In jüngerer Vergangenheit kam es zu mehreren spektakulären Angriffen von Klimaaktivisten auch gegen Kunstwerke. Versicherungsbote nahm das zum Anlass, diesen Markt, der sonst weniger im Fokus des öffentlichen Interesses steht, genauer zu beleuchten.

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Im ersten Teil dieser Serie ging es um die Kluft zwischen versicherten Werten und Prämienvolumen im Kunstmarkt. Der zweite Teil zeigte, dass die Staatshaftung keinesfalls unumstritten ist. Im dritten Teil wollte Versicherungsbote von den Kunstexperten der Versicherer wissen, ob eine Verschärfung der Annahmepolitik - ähnlich wie im Cyberbereich - zu erwarten ist. Es antworten Ergo, Hiscox, Allianz und Gothaer.

Julia Ries, Leiterin ERGO Art and Values:
Sicherheitsmaßnahmen sind bereits Standard bei der Versicherung von Kunstobjekten, insbesondere in Museen, wo ein hoher Publikumsverkehr herrscht. Dabei sind Beschädigungen von Kunstwerken in Museen durch Dritte kein neuer Sachverhalt. Das gab und gibt es immer wieder. Solche Schadensereignisse veranlassen Versicherer über die Optimierung der Sicherheitsmaßnahmen nachzudenken. Der konkrete Fall der Anschläge von Klimaaktivisten führt zu Überlegungen, ob besonders exponierte Werke künftig nur noch hinter Glas ausgestellt werden können, wie dies z.B. bei der Mona Lisa bereits seit Jahren der Fall ist. Die reine Scheibe des Rahmens ist oftmals aber nicht ausreichend, wie es im Fall Monet durch die Aktivisten als Verteidigung vorgetragen wurde. So schützte alleine ein Filz zwischen Werk und Glas, dass der Brei nicht weiter eingesickert ist. Eine einfache aber wirksame Maßnahme könnte auch sein, Eingangskontrollen der Besucher durchzuführen und eine generelle Pflicht zur Abgabe von Taschen einzuführen, wie dies in manchen Museen im Ausland bereits gängige Praxis ist.

Dennoch muss Kunst nahbar und erfahrbar bleiben, da die Vermittlung auch eine der Kernaufgaben eines Museums ist. Die Schadenprävention ist weiterhin einer der wichtigsten Aspekte im Underwriting. Zu beachten ist zudem, dass es sich oftmals um historische und originale Rahmen handelt, die selbst von hohem Wert sind.

Alina Sucker, Underwriting Manager Art & Private Clients, Hiscox:
Traditionell wird in Museen ein hohes Augenmerk auf den Brandschutz, den Einbruchschutz und auch die korrekte Lagerung der Kunstgegenständewert gelegt. Hier kann die Branche auf einen langjährigen Erfahrungsschatz zurückgreifen – dies ist in der Cyberversicherung erst im Aufbau, daher ist der Vergleich an dieser Stelle schwierig. Die aktuellen Angriffe durch Klimaaktivisten fanden v.a. während regulärer Öffnungszeiten statt, daher ist es eher eine Frage der Einlasskontrolle. Diese ist in Deutschland, im Vergleich zu anderen Ländern, weniger streng. Hier könnte man mit recht einfachen Mitteln nachrüsten.

Eric Wolzenburg, Leiter Kunstversicherung bei der Allianz Versicherungs-AG:
Unsere Gespräche mit Museumsbetreibern zeigen, dass die Angriffe der Klimaaktivisten auf Kunst und Kultur die Diskussionen zur Verbesserung von Sicherheitsmaßnahmen (u.a. Präsentation von Kunst, Einlasskontrollen) spürbar beschleunigt haben. Natürlich werden die Vorfälle bei aktuellen Beratungsgesprächen besprochen. Ich bin mir sicher, dass solche Schadenursachen zusätzliche Impulse für künftige Beratungs- oder Produktüberlegungen in unserem Hause initiieren.

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Anette Schwarz, Komposit Industrie, Underwriter Fine Art bei der Gothaer:
Eine Abforderung noch höherer Sicherheitsstandards ist unrealistisch, da zum Beispiel mehr Aufsichtspersonal in Ausstellungsräumen, Museumsverglasung für alle Werke sowie intensive Kontrollen der Besucher als Maßnahmen angedacht werden müssten. Die Budgets der Museen sind aber in der Regel bereits knapp. Zudem ist zu berücksichtigen, welche Auswirkungen solche Maßnahmen auf das Kunsterlebnis der Besucherinnen und Besucher haben.

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