Noch nie erbrachten deutsche Versicherer so hohe Schadenzahlungen aufgrund von Naturereignissen wie 2021. Doch das kaum vier Monate junge Jahr 2022 eifert dem Vorgängerjahr nach. Allein für die kurz aufeinander folgenden Stürme bis Ende Februar belaufen sich die Schadenschätzungen auf 1,6 Milliarden Euro. Damit wäre die Gesamtsumme für Sturm- und Hagelschäden aus dem Jahr 2016 übertroffen. Damals zahlten deutsche Versicherer 1,4 Milliarden Euro - für Schäden aus 12 Monaten.

Anzeige

Ein typisches Schadenbild nach Stürmen sind umgeknickte Bäume oder abgebrochene Äste. Doch nicht jeder Schaden am Baum ist sofort sichtbar oder einzuschätzen. Das kann fatale Folgen haben, denn Baumeigentümer müssen dafür sorgen, dass von ihrem Baumbestand keine Gefahr für Dritte ausgeht. Doch wie häufig ein Baum auf Stand- und Bruchsicherheit untersucht werden muss, ist gesetzlich nicht vorgeschrieben.

Denn das passende Kontroll-Intervall hängt von Standort, Zustand und Baumart ab. Genügt bei manchen Bäumen die qualifizierte Begutachtung vom Boden aus, müssen andere eingehend untersucht werden. Eine solche Baumkontrolle sollte immer von Fachpersonal durchgeführt werden.

Anzeige

Wichtig kann das auch für Gemeinden sein, wie ein Fall zeigt, über den das Versicherungsjournal in seiner Ausgabe vom 17.03. berichtete. So musste das Landgericht Koblenz über Haftungsfragen nach einem Astbruch im Stadtwald entscheiden (1 O 72/20). Ein parkendes Fahrzeug wurde von einem meterlangen Ast beschädigt, der abgestorben war und auf das Auto stürzte. Den Sachschaden in Höhe von etwa 8.000 Euro musste die Gemeinde zahlen, denn nach Auffassung der hinzugezogenen Sachverständigen hätte die Gefahr eines Astbruchs bei ordnungsgemäßer Baumkontrolle auffallen müssen. Die Gemeinde verletzte demnach ihre Verkehrssicherungs-Pflichten.

Worauf Baumpfleger beim Versicherungsschutz achten sollten

Eine solche ordnungsgemäße Baumkontrolle wird häufig von Baumpflegern durchgeführt. Dabei handelt es sich um einen vergleichsweise jungen Beruf, für den es noch keine gesonderte Ausbildung gibt. Wer sich zum Fachagarwirt Baumpflege /Baumkletterer ausbilden lassen will, sollte zuvor eine passende Ausbildung in einem ‚grünen Beruf‘ absolvieren, rät das Unternehmen ‚Baumpflege Kühn‘ auf seiner Webseite. Dort findet sich auch eine sehr ausführliche Übersicht, welche Weiterbildungswege in die Baumkronen führen.

Wer sich auf der Webseite umschaut, wird schnell feststellen: Der Beruf ist anspruchsvoller, als es auf den ersten Blick scheint. Neben dem umfangreichen Fachwissen über Bäume ist auch körperliche Fitness erforderlich. „Hinzu kommen die Materialkunde und Ausrüstung, die wir als Kletterer brauchen, die sich auch immer in Veränderung befindet. Dann geht es weiter mit Maschineneinsatz und deren Pflege, was auch häufig Expertenwissen braucht“, sagt Baumpflegerin Ronja Burgdorf im Interview mit dem Magazin ‚Flächenmanager‘.

Anzeige

Natürlich brauchen auch Baumpfleger Versicherungsschutz, weiß Frank Bechstein vom gleichnamigen Baumpflegebetrieb. Neben einer Haftpflichtversicherung für Schäden, die man Dritten zufügt, hält er auch eine Maschinenbruchversicherung für die gravierenden Ausfälle der oftmals teuren Geräte für wichtig. „Auf ausreichende Deckung sollte dringend hingewiesen werden“, berichtet Bechstein aus seinem Erfahrungsschatz.

Spezialisiert auf die Absicherung von Baumpflegern (gleich, welchen Geschlechts) ist die Gemeinnützige Haftpflichtversicherungsanstalt Kassel (HAVA Kassel). Dort bekommen Baumpfleger, wenn sie bestimmte Weiterbildungen nachweisen können, Nachlass auf den Beitrag zur Betriebshaftpflichtversicherung. „Neben der klassischen Baumpflege oder sonstigen gärtnerischen oder forstwirtschaftlichen Dienstleistungen haben wir passende Lösungen für gutachterliche Tätigkeiten im Bereich Baum oder Artenschutz im Programm“, sagt Anne Schneider, Geschäftsbereichsleiterin bei der HAVA. Selbst für den Betrieb einer Kletterschule oder die berufliche Nutzung von Drohnen gibt es Angebote. Das ist auch nötig. Denn „das Themenspektrum der beruflichen Tätigkeiten in der grünen Branche ist so vielfältig wie die Branche selbst“, sagt Anne Schneider. Überträgt beispielsweise eine Gemeinde ihre Verkehrssicherungspflichten an ein Baumpflege-Unternehmen, kann HAVA dieses Risiko mitversichern, wenn die übernommenen Pflichten klar definiert und vertraglich geregelt sind.

Anzeige

Das Spannungsfeld zwischen Artenvielfalt und Verkehrssicherungspflichten ist auch eines der Themen auf den Deutschen Baumpflegetagen 2022 in Augsburg.

Seite 1/2/

Anzeige