Das Analysehaus Morgen & Morgen hat sein aktuelles BU-Rating veröffentlicht. Insgesamt wurden 571 Tarife und Tarifkombinationen von 60 verschiedenen Anbietern unter die Lupe genommen. Nimmt man die Auswertung des Unternehmens aus Hofheim am Taunus zum Maßstab, dann sind in der Sparte BU-Versicherung mehrheitlich ausgezeichnete Angebote auf dem Markt. Gleich 447 Tarife dürfen sich als Klassenprimus fühlen, da sie mit der Bestnote „Fünf Sterne“ ausgezeichnet wurden. Fast acht von zehn Policen (78,3 Prozent) wurden entsprechend bewertet. Folglich hätten 51 Versicherer mindestens einen Tarif mit einer 5-Sterne-Bewertung. Das geht aus einer Pressemitteilung hervor.

Anzeige

Teilkriterien: Bedingungswerk, Kompetenz, Beitragsstabilität und Antragsfragen

Die Untersuchung der BU-Tarife setzte sich aus insgesamt vier Teilbewertungen zusammen. Das Bedingungswerk wurde mit 40 Prozent anhand von 29 Leistungskriterien gewichtet. Zu 30 Prozent floss die „BU-Kompetenz“ in die Bewertung ein. Hierbei werden anhand interner Unternehmensdaten zum Beispiel die Schaden-, Regulierungs- und Prozessquoten ausgewertet. Dazu seien rund 50.000 Daten der Jahrgänge ab 2000 herangezogen worden. Im Kern geht es dabei darum, wie sich der Versicherer im Leistungsfall verhält. Auch die BU-Leistungsfallprüfung und BU-Antragsprüfung werden hinsichtlich Fairness und Professionalität unter die Lupe genommen.

Weitere 20 Prozent wurden für die Beitragsstabilität des Unternehmens vergeben, zum Beispiel mit Blick auf die Überschusssenkungen, Bilanzen oder Daten zu Solvency II. Grundlage des Teilratings seien öffentlich zugängliche sowie abgefragte Daten. Die letzten zehn Prozent wurden für die BU-Antragsfragen vergeben. So werde etwa bewertet, ob der Versicherungsnehmer klare Hinweise und Informationen erhält. Auch die Klarheit und zeitliche Befristung der Antragsfragen wurde ausgewertet.

So mussten Tarife für eine Spitzenbewertung beispielsweise folgende Merkmale erfüllen:

  • Bei einem verspätet gemeldeten Versicherungsfall wird ohne Einschränkung rückwirkend geleistet.
  • Der Prognosezeitraum wird auf sechs Monate verkürzt.
  • Bei einer bereits sechs Monate andauernden ununterbrochenen Erwerbsunfähigkeit wird rückwirkend von Beginn an geleistet.
  • Der Versicherer verzichtet altersunabhängig und eindeutig auf sein Recht auf abstrakte Verweisung.
  • Der Versicherer leistet die versicherte Rente ab einer Berufsunfähigkeit von 50 Prozent.
  • Der Versicherer verzichtet auf sein Recht auf Kündigung oder Vertragsanpassung nach § 19 VVG, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
  • Der Versicherungsschutz besteht weiter, wenn die versicherte Person während der Versicherungsdauer ins Ausland verzieht.
  • Der Versicherer leistet, wenn die Berufsunfähigkeit infolge von Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfall eingetreten ist.
  • Die Beiträge werden auf Antrag ab dem Zeitpunkt der Leistungsmeldung bis zur endgültigen Entscheidung über die Leistung gestundet.
  • Der Versicherer verzichtet bei der Nachprüfung der Berufsunfähigkeit auf sein Recht auf abstrakte Verweisung.
  • Der Versicherer verzichtet auf unübliche Einschränkungen bzw. Klauseln, die nicht zu den ratingrelevanten Sachverhalten gehören.

Laut Morgen & Morgen würden sich aktuell rund 271.000 BU-Renten mit einem Volumen von 2,3 Milliarden Euro in der Auszahlung befinden. Das Neugeschäft habe sich leicht verbessert (+1,8 Prozent). Auch die eingenommenen Beiträge (+3,3 Prozent) seien gestiegen. Dies sei unter anderem auf angepasste Prämien zurückzuführen. „Bei rund 20 Gesellschaften konnten wir eine leicht angehobene Spreizung feststellen, vermutlich, um in diesem Zuge teure Bruttobeiträge abzufangen und im Wettbewerb mit guten Nettobeiträgen mithalten zu können,“ vermutet Andreas Ludwig, Bereichsleiter Rating und Analyse bei Morgen & Morgen. „Zehn Anbieter haben im Gegenzug ihre Rabatte gesenkt, teils sogar sehr deutlich. Dies betrifft eher Versicherer, die vorher eine recht hohe Spreizung hatten,“ ergänzt Ludwig.

