Nicht nur die Befürworter eines Provisionsverbotes bringen sich in Stellung. Auch jene, die ein eigenes Interesse daran haben, dass sich an den gegenwärtigen Vergütungsmodellen wenig ändert, sammeln Argumente für ihre Position.

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So beauftragten Deutsche Kreditwirtschaft (DK), der Bundesverband Investment (BVI) sowie der Deutsche Derivate Verband (DDV) die Beratungsgesellschaft KPMG damit, herauszufinden, welche Auswirkungen ein Provisionsverbot hätte.

In ihrem Ergebnispapier (liegt Versicherungsbote vor) verweist die KPMG u.a. auf eine repräsentative Kantar-Studie aus dem Jahr 2017. Darin wurde gefragt: „Wie würden Sie reagieren, wenn künftig für jedes Beratungsgespräch ein Honorar verlangt würde?“ Die Antworthäufigkeiten verteilen sich dabei so (Mehrfachnennungen möglich):

  • 38 Prozent: => Würde mich seltener beraten lassen
  • 35 Prozent: Würde keine Beratung in Anspruch nehmen und stattdessen selbst Finanzprodukte aussuchen
  • 12 Prozent: Würde gar keine Finanzprodukte kaufen
  • 12 Prozent: Würde seltener Finanzprodukte kaufen
  • 17 Prozent: Weiß nicht / keine Angabe

Das Fazit der KPMG dazu: Ein Zuwendungsverbot (gemeint sind vor allem Provisionen) würde zu einer Beratungslücke führen. „Der überwiegende Teil der deutschen Bevölkerung fühlt sich ohne professionelle Beratung nicht wohl dabei, Anlageentscheidungen zu treffen; einige Retail-Kunden würden sogar als Konsequenz überhaupt nicht mehr in den Kapitalmarkt investieren und dabei reale Vermögensverluste in Kauf nehmen.“

Interessenkonflikte auch bei Honorar-Anlageberatung möglich

Die Studie untersucht aber auch potenzielle Interessenkonflikte bei beiden Beratungsmodellen. Der potenzielle Interessenkonflikt im Provisionsbereich wird dabei so beschrieben: Existieren zwei Produkte mit unterschiedlich hohen Provisionen, kann ein Anreiz bestehen, einem Kunden jenes Produkt zu empfehlen, das die höheren Zuwendungen bietet.
Dem steht allerdings auch das Interesse an langfristiger Kundenbindung entgegen, schreibt die KPMG. Systematische Mängel in der Anlageberatung und daraus folgende Häufung von Falschberatung wäre mit Reputationsverlusten, Abbruch der Kundenbeziehung und Schwierigkeiten bei der Neukundengewinnung verbunden.

Solche Interessenkonflikte sollen in der Honorar-Anlageberatung ausgeschlossen sein, weil Beratungsleistungen ausschließlich vom Kunden zu zahlen sind. Doch ist damit die Honorar-Anlageberatung frei von Interessenkonflikten? Keinesfalls, so die Studie. Die Konflikte seien nur anders gelagert und müssten differenziert nach Form der Vergütung betrachtet werden. Grundsätzlich seien in Deutschland drei verschiedene Vergütungsformen der Honorar-Anlageberatung gebräuchlich: Pauschalhonorar, stundenbasiertes Honorar und Gebühr in Abhängigkeit zum beratenen Vermögen.

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So meint die KPMG, dass bei pauschaler bzw. stundenbasierter Vergütung ein Interesse des Beraters an häufiger Beratung gegeben sein kann. Das könne beispielsweise zur Empfehlung besonders komplexer und deshalb beratungsintensiver Produkte führen. Bei stundenbasierter Vergütung kommt noch das Interesse des Beraters an einer langen Beratungsdauer hinzu.

Richtet sich das Beratungshonorar prozentual nach dem beratenen Vermögen, besteht das Interesse des Berater vor allem darin, Kunden mit möglichst hohen Vermögen zu akquirieren.

Das Fazit der KPMG fällt differenziert aus. „Interessenkonflikte können bei beiden Vergütungsformen auftreten - unabhängig von der Form der Vergütung“, schreibt die Beratungsgesellschaft. Allerdings, so die KPMG, hat der Gesetzgeber umfangreiche regulatorische Vorgaben für provisionsbasierte Anlageberatung erlassen, um Interessenkonflikte zu vermindern.

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Interessenkonflikte, die bei Honorar-Anlageberatung bestehen, seien für Kunden oft nicht ersichtlich und auch nicht reguliert. Ein Verbot der provisionsbasierten Beratung würde keinesfalls alle potenziellen Interessenkonflikte in Beratungsverhältnissen beseitigen, so die KPMG.

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