Folglich boomten auch zinsbasierte Anlageformen (zum Beispiel Prämien-Sparverträge) oder zinsbasierte Vorsorgeprodukte (zum Beispiel kapitalbildende Lebensversicherungen). Sicherheitsliebende Anleger hatten also gar keinen Grund, Geld in Aktien oder Fonds zu investieren. Denn die Entwicklung von Telekom-Aktien und die vielen Verwerfungen in Folge der Bankenkrise verhießen nichts Gutes.

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Die Bankenkrise sorgte dann aber auch dafür, dass mit dem bisherigen Grundsatz gebrochen wurde, dass Geld haben durch Zinsen belohnt wird. Denn um die Investitionsschwäche zu überwinden und um deflationäre Entwicklungen aufgrund der Bankenkrise zu stoppen, wurde der Leitzins Schritt für Schritt abgesenkt. Der Leitzins erreichte seinen Tiefstand – fatale "0,00" Prozent – im März 2016. Es folgte eine lange Periode der Null- und Minuszinsen, die bis zum Juni 2022 andauerte.

Geld zu haben kostete plötzlich Geld

Bereits ab Juni 2014 mussten Banken und Geldhäuser Strafen zahlen für eingelagertes Geld bei der EZB. Seit dem 16. März 2016 lag der der Einlagesatz für gebunkertes Geld sogar bei -0,40 Prozent. Und seit dem 18. September 2019 lag er bei -0,50 Prozent: Geld bei der EZB anzulegen, wurde nun durch Kosten bestraft. Zinsen für festverzinsliche Anlagen gingen in den Keller, Garantien für Lebensversicherungen ließen sich nicht mehr erwirtschaften (Versicherungsbote berichtete). Und Geldhäuser verlangten sogar Zinsen für Kundengelder auf Konten – so genannte „Verwahrentgelte“. Geld zu haben kostete plötzlich Geld.

Selbst Verbraucherschützer fingen an, Aktien zu empfehlen

In dieser Situation fiel auf: Wer Geld in Fonds, ETFs oder Aktien angelegt hatte, konnte bei längerfristigem Anlagehorizont durchaus profitieren. Anders als mit zinsbasierten Vorsorgeprodukten schien es zudem möglich, die Inflationsrate ausgleichen, wie der Dax bewies: Demnach konnten Anlegerinnen und Anleger in der Vergangenheit bei einer Spardauer von 20 Jahren eine durchschnittliche Rendite von 8,7 Prozent im Jahr erwirtschaften. Freilich musste hierfür das Risiko gestreut und die Geldanlage auf Unternehmen verschiedener Branchen und Regionen verteilt werden, um damit das Risiko möglicher Verluste zu senken.

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Im Spiegel solcher Fakten begannen auch (die oft börsenskeptischen) Verbraucherschützer, Fonds und ETFs oder Aktien zur Vorsorge zu empfehlen (Versicherungsbote berichtete). Man kann davon ausgehen, dass letztendlich der Niedrigzins die Auseinandersetzung mit Aktien förderte und so auch zu mehr Kenntnissen über Anlagestrategien führte – und nun zu einem neuen Boom zumindest für deutschen Verhältnisse führte, wenngleich Zahlen wie in den Staaten noch immer weit entfernt sind.

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