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Laut Zentralverband zoologischer Fachbetriebe lebten in 2021 rund 16,7 Mio. Katzen und 10,3 Mio. Hunde in deutschen Haushalten. Oft kommt den Tieren eine wichtige soziale Funktion zu: Sie sind wie „Familienmitglieder“, zudem geben sie allein lebenden Menschen (z.B. Senioren) oft einen wichtigen emotionalen Halt.

Umso schwerer ist es, wenn das geliebte Haustier plötzlich erkrankt oder wenn es sich verletzt. So kostet zum Beispiel eine Frakturbehandlung beim Hund 1.400 Euro und die Behandlung eines Kreuzbandrisses sogar 1.600 Euro, wie das Maklerportal „vergleichen-und-sparen“ informiert. Und Tierarztkosten steigen und steigen: in der aktualisierten Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) haben sich Kosten für einige Behandlungen nahezu verdreifacht. Was also tun, wenn – wie in vielen Haushalten – die laufenden monatlichen Ausgaben eine Behandlung der Tiere nicht hergeben?

Tierkrankenversicherung: Zwei Produktkategorien haben sich am Markt etabliert

Hilfe bietet zunächst eine Tierkrankenversicherung. Zwei Produktkategorien stehen hier zur Verfügung:

  • Die Operationskosten­versicherung (OP-Versicherung) übernimmt Kosten einer Operation. Allerdings müssen alle weiteren medizinischen Kosten, die nicht in direkter Verbindung mit der Operation stehen, selbst getragen werden.
  • Die Tierkrankenvollversicherung übernimmt auch weitere medizinische Kosten – jedoch zu sehr unterschiedlichen Prämien und mit sehr unterschiedlichem Leistungsumfang.

Tierkrankenversicherungen: dringend geboten oder überflüssig?

Aus Sicht der Anbieter sind Tierkrankenversicherungen dringend geboten. Bieten sie doch oft die einzige Möglichkeit, bei Erkrankung des Tieres die hohen Behandlungskosten zu stemmen. Damit erfüllen die Versicherungen nicht nur eine wichtige finanzielle Funktion, sondern auch eine wichtige emotionale und gar soziale Funktion (Versicherungsbote berichtete).

Verbraucherschützer und Verbraucherportale aber wollen dieser Argumentation nicht bedingungslos folgen. Im schlimmsten Fall sind die Tierkrankenversicherungen nämlich nicht nur teuer, sondern der Versicherungsschutz könnte sogar trügerisch sein. Argumente für diese Sichtweise hat die Verbraucherseite „Finanztip“ zusammengetragen.

Finanztip finanziert sich durch Affiliate-Links. Aus diesem Grund ist die kritische Sicht auf die viel beworbene Tierkrankenversicherung um so bemerkenswerter. Im Folgenden seien wichtige Argumente der Verbraucherseite vorgestellt.

Die Sache mit dem Preis

Aus Sicht der Kritiker würden selbst teure Operationen oft die regelmäßigen Beitragszahlungen nicht rechtfertigen. Denn die Tierkrankenversicherungen sind keineswegs billig. Zwar lässt sich eine OP-Versicherung für einen jungen und kleinen Hund schon unter 200 Euro im Jahr haben, wenn man 20 Prozent Selbstbeteiligung in Kauf nimmt. Je älter der Hund aber wird, desto mehr steigt die Prämie. So kostete der teuerste OP-Tarif in einem Test des Deutschen Finanz-Service Instituts (DFSI) bereits 771,60 Euro im Jahr – ein Durchschnittspreis des Tarifs für fünfjährige Hunde. Große Rassen und noch ältere Hunde müssen noch wesentlich mehr zahlen.

Noch teurer kommt die Tierbesitzer eine Krankenvollversicherung. Im erwähnten DFSI-Test gab es zwar den günstigsten Tarif für junge Hunde bereits ab 369,48 Euro jährlich. Der teuerste Tarif für einen fünfjährigen Hund aber lag bereits bei 2.373 Euro. Noch teurer wird es bei einem alten Hund – besonders bei großen und krankheitsanfälligen Rassen. So kostete in einem Test der Stiftung Warentest der teuerste Tarif für einen siebenjäh­rigen Labrador Retriever bereits 4.963 Euro im Jahr.

