Der Skandal um die verlustreichen Structured-Alpha-Fonds droht die Allianz weitere Milliarden zu kosten. 1,9 Milliarden Euro hat der Versicherer zusätzlich zurückgestellt, nachdem bereits im Vorjahr 3,7 Milliarden für Klagen von Anlegern zurückgelegt werden mussten. Das teilten die Münchener am Mittwoch mit.

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Als Grund für die neuen Rücklagen nennt die Allianz weitere Vergleiche mit klagenden Investoren und fortschreitende Gespräche mit US-Behörden. Vorgeworfen wird der Allianz, in den USA risikoreiche Hedgefonds aufgesetzt und sie als sichere Kapitalanlage für die Altersvorsorge beworben zu haben. Im Frühjahr 2020 schrieben diese Fonds Verluste in Milliardenhöhe. Sie verloren im ersten Quartal zwischen 49 und 97 Prozent ihres Wertes, als Corona die Börsen auf Talfahrt schickte.

Zwei der Fonds mussten geschlossen werden, die anderen wurden abgewickelt. Zu den Klägern gehörten mehrere Pensionsfonds, unter anderem der Pensionsfonds für Lehrer im US-Bundesstaat Arkansas (ATRS) sowie der Pensionsfonds für die Mitarbeiter der New Yorker Verkehrsbetriebe. Sie machen Verluste in Milliardenhöhe geltend.

Keine Kürzung der Dividende

Die Allianz hob hervor, dass die Aktionäre trotz der neuen Rückstellungen keine Kürzung ihrer Dividende fürchten müssen. Die Rückstellungen sollen als Sonderbelastungen bei der Ausschüttung herausgerechnet werden. Allerdings sei mit einem Gewinneinbruch wegen der Extra-Last im ersten Quartal zu rechnen. Hatten die Münchener im Vorjahr noch mehr als 2,5 Milliarden Euro erlöst, so sei nun mit 600 Millionen Euro zu rechnen. Der operative Gewinn im Versicherungsgeschäft sank hingegen nur leicht: von 3,3 auf 3,2 Milliarden Euro.

Bereits letzte Woche hat Vorständin Renate Wagner auf der Hauptversammlung der Allianz berichtet, dass man umgerechnet mehr als vier Milliarden Euro für Vergleiche gezahlt habe. So hatte sich der Konzern im Februar mit vier großen US-Investoren auf die Zahlung von rund 3,5 Milliarden US-Dollar geeinigt. Rund eine weitere Milliarde sei seither gezahlt worden. Oliver Bäte kündigte auf der Hauptversammlung zugleich an, dass man die Sache schnell hinter sich bringen wolle. Er setze auf eine „zügige und abschließende Einigung“ mit Klägern und Behörden.

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Bei der Hauptversammlung hinterfragten kritische Aktionäre auch die Rolle des Aufsichtsrates unter dem Vorsitz des früheren Firmenlenkers Michael Diekmann. Der Vorwurf: Er habe zu spät über die Gefahren informiert und die Folgen heruntergespielt. Schon im Juli 2020 sei das Gremium gewarnt worden, dass es entsprechende Klagen von Investoren gebe. Aber erst im August 2021 sei die Allianz damit an die Presse getreten. Zu dem Zeitpunkt hatte bereits das US-amerikanische Justizministerium und die US-Finanzaufsicht gegen die Allianz ermittelt.

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