Welche Blüten die zunehmende Berufsgruppendifferenzierung treibt, zeigt ein Beispiel für eine junge Mathematikerin. Nach aktuellen Berechnungen in der Vergleichssoftware M&M Office müsste sie nur rund 37 Euro monatlich für den BU-Schutz zahlen. Für eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung müsste die Mathematikerin 43 Euro und für eine Grundfähigkeitsversicherung 47 Euro monatlich aufwenden.

Anzeige

Insgesamt seien die Tarife im Neugeschäft teurer geworden. Das habe eine Analyse von 50 gängigen Berufen gezeigt. Die günstigsten Tarife haben sich hier durchschnittlich um 3,1 Prozent erhöht. Der Durchschnitt aller Tarife zeigt eine Verteuerung um etwa ein Prozent. Ein signifikantes Risiko für starke Beitragserhöhungen im Bestand bestünde hingegen nicht, beruhigte Ludwig.

Nur wenige schwache BU-Tarife

Insgesamt 447 mal und damit 41 mal mehr als im Vorjahr konnte das Ratinghaus die Höchstbenotung von fünf Sternen vergeben, und das bedeutet ein „ausgezeichnet“. Trotz der detaillierten Auswertung ist die Summe an Bestbewertungen auffallend. Das Ratinghaus begründet die Schwemme an positiven Bewertungen wie folgt: "Insgesamt ist ein Ruck nach oben zu verzeichnen. Einige Versicherer konnten sich in den Teilratings verbessern. Die Gründe sind individuell und können bei kleinsten Änderungen zu einer neuen Bewertung führen. Auch die Anpassungen im Teilrating BU-Beitragsstabilität bei den Komponenten Bilanzen und Solvency II haben in Einzelfällen zu einem neuen Ergebnis geführt."

Manche Anbieter können sogar mit über 20 Fünf-Sterne-Tarifen glänzen. So werden die Versicherer Axa und Continentale mit 27 beziehungsweise 21 Bestbewertungen belohnt. Hier alle Tarife mit Bestbewertung aufzuführen, würde den Rahmen sprengen. Die Ergebnisse können auf der Webseite des Ratinghauses eingesehen werden. Nur noch 38 Tarife erhielten 4 Sternchen zugesprochen und damit eine „sehr gute“ Bewertung. Im vergangenen Jahr waren es noch 59 Tarife. Im Mittelfeld finden sich insgesamt 61 Tarife und damit 10,8 Prozent der untersuchten Tarife.

Anzeige

In Summe seien nur 24 Tarife als "schwach" oder "sehr schwach" eingestuft worden. Das ist ein Anteil von gut 4,2 Prozent der geprüften Tarifvarianten. Lediglich elf der durchleuchteten Tarife musste sich nach der Interpretation von Morgen & Morgen mit einer "schwachen" Bewertung begnügen. Gleichzeitig seien lediglich 13 Tarife mit nur einem Stern benotet worden. Sechs Tarife des Münchener Versicherers die Bayerische, je drei Tarife der Mecklenburgischen sowie der Württembergischen und ein Tarif der InterRisk wussten nicht zu überzeugen und erhielten die schlechteste Einstufung.

Diese Tarife wurden als "sehr schwach" eingestuft:

  • Die Bayerische: bAV-Smart-BUZ (22895), bAV-Smart-BUZ (22795), Smart-BUZ (22895), Smart-BUZ (22795), bAV-FRV-Smart-BUZ (22795) und bAV-FRV-Smart-BUZ (22895)
  • InterRisk: BU S-M.A.R.T.
  • Mecklenburgische: bAV-BUZ, BUZ und BUZ (RiLV)
  • Württembergische: SBU (ArA, Unfall), SBU (AU, Unfall) und SBU (Unfall)

Kritik zu Testergebnissen von Versicherungen

Wegen der vielen positiven Ratings von Versicherungs-Policen gibt es immer wieder Kritik. Im April 2015 hatte sich die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen dazu eine Untersuchung vorgenommen. In einer Stichprobe hatten die Verbraucherschützer eine wahre Flut an besten Bewertungen ausgemacht. Dabei wurde den Ratinghäusern auch ein gewissen Eigeninteresse unterstellt. Schließlich würden viele Unternehmen mit Testsiegeln gutes Geld verdienen. Versicherer, die mit dem Original-Signet um Kunden werben wollen, müssen oft Lizenzgebühren zahlen. Locker einige tausend Euro kann es beispielsweise kosten, das Logo von Focus Money oder der Stiftung Warentest zu verwenden.

Anzeige

Auch Morgen & Morgen verlange eine Schutzgebühr, wenn ein Versicherer mit den Testergebnissen werben wolle. Diese sei aber niedrig, die Unabhängigkeit des Analysehauses gewahrt. Die genaue Höhe der Gebühr wollte die Sprecherin nicht nennen.

Seite 1/2/

Anzeige