Wie sich die Corona-Pandemie auf die Altersvorsorge der Europäer auswirkt, hat aktuell der europäische Versicherer-Verband Insurance Europe untersuchen lassen. Nicht von ungefähr, gefährdeten doch zum Beispiel Lockdowns und Ausfälle in den Lieferketten in vielen Staaten auch Existenzen. Es wäre zu befürchten gewesen, dass Bürgerinnen und Bürger zum Beispiel ihre Lebensversicherung auflösen oder Sparguthaben ausgeben müssen, um ihre Existenz zu sichern. Rund 16.800 Menschen von 18 bis 70 Jahren aus 16 Ländern wurden befragt.

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Die Ergebnis: Rund 73 Prozent antworteten auf die Frage, „Hatte COVID-19 einen Einfluss auf Ihre Altersvorsorge?“, mit „Nein“. Die weiteren Antworten verteilen sich wie folgt:

  • Neun Prozent stimmten zu, sie hätten Beiträge reduzieren müssen,
  • weitere sechs Prozent sagten, sie hätten ihre Vorsorge verschoben.
  • Die Beiträge zur Altersvorsorge seien erhöht worden, bejahten fünf Prozent.
  • Lediglich zwei Prozent mussten Altersvorsorge-Verträge kündigen.
  • Sechs Prozent wussten auf die Frage keine Antwort.

In Deutschland ist der Anteil der Menschen, die Einschnitte machen mussten, sogar noch geringer. Lediglich acht Prozent hätten hier an ihrer Altersvorsorge gespart, berichtet der GDV. Zum Vergleich: in Griechenland und Portugal waren mehr als 30 Prozent gezwungen, Beiträge zu reduzieren oder gar Verträge zu kündigen.

gdv.de / Pan-Europaen pension survey 2021

In Deutschland verzichtet jeder Vierte auf ergänzende Altersvorsorge

Bedacht werden muss mit Blick auf die Ergebnisse, dass in Europa sehr verschiedene Alterssicherungssysteme vorherrschen - und diese auch beeinflussen, wie und in welchem Umfang zusätzlich privat für den Ruhestand vorgesorgt wird. Darauf macht GDV-Hauptgeschäftsführer Peter Schwark in seinem Text „Im Schlaglicht: Altersvorsorge in Corona-Zeiten“ aufmerksam (in Altersvorsorge kompakt, Nr. 03 / Januar 2022).

Das beeinflusst bereits, ob die Menschen überhaupt bereit sind, zusätzlich vorzusorgen. In Deutschland sagt laut Pan-European pension survey 2021 genau jeder Vierte (25 Prozent), dass er keine ergänzende Vorsorge betreibt. Damit liegt der Anteil unter dem Schnitt aller EU-Länder von 38 Prozent. Das ist auch stark abhängig von der Art der Erwerbstätigkeit. Bei den Vollzeitbeschäftigten der Privatwirtschaft verzichten demnach 16 Prozent komplett auf zusätzliche Vorsorge, bei Teilzeitbeschäftigten 32 Prozent. Auch hier liegen die Werte unter dem EU-Schnitt (Vollzeitbeschäftigte: 29 Prozent Verzicht, Teilzeitbeschäftigte 38 Prozent).

Besonders oft würden Frauen, Studenten, Arbeitslose und Menschen in atypischen Beschäftigungsverhältnissen nicht vorsorgen, so ein weiteres Ergebnis. Gerade Frauen würden aufgrund von Erziehungsaufgaben bzw. der Pflege Angehöriger öfters Brüche in der Erwerbsbiographie zeigen: und keine Vorsorge betreiben.

75 Prozent der deutschen Unternehmer sorgen zusätzlich vor

Mit Blick auf Selbstständige sorgen gut 75 Prozent der deutschen Unternehmer zusätzlich vor: auch hier sei der Wert der Absicherungsbereitschaft höher als im Rest von Europa. Ein guter Wert? Peter Schwark schreibt: „Am Willen scheint es nicht zu fehlen“. Allerdings sind in Deutschland viele Selbstständige nicht über die gesetzliche Rentenversicherung abgesichert - auch verrät die Vorsorgebereitschaft wenig darüber, ob sie ausreichend vorsorgen. Eine Studie des DIW Berlin hat bereits 2016 ergeben, dass speziell sogenannte Soloselbstständige oft unzureichend vorsorgen: Unternehmer ohne eigene Angestellte. Rund 700.000 dieser Personen würden nicht über ein ausreichendes Polster für das Alter verfügen. Ein Grund, weshalb auch die aktuelle Bundesregierung daran festhält, eine Altersvorsorgepflicht für Selbstständige einführen zu wollen.

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Beim Blick auf den Ländervergleich gibt es einige Überraschungen. In Österreich erwerben Rentnerinnen und Rentner weit höhere Ansprüche über ihr Pensionssystem: rund 50 Prozent mehr erhalten neue Ruheständler. Dennoch ist die zusätzliche Vorsorgebereitschaft mit 27 Prozent Verweigerern in der Alpenrepublik kaum geringer ausgeprägt als in Deutschland. In der Schweiz, wo eine zusätzliche betriebliche Vorsorge obligatorisch ist, liegt der Wert mit 24 Prozent Befragten ohne ergänzende Vorsorge auf einem ähnlichen Niveau wie in Deutschland. Spitzenreiter auf der Vorsorgemuffel-Landkarte sind Finnland und Spanien mit 60 Prozent bzw. 57 Prozent Abstinenzlern.

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