Wer eine private Unfallversicherung abschließt, muss auch seine gefährlichen Hobbys angeben - und schauen, ob der Schutz bei Ausübung dieser auch greift. Doch nicht nur Kundinnen und Kunden sind verpflichtet, ihre riskanten Freizeit-Aktivitäten offenzulegen. Wie ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichtes Frankfurt am Main (OLG) zeigt, sind auch Vermittler in der Pflicht, diese abzufragen oder zu berücksichtigen. Sonst droht die Haftungsfalle Falschberatung.

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Unfall beim Motor-Speedway

Im konkreten Rechtsstreit hatte ein Mann seine langjährige Versicherungsvertreterin verklagt. Bereits seit 1992 vertrat sie seine Interessen in Sachen Versicherung. Der Mann nahm regelmäßig als Beifahrer an Motor-Speedway-Rennen teil: jenem Sport, wo Motorräder auf abgesperrten Ovalbahnen auf Sand oder Gras driften. Immer wieder kommt es bei dem Sport auch zu Unfällen: etwa, dass der Beifahrer im hohen Bogen auf die Bahn fliegt.

2001 hatte der hobbymäßige Rennfahrer seine Unfallversicherung gekündigt, die er bei einem anderen Versicherer hielt. Anschließend hatte er bei der Vertreterin eine Bündelversicherung abgeschlossen, die mehrere Versicherungsarten umfasste: neben einer Privathaftpflicht- und Hausratversicherung war auch eine Unfallpolice enthalten. Die Vertreterin erfuhr davon, nachdem der Mann mit Familie in eine größere Wohnung umgezogen ist und sie diesen Anlass für ein Beratungsgespräch nutzte. Dabei unterhielt sich der Mann mit ihr auch über sein Hobby: den Motorrad-Rennsport. Er berichtete, regelmäßig an Rennen teilzunehmen.

Die bestehende Unfallversicherung schloss jedoch Leistungen nach Unfällen aus, die Folge von Rennsport-Veranstaltungen waren. Entsprechend hätte der Schutz auch angepasst werden müssen, was die Vertreterin nicht bemerkt hatte. Wenige Monate nach dem Gespräch verunglückte der Mann bei einem Rennen schwer und trug bleibende Schäden davon. Sein linker Arm und sein linkes Bein sind nur noch eingeschränkt nutzbar.

Aufklärungspflicht bei irrigen Vorstellungen des Versicherungsnehmers

Die Versicherung wollte daraufhin nicht für den Unfall des Versicherungsnehmers zahlen - und verwies auf die entsprechenden Ausschlüsse. Daraufhin verklagte der Mann seine Vertreterin wegen Falschberatung. Zunächst scheiterte die Klage vor dem Landgericht Gießen. Doch das Oberlandesgericht Frankfurt gab dem Verunglückten schließlich Recht.

Hierbei ging es auch um die Frage, ob und in welchem Umfang die Vertreterin den Mann über die Ausschlüsse aufgeklärt hatte. Die Vertreterin behauptete, den Mann bereits in früheren Jahren über den Ausschluss von Rennsport-Veranstaltungen wiederholt aufgeklärt zu haben. Das fanden die Richter aber wenig überzeugend. Erstens gab es keinen Hinweis im Beratungsprotokoll - zum anderen soll die Aufklärung in einer Zeit erfolgt sein, als der Mann seine Unfallversicherung noch bei dem anderen Versicherer hielt. Der Kläger behauptete, er habe seine Unfall-Police auch wegen des riskanten Hobbys abgeschlossen - und sei davon ausgegangen, dass es versichert sei.

Das OLG Frankfurt hob zwar hervor, dass keine allgemeine Pflicht für Versicherungsmittler bestehe, den Versicherungsnehmer jederzeit zu belehren. Nur soweit das Verhalten des Versicherungsnehmers ein Bedürfnis nach näherer Aufklärung erkennen lässt oder sich ein solches Bedürfnis nach der Sachlage von selbst ergibt, muss ihm entsprochen werden. Auch müsse ein Versicherungsnehmer selbst mit Risikoausschlüssen bei Abschluss einer Versicherung rechnen - und Einsicht in die Vertragsbedingungen nehmen.

„Von dieser Regel besteht jedoch eine Ausnahme, wenn der Versicherungsvermittler erkennt oder erkennen muss, dass sich der Versicherungsnehmer über den Umfang der Versicherung irrige Vorstellungen macht. In diesem Fall muss der Versicherungsvermittler, auch wenn die Versicherungsbedingungen klar und eindeutig gefasst sind, den Versicherungsnehmer über den Umfang der Versicherung aufklären“.

Hier hatte sich die Vertreterin in zu viel Widersprüche verwickelt, die Zweifel weckten, dass tatsächlich eine Aufklärung über den Ausschluss stattgefunden hatte. Sie behauptete, darüber informiert zu haben - konnte sich aber an Details der Vertragsangelegenheiten nicht erinnern. Auch habe für sie offensichtlich sein müssen, dass der Mann mit der Unfall-Police sein Hobby habe absichern wollen. Zulasten der Vertreterin wurde gewertet, dass das Gericht nicht mit ausreichender Gewissheit beurteilen konnte, ob eine Aufklärung stattgefunden hat. Sie muss rund 165.000 Euro an den Mann zahlen - eine Revision des Urteils wurde nicht zugelassen.

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