dies freilich zum Teil anders. Denn zum einen kann auch ein Tierkrankenversicherung hohe Summen verschlingen. Zum anderen gibt es tückische Klauseln, die zum Beispiel erlauben, rassenspezifische Krankheiten auszuschließen. Zudem erschwert das Kündigungsrecht für Versicherer einen durchgehenden Schutz für das Tier bis ins hohe Alter. Verbraucherportale wie Finanztip sehen deswegen die Tierkrankenversicherung äußerst kritisch.

Produkttests können Standards etablieren

Produkttests von Ratingagenturen könnten hier helfen. Zeigte die Vergangenheit doch wiederholt, dass tückische Produkteigenschaften nach und nach vom Markt verschwanden – man denke nur an die abstrakte Verweisung in der Berufsunfähigkeitsversicherung. Und glaubt man aktuellen Tests, sind durchaus auch empfehlenswerte Policen auf dem Markt. Das zeigt zum Beispiel ein Test des Deutschen Finanz-Service Instituts (DFSI), der im Folgenden vorgestellt wird.

Vorauszusetzen ist: Dem Tierfreund stehen zwei Arten von Versicherungen zur Verfügung:

  • Die Operationskosten­versicherung (OP-Versicherung) übernimmt Kosten einer Operation. Allerdings müssen Kosten für weitere ärztliche Behandlungen selbst getragen werden.
  • Die Tierkrankenvollversicherung übernimmt auch weitere medizinische Kosten – jedoch zu sehr unterschiedlichen Prämien und mit sehr unterschiedlichem Leistungsumfang.

Sowohl bei der OP-Versicherung als auch der Krankenvollversicherung werden Standardtarife und Premiumtarife angeboten – die Premiumtarife decken mehr ab, sind aber oft auch wesentlich teurer. Wichtig ist: Gerade für ältere Tiere verteuert sich der Versicherungsschutz enorm. Zudem steigt die Prämie bei Hunden mit der Größe des Tieres. So können Krankenvollversicherungen schon mal einige tausend Euro im Jahr kosten.

Der Test: Was wurde gemacht?

Das DFSI testete im Auftrag der Zeitschrift €uro sowohl OP- als auch Vollversicherungen. Getestet wurden zudem Standard- und Prämientarife, und zwar jeweils für Hunde und Katzen. Hierzu wurden insgesamt 100 Leistungsmerkmale je Tarif erfragt für die Bereiche „Allgemeines“, „Operationen“ und „Vertragsgestaltung“. Der Bereich „Behandlungen“ kam für die Vollversicherung hinzu.

Die Leistungsmerkmale schlugen sich jedoch nur mit 75 Prozent bei der Gesamtwertung nieder. Weitere 25 Prozent machte die Durchschnittsprämie für Tiere verschiedener Altersstufen (einjährig und fünfjährig) aus.

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Testergebnisse OP-Versicherung

Die Testergebnisse für die OP-Versicherung konnten schon dadurch überzeugen, dass kein Tarif schlechter als mit „befriedigend“ abschloss. Panda und die Allianz haben die meisten vorderen Plätze vorzuweisen. Die teuren Arag-Tarife hingegen stellten mehrfach das Schlusslicht. Folgendes ergaben der Test im Detail:

  • Bei OP-Versicherungen für Hunde/ Standard erreichte ein einziger Tarif ein „exzellent“ (OP-Schutz 80 der Panda). Drei Versicherungen erreichen jedoch immerhin ein „sehr gut“ und zwei ein „gut“. Die schlechteste Bewertung ist ein „befriedigend“, das bei sieben Tarifen vergeben wurde. Schlusslicht der Wertung ist der Tierkrankenschutz TierProtect OP Basis der Arag.
  • Bei OP-Versicherungen für Hunde/ Premium erreichte zwar kein Tarif ein „exzellent“, aber immerhin vier Tarife erreichten ein „sehr gut“. Zudem erreichten acht Tarife ein „gut“. Nur ein Tarif musste ein „befriedigend“ in Kauf nehmen (der Tierkrankenschutz TierProtect OP Premium, erneut von der Arag).
  • Bei OP-Versicherungen für Katzen/ Standard erreichte ein Tarif ein „exzellent“ (Testsieger war hier die Tierkrankenversicherung 12/2020 für Katze Smart der Allianz); zwei Tarife erhielten ein „sehr gut“, vier Tarife ein „gut“. Nur ein Tarif (Tierkrankenschutz TierProtect OP Basis der Arag) musste ein „befriedigend“ hinnehmen.
  • Bei OP-Versicherungen für Katzen/ Premium erreichten drei Tarife ein „exzellent“ (CatCare 100 der BD24 Berlin Direkt/ Tierkrankenversicherung 12/2020 für Katze Komfort der Allianz/ OP-Kostenschutz Exklusiv der Agila). Vier Premiumtarife erhielten ein „sehr gut“, zwei ein „gut“. Eine schlechtere Note musste nicht verteilt werden.