Die Sache mit den Klauseln

Sowohl Operationskostenversicherungen als auch Tierkrankenvollversicherungen gibt es zu ganz verschiedenen Konditionen und mit verschiedenem Leistungsumfang. So wären sicher auch die Kosten „für den kleinen Geldbeutel“ kalkulierbar. Jedoch: Verbraucherschützer warnen vor unangenehmen Überraschungen. Und dies hat mehrere Gründe:

  • Speziell für Operationskostenversicherungen gilt: Manche Tarife leisten keineswegs bei allen Operationen, sondern nur bei ungeplanten Operationen. Dies ist dann vergleichbar mit einer Unfallversicherung für Tiere – geleistet wird zum Beispiel bei einer Magenverdrehung oder einem Knochenbruch, nicht aber bei einer Operation wegen einer chronischen Atemweg-Erkrankung.
  • Sowohl für Operationskosten- als auch Krankenvollversicherungen gilt: höchst tückisch sind Klauseln, die Behandlungen zur Korrektur angeborener oder genetischer Anomalien ausschließen. Denn ähnlich wie bei der abstrakten Verweisung in der Berufsunfähigkeitsversicherung könnten diese Klauseln ein Mittel sein, sich einfach um die Versicherungsleistung zu drücken.

Der Ausschluss von Behandlungen zur Korrektur angeborener oder genetischer Anomalien

Die kurzen Beine des Dackels, die beeindruckende Größe des Schäferhunds, die flache Schnauze der Bulldoggen – gerade bei Rassehunden sind viele gesundheitlichen Probleme genetisch bedingt oder lassen sich leicht auf eine genetische Prädisposition zurückführen. So leiden kleine Rassen mit langem Rücken und kurzen Beinen häufig an der sogenannten "Dackellähme" – einer Quetschung oder Verletzung des Rückenmarks, die zu irreparablen Lähmungserscheinungen führt. Neben Dackeln sind Französische Bulldoggen, Pinscher, Zwergpudel, Cockerspaniel, Basset oder Pekingesen betroffen.

Andere Beispiele rassentypischer Probleme sind Atemprobleme beim Mops oder bei Bulldoggen oder Gelenkkrankheiten beim Schäferhund. Die selektive Züchtung der Hunderassen hat hier dazu geführt, dass nicht nur gewünschte Eigenschaften der Hunderassen weitergegeben werden, sondern auch eine Anfälligkeit für spezifische Krankheiten "weitergezüchtet" wird.

Gerade eine Anfälligkeit bestimmter Rassen für bestimmte Erkrankungen macht aber Klauseln so tückisch, die Behandlungen zur Korrektur angeborener oder genetischer Anomalien ausschließen. Bei einem ungewöhnlich großen Hund zum Beispiel können viele Belastungserscheinungen – der Gelenke, des Kreislaufs oder des Herzens – direkt oder indirekt auf die Größe zurückgeführt werden. Bei Hunden mit platter Schnauze kann vieles als Folge einer hohen Belastung der Atemwege erklärt werden usw. usf. Demnach wäre es einem Versicherer in vielen Fällen möglich, sich bei einer Erkrankung oder vor einer Operation auf die Klausel zu berufen und eine Übernahme der Kosten zu verweigern.

Zwar: es fehlen Leistungsstudien, die nahelegen, dass sich Versicherer tatsächlich häufig mit Verweis auf die Klausel aus der Leistungspflicht stehlen. Beobachtungen am Markt legen eher nahe, dass solche Klauseln dann genutzt werden, wenn sich Behandlungen bei einem Tier häufen. Dennoch sorgt schon die Existenz solcher Klauseln für eine Verunsicherung der Versicherungsnehmer.

