Ein paar Zahlen vorab: Im Jahr 2020 konnte auf dem nachhaltigen Anlagemarkt in Deutschland ein Gesamtvolumen in Höhe von rund 335,3 Milliarden Euro verzeichnet werden. Das Anlagevolumen nachhaltiger Investmentfonds belief sich auf etwa 107 Milliarden Euro. Das meldet Statista.com. Berücksichtigt man zudem die Kapitalanlagen, für die Nachhaltigkeitskriterien auf Unternehmensebene verankert sind, ergibt sich zum 31. Dezember 2020 eine Gesamtsumme von rund 1,93 Billionen Euro für verantwortliche Investments in Deutschland, ergibt sich aus dem Marktbericht 2021 des FNG Forum Nachhaltige Geldanlagen.

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Dr. Dirk Rathjen ist Vorstand des Instituts für Vermögensaufbau (IVA) mit Sitz in MünchenInstituts für VermögensaufbauIm Detail heißt es: Ende 2020 wurden rund 141,3 Milliarden Euro in nachhaltige Mandate und 107,0 Milliarden Euro in nachhaltige Investmentfonds investiert. Die Mandate konnten damit im Jahresvergleich um rund 17 Prozent zulegen, die Fonds sogar um 69 Prozent. Insgesamt lag das Volumen in diesen beiden Anlageklassen um 35 Prozent über dem Vorjahr. Insgesamt heißt das: Nachhaltige Investments in Deutschland sind um 25 Prozent gestiegen.

Externe Verifizierung, dass versprochene ESG-Qualität im Portfolio zu finden ist

Damit zeigt sich, dass nachhaltiges Investieren mehr als ein Trend ist. Es hat sich als Anlagestrategie durchgesetzt und ist in der Breite der Investorenschaft angekommen. Das große Problem: Neukunden auf der Suche nach Anlageberatung und/oder Fonds suchen unabhängige Bestätigungen, dass sie dem Produktgeber in Sachen Nachhaltigkeit vertrauen können.

Die reine Versicherung des Beraters oder Vermittlers, dass beispielsweise ein Fonds sicherlich nachhaltig sein wird, reicht nicht aus, um echte Transparenz und Qualität in der Kommunikation mit dem Kunden herzustellen. Immer mehr Produkte werden als „grün“ beworben. Ein Vergleich ist kaum möglich. Es wird also eine externe Verifizierung benötigt, dass die versprochene ESG-Qualität tatsächlich im Portfolio zu finden ist.

Auch die regulatorischen Versuche der Europäischen Union, Licht ins Dunkel zu bringen, reichen noch nicht aus. Die EU macht zwar mit ihrer Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten und der Taxonomie-Verordnung allen Beteiligten Dampf, um ESG-konformes Investieren wirklich voranzubringen.

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Bis alle Regelungen irgendwann fertiggestellt sind, wird es aber noch dauern. Insbesondere ist die Taxonomie noch lange nicht vollständig. Erst etwa vier Prozent des weltweiten Aktienmarktes lassen sich nach der Taxonomie bewerten. Das ist zu wenig für gut diversifizierte Portfolios. Und mangels Definitionen fehlt die jeweilige Datenbasis für die Bewertung der Nachhaltigkeitskriterien, denn die Unternehmen wissen noch nicht, welche Daten sie genau liefern müssen, damit diese Vorschriften der EU wirklich umsetzbar sind.

Unabhängige Auszeichnung soll bei der Auswahl des Anbieters helfen

Daher ist eine Situation, in der Unternehmen anhand vorgegebener Bewertungskriterien ihre Daten veröffentlichen und ESG-Rating-Anbieter für eine verlässliche Vergleichbarkeit sorgen können, noch Zukunftsmusik. Aus diesem Grund ist zunächst die Verwendung bestehender ESG-Ratings die beste Lösung. Eine externe und vor allem unabhängige Auszeichnung soll bei der Auswahl des Anbieters helfen und eine dauerhafte Qualitätsüberprüfung bieten.

Es existieren etwas ein Dutzend solcher Ratings, die aber häufig sehr unterschiedlich ausfallen. Daher ist die Auswahl des geeigneten Ratings für jeden Anleger wichtig, aber hoch komplex. Das Institut für Vermögensaufbau AG (IVA) hat im Auftrag einer Bank im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie diverse Anbieter von ESG-Ratings verglichen. Diese sind sehr heterogen, u.a., weil sie auf verschiedenen Wertvorstellungen beruhen. Wichtig dabei ist, dass diese Ratings auf umfangreichen Daten basieren und systematisch erstellt werden. Da die Taxonomie noch nicht fertig ist, erlaubt die BaFin die Verwendung externer ESG-Ratings, zum Beispiel zur Verwendung in Best-in-Class-Ansätzen.

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Mehrere Ratings zu kombinieren, erleichtert die Anlageentscheidung

Um ein ESG-Rating zu erhalten, das für möglichst viele Kunden passt, ist es daher entscheidend,, dass die ESG-Qualität Titel für Titel aus der Sicht mehrerer etablierter ESG-Datenanbieter berechnet wird. Vor diesem Hintergrund hat das Institut für Vermögensaufbau 2020 eine spezifische ESG-Zertifizierung entwickelt.

Diese basiert auf einem regelmäßigen Prüfprozess, bei dem der Anbieter des Fonds oder Portfolios mindestens ein Jahr lang einmal pro Quartal die aktuelle Zusammensetzung des Portfolios vollständig übermittelt. Anhand dieses Bestandes bestimmt der Rating-Dienstleister ein differenziertes Nachhaltigkeitsprofil des Portfolios, das in einem Zertifikat als eigenes Dokument dargestellt wird. Das Siegel soll bei der Auswahl eines Produkt- beziehungsweise Strategieanbieters helfen und eine dauerhafte Qualitätsprüfung bieten.

Die Bewertungen basieren auf den Daten und Ratings von großen verschiedenen ESG-Datenanbietern und auch Nischen-Ratingagenturen. Aktuell werden beim IVA insgesamt Ratings aus mehr als 700 Quellen verwendet. Auf einer solchen Basis kann ein guter Rating-Dienstleister ausgehend von qualifizierten und quantifizierten Kriterien zertifizieren, dass Portfolios hohen ESG-Ansprüchen genügen, obwohl die EU-Taxonomie noch nicht fertig ist. Der große Vorteil eines aggregierten Vorgehens ist, dass Anleger sich nicht auf einen spezifischen Ansatz eines bestimmten ESG-Rating-Anbieters verlassen müssen. Ein Gesamt-Rating über eine große Datenvielfalt und eine Vielzahl verschiedener Meinungen hinweg erleichtert die Anlageentscheidung.

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Produktanbieter, Finanzberater und Anlagevermittler sollten daher – für einen langfristigen Erfolg mit nachhaltigen Investments ohne Vorwürfe von Greenwashing – auf externe ESG-Ratings mehrerer Anbieter als transparenten Ausweis ihrer ESG-Qualität setzen. Das macht Finanzprodukte vergleichbar und am Markt sichtbar und schafft Sicherheit für Gesellschafter, Berater/Vermittler und Anleger.

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