Testergebnisse Tierkrankenvollversicherung

Auch bei der Tierkrankenvollversicherung überwiegen positive Testergebnisse – hier fallen zudem Tarife der DA Direkt positiv auf:

  • Bei Krankenvollversicherungen für Hunde/ Standard gab es zwei "exzellente" Tarife (für den Krankenschutz Comfort 80 der Panda und die Tierkrankenversicherung Hund – Komfort der DA Direkt), zudem drei "sehr gute" Tarife, sieben "gute" Tarife und nur einen einzigen „befriedigenden“ Tarif (die Arag Tierkrankenschutz TierProtec Basis stellt hier das Test-Schlusslicht).
  • Bei den Krankenvollversicherungen für Hunde/ Premium erreichten drei Tarife ein „exzellent“ (Krankenvollschutz Exklusiv 100 der Panda/ Krankenvollschutz Comfort 100 der Panda/ Tierkrankenversicherung Hund Premium der DA Direkt). Vier Versicherungen schloßen mit „sehr gut“ ab, acht Tarife mit „gut“. Eine schlechtere Wertung wurde nicht vergeben.
  • Bei den Krankenvollversicherungen für Katzen/ Standard erreichte ein Tarif ein „exzellent“ (Tierkrankenversicherung Katze Komfort der DA Direkt). Sieben Vollversicherungen erhielten in der Standardversion aber auch ein „gut“, nur eine Versicherung ein „befiedigend“ (Tierkrankenschutz TierProtect Basis der Arag). Eine schlechtere Note wurde nicht vergeben.
  • Noch besser sieht die Bilanz bei PKrankenvollversicherungen für Katzen/ Premium aus: hier erreichten immerhin fünf Vollversicherungen für Katzen ein „exzellent“ (Tierkrankenversicherung Katze – Premium der DA Direkt/ Tier-Krankenversicherung Premium plus mit Zahnbaustein, OP-Deckung und Allgemeine Behandlung der HanseMerkur, Tierkrankenversicherung Katze – Premium Plus der DA Direkt/ Tierkrankenschutz 100 Katze der DFV Dt. Familienversicherung/ CatHealth 100 der BD24 Berlin Direkt). Vier Tarife erhielten zudem ein „sehr gut“, zwei Tarife ein "gut". Eine schlechtere Note musste nicht vergeben werden.

Tarife mit sehr unterschiedlichem Preisniveau

Wie aber sieht es mit der häufig geäußerten Kritik aus, Tierkrankenversicherungen seien zu teuer und man solle lieber selber Geld für die Behandlungen insbesondere älterer Tiere ansparen? Die getesteten Tarife zeigen ein ganz unterschiedliches Preisniveau. Hierbei ist die OP-Versicherung noch günstiger zu haben als die Vollversicherung:

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  • Der günstigste OP- Standard- Tarif für Hunde im DFSI-Test kostet jährlich 89,52 Euro (der OP Schutz 80 der Panda mit 20 Prozent Selbstbehalt für einjährige Hunde), der teuerste 412,80 Euro (Tierkrankenschutz TierProtect OP Komfort der Arag für fünfjährige Hunde).
  • Der billigste OP-Premium-Tarif kostet im Jahr durchschnittlich 123 Euro (der OP-Schutz 100 der Panda für einjährige Hunde), der teuerste OP-Premium-Tarif kostet – mit Stand 09/ 2022 – im Jahr durchschnittlich 771,60 Euro (Tierkrankenschutz TierProtect OP Premium der Arag für fünfjährige Hunde).

Premium- Vollversicherungen: In der Spitze mehrere tausend Euro im Jahr

Wesentlich teuer schlagen schon Tierkrankenvollversicherungen im DFSI-Test zu Buche:

  • Der billigste Standard-Tarif für Hunde kostete hier im Test durchschnittlich 369,48 Euro jährlich (Tierkrankenversicherung 12/2020 für Hunde Smart + Heilbehandlung Baustein Klein der Allianz – freilich mit 20 Prozent Selbstbehalt). Der teuerste Tarif – ein Premiumtarif – aber bringt es im DFSI-Test auf einen Betrag von 2.373 Euro (Superior Plus von hepster für fünfjährige Hunde).

Zu bedenken ist aber: es handelt sich im DFSI-Test um Durchschnittsprämien. Gerade der Versicherungsschutz für ältere Hunde kostet häufig wesentlich mehr, ebenso steigen Prämien mit der Größe des Hundes. So wollte zum Beispiel die Stiftung Warentest in einem alternativen Produkttest wissen, wie viel eine Hunde-Vollkrankenversicherung für einen siebenjäh­rigen Labrador Retriever kostet – für den teuersten Tarif des Tests mussten sogar 4.963 Euro im Jahr gezahlt werden.

Bedenken der Verbraucherschützer können nicht per se ausgeräumt werden

Auch Stiftung Warentest aber findet Lobenswertes vor. Zwar: Bei einigen der 61 getesteten OP-Tarife wäre das Leistungsniveau niedrig. Immerhin 17 Tarife aber überzeugten vollkommen. Als "gute Nachricht" formulieren die Verbraucherschützer darum auch: "Bei der OP-Versicherung sind leistungs­starke Angebote für einen jungen Hund schon für weniger als 200 Euro im Jahr erhältlich."

Jedoch räumt diese gute Nachricht nicht jenes Problem aus, auf das die Verbraucherseite Finanztip hinweist: Das beidseitige Kündigungsrecht könnte den Tierfreunden zum Verhängnis werden. Denn zum einen sind – wie bei vielen Sachversicherungen – außerordentliche Kündigungen möglich nach einem Leistungsfall. Zum anderen besteht aber bei den Tier-Policen in der Regel auch ein jährliches beidseitiges Kündigungsrecht.

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Gerade im Alter eines Tieres kann so der Besitzer plötzlich durch Kündigung des Versicherers seinen Versicherungsschutz von einem Jahr aufs nächste verlieren, obwohl er jahrelang für sein Tier Prämien zahlte. Ob hier Versicherer Lösungen entwickelt, um sich im Wettbewerb gegen die Konkurrenz zu behaupten, wird erst die Zukunft zeigen.

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