Nießbrauch erleichtert Vermögensübertragung

In diesem Zusammenhang rückt immer wieder der Gestaltungsaspekt des Nießbrauchs in den Fokus. Unter Nießbrauch versteht man das Nutzungsrecht an einer Sache. In den häufigsten Fällen wird das Nießbrauchsrecht genutzt, wenn eine Immobilie verschenkt wird, aber der neue Eigentümer nicht in vollem Umfang über die Erträge der Immobilie verfügen beziehungsweise über den Umgang mit ihr bestimmen soll. Der vorherige Eigentümer lässt sich ein Nießbrauchsrecht eintragen. Will heißen: Der Eigentümer überträgt das Immobilienportfolio lebzeitig, kann die Immobilie aber weiterhin selbst nutzen.

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Dem Vermögensinhaber wird es durch den Nießbrauch also erleichtert, seine Eigentümerstellung aufzugeben. Denn durch den Nießbrauch wird die zu übertragende Immobilie in der Weise belastet, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt (Nießbraucher), berechtigt ist, die Nutzungen aus der Immobilie zu ziehen (§ 1030 BGB). Der Nießbrauch führt also dazu, dass Eigentum und Nutzungsberechtigung auseinanderfallen und verschiedenen Personen zustehen.

Kapitalisierter Wert des Nießbrauchs vom Wert der übertragenen Immobilie abziehen

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der Vorbehalt eines Nießbrauchsrechts auch erbschaft- beziehungsweise schenkungssteuerliche Vorteile mit sich bringt. Denn der kapitalisierte Wert des vorbehaltenen Nießbrauchs kann vom Wert der übertragenen Immobilie abgezogen werden. Die Bestimmung des Kapitalwerts hat der Gesetzgeber im Bewertungsgesetz (BewG) ausdrücklich geregelt. Grundsätzlich geht es um die Kapitalisierung des Jahreswerts des Nießbrauchsrechts auf den Bewertungsstichtag (Zeitpunkt der Schenkung). Die Abzinsung erfolgt unter Zugrundelegung eines Zinssatzes von 5,5 Prozent pro Jahr und der statistischen Lebenserwartung des Nießbrauchers.

Die aus diesen Vorgaben abzuleitenden Kapitalisierungsfaktoren werden vom Bundesministerium der Finanzen jährlich bekannt gegeben. Für eine 60-jährige Frau beträgt der Kapitalisierungsfaktor aktuell 13,889, für einen gleichaltrigen Mann 12,852. Der Jahreswert des eines vorbehaltenen Nießbrauchs an einer (vermieteten) Immobilie entspricht dem tatsächlich erzielten Netto-Mietertrag beziehungsweise der um die anfallenden Werbungskosten geminderten üblichen Miete, die am jeweiligen Ort erzielbar wäre. Der Wert des Nießbrauchs kann (bei entsprechend langer Laufzeit) den Wert der Immobilie aber nicht übersteigen.

Nießbrauch reduziert steuerlich relevanten Vermögenswert

Konkret bedeutet das: Ein Mehrfamilienhaus hat einen (steuerlich maßgeblichen) Wert von 600.000 Euro. Der 60-jährige Eigentümer möchte die Immobilie unter Nießbrauchsvorbehalt an seine Tochter verschenken. Die jährlich erzielten Netto-Mieten belaufen sich auf 30.000 Euro. Zur Ermittlung des Werts des Nießbrauchs ist zunächst dessen Jahreswert zu bestimmen. Unter Berücksichtigung aller Bedingungen ergibt sich ein Wert des Nießbrauchs in Höhe von 385.560 Euro. Dieser kann zur Bestimmung der schenkungssteuerlichen Bemessungsgrundlage vom Wert der Immobilie abgezogen werden, sodass anschließend ein Betrag von 214.440 Euro verbleibt. Da das Objekt insgesamt zu Wohnzwecken vermietet ist, kann hiervon noch die sachliche Steuerbefreiung für Wohnimmobilien in Höhe von zehn Prozent abgezogen werden, sodass schlussendlich nur noch 192.996 Euro verbleiben. Dies ist durch den persönlichen Freibetrag gedeckt, sodass eine steuerfreie Übertragung möglich wird.

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Finanz- und Vermögensberater können also durch gezielte Ratschläge in Richtung Nießbrauch eine steuerlich optimierte und individuell umsetzbare Gestaltung anstoßen. Die Umsetzung erfolgt durch den jeweiligen Rechtsanwalt beziehungsweise Steuerberater – aber der Finanz- und Vermögensberater wird immer der sein, der den ersten Impuls für eine weitreichend positive Regelung gegeben hat.

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