Es war ein Schreiben im Juni 2020, das die Beschäftigten beim Autobauer Opel in Alarmbereitschaft versetzt hat. Man strebe eine „grundlegende Modernisierung unserer betrieblichen Altersversorgung“ an, so ließ Personalvorstand Ralf Wangemann die Belegschaft wissen. Was das in Zeiten dauerhaft niedriger Zinsen bedeutet, wurde schnell klar: Die Betriebsrente sollte gekürzt werden. Und so hieß es auch im Schreiben wenig verklausuliert, dass die Betriebsrenten ein „gewichtiger Kostenfaktor“ geworden seien.

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Konkret hätten die Anwartschaften der Beschäftigten um bis zu 80 Prozent gekappt werden sollen, befürchteten die Arbeitnehmervertreter: und während die Renten bisher großzügig vom Autobauer selbst finanziert wurden, sollten künftig die Beschäftigten diese Ansprüche aus ihrem eigenen Gehalt finanzieren. Die Wut war groß. Der Betriebsrat sprach von einem „Angriff“ und kündigte Widerstand an. Nun wurde der Streit mit dem Management beigelegt und ein Kompromiss erzielt, wie aktuell das „Handelsblatt“ berichtet.

Renten an den Euribor gekoppelt

Laut dem Bericht müssen die rund 15.000 Beschäftigten tatsächlich Einschnitte hinnehmen: aber bei Weitem nicht in dem Umfang wie befürchtet. Demnach werden die Renten künftig an den europäischen Referenzzins Euribor gekoppelt. Zudem verpflichtet sich Opel, mindestens 3,25 Prozent Verzinsung zu garantieren. Nicht von ungefähr: aktuell liegt der Euribor im Minus.

Tatsächlich erwarben die Angestellten bisher noch höhere Ansprüche. Die Betriebsrente bei Opel ist zu 100 Prozent arbeitgeberfinanziert: laut konzerneigenen Angaben lag der Zins auf die Jahresrenten im Schnitt bei rund fünf Prozent. Und das in Zeiten, in denen Garantien mit vornehmlich langfristigen Anleihen abgesichert werden müssen, die im Niedrigzins kaum noch was abwerfen. Für die Beschäftigten ist es zudem eine gute Nachricht, dass Opel auch weiterhin die Beiträge selbst stemmt: Die Betriebsrente bleibt arbeitgeberfinanziert.

Die Kopplung an den Euribor könne nun sogar dazu beitragen, dass die Betriebsrenten steigen, berichtet das „Handelsblatt“. Was in Zeiten niedriger Zinsen zwar unwahrscheinlich ist: Das anhaltende Niedrigzinsumfeld hatte zur Folge, dass die Referenzzinse in den letzten Jahren unter Null fielen. Doch sollten die Zinsen wieder steigen, könnte sich das ändern. Laut einer Klausel soll der Zins maximal acht Prozent betragen dürfen: dann ohne extra Aufschlag.

Langjährige Beschäftigte sollen zudem die Option erhalten, zwischen Einmalzahlung, Ratenzahlung oder einer Verrentung des angesparten Kapitals zu wählen.

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Opel beziffert das Pensionsvermögen seiner Mitarbeiter aktuell auf 2,3 Milliarden Euro. Die Betriebsrente ist ein wichtiges Privileg der Beschäftigten: entsprechend rau war der Ton in der Debatte über eine mögliche Reform. Zumal die Beschäftigten ohnehin unter einem harten Sparprogramm leiden. Seit 2017 gehört Opel zum französischen PSA-Konzern, der auch die Marken Peugeot und Citroen besitzt. Er baute über 7.000 Stellen ab.

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