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Man kann demnach Finanztip durchaus in der Kritik folgen, wenn auf der Internetseite des Verbraucherportals zu lesen ist: die Klausel können „auf viele Behandlungsgründe zutreffen – angefangen bei Hüftdysplasie bei bestimmten Hunderassen (Dysplasien werden bei einigen Versicherern namentlich ausgeschlossen) oder Atemwegsproblemen zum Beispiel bei Möpsen oder Perserkatzen.“ Am Ende sind es dann gerade jene Eingriffe, gegen die sich ein Tierfreund absichern wollte, bei denen die Versicherung letztendlich überhaupt gar nicht leistet.

Deckungsrisiko Kündigungsrecht

Finanztip warnt aber auch vor dem Kündigungsrecht als Deckungsrisiko, wobei sowohl das außerordentliche Kündigungsrecht als auch das ordentliche Kündigungsrecht problematisch sein kann:

  • Wie bei vielen Sachversicherungen gibt es auch bei Tier­kran­ken­ver­si­che­rungen für beide Seiten nach einem Schadensfall ein außerordentliches Kündigungsrecht. Das kann dazu führen, dass die Versicherung den Vertrag kündigt, nachdem man den Versicherungsschutz in Anspruch nahm. Zwar wird ein Versicherer dies nicht sofort in Anspruch nehmen. Allerdings wird die Gefahr umso realer, je älter ein Tier wird – besonders, wenn Krankheiten sich häufen.
  • Zudem ist es üblich, dass ein Vertrag beidseitig jährlich gekündigt werden kann. Auch durch dieses ordentliche Kündigungsrecht entsteht das Risiko, dass man bei älteren oder chronisch kranken Tieren ohne Versicherungsschutz dasteht. Eine tückische Situation: obwohl man vielleicht jahrelang für eine Police zahlte, steht man plötzlich ohne Versicherungsschutz da, wenn das Tier alt ist und man die Police wirklich braucht.

Alternativer Vorschlag: Geld für Behandlungen ansparen

Was aber ist zu tun, wenn man aufgrund der Kritikpunkte lieber auf eine Tierkrankenversicherung verzichten will? Finanztip macht hier unter anderem den Vorschlag, das Geld selber anzusparen. Zwar: Dies mag nicht jedem leicht fallen – und sicher ist auch die Versuchung groß, ausgerechnet in finanziellen Notzeiten auf das Geld zuzugreifen. Wer also weiß, dass das angesparte Geld nicht vor Ausgaben "sicher" ist, sollte doch lieber zu einer Versicherung greifen.

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Disziplinierend aber könnte zum Beispiel ein extra Konto für die Tierarztkosten sein, bei dem man sich das Tabu gibt, kein Geld abzuheben. Hat man das Geld angespart, muss man sich auch nicht mit Ausschlussklauseln herumärgern. So schreiben die Finanzexperten von Finanztip auch auf ihrer Internetseite: „Anstatt 500 Euro Versicherungsbeitrag pro Jahr zu überweisen, lege sie auf ein Extrakonto. Oder Du nutzt das Tagesgeldkonto Deines Girokontos. Einige Anbieter … ermöglichen es, mehrere Tagesgeldkonten als Unterkonten zu eröffnen. Hier könntest Du zum Beispiel für eventuelle Tierarztkosten ansparen. Wenn Du sie nie brauchst (was wir hoffen), hast Du irgendwann das Geld übrig.“

Anbieter- und Vertragsvergleich

Trotz der vielen Kritikpunkte stellt sich zudem die Frage, ob man am Markt nicht doch Policen findet, die ein hohes Absicherungsniveau garantieren. Denn selbst die Tester von der Stiftung Warentest fanden empfehlenswerte Policen in einem Test von OP-Versicherungen, ebenso die Tester des Deutschen Finanz-Service Instituts (DFSI). Wichtig ist freilich, die Fallstricke bei Auswahl eines Tarifs zu berücksichtigen. Es liegt dann auch in der Hand von Verbraucherschützern und Rating-Agenturen, durch Produkttests die Entstehung fester Marktstandards – wie in der Berufsunfähigkeitsversicherung – zu unterstützen.

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