Das Gesetz zur Grundrente trat am 01. Januar 2021 in Kraft, erste Auszahlungen gab es nach Verspätungen im Sommer 2021 und bis alle Bescheide für 2021 verschickt wurden, wird es wohl nochmal ein Jahr dauern (Versicherungsbote berichtete). Heftige Kritik gab es auch den Kosten, die in der Aufbauphase mit 24 Prozent beziffert wurden.

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Und diejenigen, die bereits Bescheide erhalten haben, sind mitunter enttäuscht oder warten noch auf Auszahlung, wie Beispiele zeigen, die der Sozialverband VdK auf seiner Webseite veröffentlichte. So wird von einer Arzthelferin berichtet, die 35 Jahre überwiegend ganztags arbeitete und einen Sohn großzog. Sie erhält einen Zuschlag von 5,60 Euro brutto - überwiesen werden ihr also nur 4,97 Euro Grundrentenzuschlag.

Im zweiten Fall geht es um eine Frau, die derzeit 890 Erwerbsminderungsrente bezieht. Ihr Grundrentenzuschlag würde immerhin 120 Euro netto betragen. Die Frau erreicht 39 Jahre, in denen sie berufstätig war oder Krankengeld bezogen hat. Den Zuschlag wird sie dennoch nicht erhalten: „Denn bei ihr ist die Einkommensprüfung das Problem. So wird nicht die aktuelle Rente zugrunde gelegt, sondern der Steuerbescheid vom vorletzten Jahr, für die Rente 2021 zählt der von 2019“, schreibt der VdK. 2019 war die Betroffene aber noch erwerbstätig und lag mit ihrem Einkommen über der erlaubten Höchstgrenze für einen Grundrentenzuschlag.

Sind das alles nur ‚bedauerliche Einzelfälle‘? Aus Sicht des VdK keineswegs. Die Bescheide, von denen der Verband wisse, würden im günstigsten Fall Zuschläge zwischen 70 und 100 Euro ausweisen. Meistens jedoch handle es sich nur niedrige ein- bis zweistellige Beträge. Und damit deutlich weniger als in den Modell-Rechnungen, die die Deutsche Rentenversicherung (DRV) veröffentlichte. Für VdK-Präsidentin Verena Bentele ist die Grundrente „definitiv nicht die Unterstützung, die viele Menschen erwartet haben“.

Dass die Grundrente keinen Beitrag zur Verhinderung von Altersarmut leiste, stellte auch Ökonom Axel Börsch-Supan fest - und erhielt dafür von Dr. Reinhold Thiede, Leiter des Geschäftsbereiches Forschung und Entwicklung bei der DRV, auf einer Online-Veranstaltung Zustimmung. Die Grundrente sei kein Instrument zur Bekämpfung von Altersarmut, so der Funktionär. Es ginge bei der Grundrente um Anerkennung und Respekt gegenüber der Lebensleistung langjährig Versicherter, erinnerte Thiede an die Zielsetzung.

Seine Erkenntnisse aus der Grundrente: Entgegen der Befürchtungen, die die Rentenversicherung selbst vorbrachte (PDF), läuft der digitale Austausch mit der Finanzverwaltung gut. Doch in anderer Hinsicht erwiesen sich die Sorgen als berechtigt: Das Durchforsten alter Rentenkonten nach Anrechnungszeiten für die Grundrente erweise sich in der Praxis als schwieriger als gedacht, sagte Thiede. Das verwundert insofern, als dass DRV-Chefin Gundula Roßbach u.a. genau deswegen Bedenken geäußert hat: „Schließlich konnte zum Beispiel bei der Überleitung der Bestandsrenten der DDR im Jahr 1992 niemand wissen, dass bestimmte Zeiten im Zusammenhang mit einer Grundrente später von Bedeutung sein könnten, denn Reformen im Bestand waren damals nicht vorgesehen“, warnte sie bereits im November 2019.

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Mit Blick auf den Koalitionsvertrag könnte sich dieses Problem vertiefen. Denn im Koalitionsvertrag sind Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente vorgesehen. Diesbezüglich hegt Thiede die Befürchtung, dass nicht nur alte Bestandskonten, sondern auch frühere Gesundheitszustände geprüft werden sollen.

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