Der Stachel sitzt tief: Als der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) der Riester-Rente zum 20-jährigen Bestehen gratulierte und Reformvorschläge vorlegte, fand sich darin auch folgender Satz: „Im Zuge einer Reform lässt sich auch über ein einfaches, digital vertriebenes und kostengünstiges Standardprodukt reden.“
Das weckte altbekannte Befürchtungen in der Vermittlerschaft: Kommt der Online-Vertrieb erstmal ins Rollen, wird der stationär-persönliche Vertrieb einfach abgeschaltet. Entsprechend empört zeigte sich BVK-Präsident Michael Heinz: Es sei ein inakzeptabler Dammbruch, dass der GDV die Beratungsleistung der Vermittler zur Disposition stelle.

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Das Thema der diesjährigen Bonner Erklärung „Sind Versicherer noch verlässliche Partner für Vermittler? – Wie sieht die zukünftige Vergütung im Vertrieb aus?“ trägt diesem Konflikt Rechnung. So heißt es in der Bonner Erklärung 2021: „Eine qualifizierte Altersvorsorgeberatung ist durch die vorhandene Absicherung, die persönliche Lebenssituation, verschiedene Förderwege, Sozialversicherungsfragen und individuelle Ziele die komplexeste Beratung im Versicherungsbereich. Dafür bilden sich die Vermittler jährlich verpflichtend fort, um dem Kunden eine maßgeschneiderte Lösung zu bieten. Ein Standardprodukt kann dies niemals erfüllen. Zudem entspricht Vertrieb ohne Beratung nicht dem Verbraucherschutzgedanken. Ein verlässlicher Partner der Vermittler hätte sich stärker für eine Reform der Riester-Rente unter Einbeziehung der Vermittlerinteressen einsetzen müssen. Daher fragen sich die Vermittler, ob Versicherer noch verlässliche Partner für Vermittler sind, wenn deren Positionen gegen die Vermittlerinteressen vorauseilend geräumt werden. Gerade beratungsintensive Altersvorsorgeprodukte, die einen Konsumverzicht für die Verbraucher nach sich ziehen, werden kaum aktiv von Verbrauchern gekauft.“

Der Verband erneuerte seine Forderung, die Riester-Rente zu reformieren, statt sie einzustampfen und durch ein neues Produkt ersetzen zu wollen. Damit greifen die Vermittlerverbände ganz ähnliche Forderungen auf, wie bereits 2017, 2018, 2019 oder 2020. Auch in diesen Jahren ging es vornehmlich um Vergütung, Regulierung und Riester-Renten-Reform.

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‚Luft nach oben‘ attestiert die Bonner Erklärung 2021 auch dem Unterstützungswillen der Versicherer gegenüber den Vermittlern während der Pandemie. 40 Prozent der Vermittler seien damit nicht zufrieden gewesen. So besteht die erste Forderung in einer Erinnerung an die Fürsorgepflicht, die Versicherer auch gegenüber ihrem Außendienst haben. Zudem würden sich „viele Exklusivvermittler mehr Freiheiten bei der Ausgestaltung ihrer IT sowie Web- und Social Media-Seiten“ wünschen, heißt es in der Bonner Erklärung 2021.

Die 4 Forderungen der Bonner Erklärung 2021

Die Bonner Erklärung ist eine gemeinsame Erklärung des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), des „Arbeitskreises Vertretervereinigung der Deutschen Assekuranz e.V.“ (AVV) und der Vorsitzenden von Vertretervereinigungen. Die Organisationen repräsentieren rund 40.000 Versicherungsvermittler in Deutschland.

Die vier zentralen Forderungen in diesem Jahr lauten:

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  1. Die Vermittler fordern von den Versicherern, ihrer Fürsorgepflicht stärker nachzukommen und ihnen als Unternehmern mehr Freiheiten einzuräumen.
  2. Die Vermittler fordern, die Riester-Rente weiterzuentwickeln und die Beratungsleistung der Vermittler anzuerkennen. Vertrieb ohne Beratung durch Standardprodukte erfüllt nicht die Bedürfnisse des Kunden.
  3. Die Vermittler fordern eine angemessene Vergütung und eine Abkehr von der weiteren Beschränkung der Vermittlervergütung. Zudem wird weiterhin ein Nebeneinander der Vergütungsmodelle zwischen Provision und Honorar gefordert.
  4. Die Vermittler fordern von den politischen Entscheidungsträgern, die Vermittler nicht mit einer weiteren Regulierungswelle nach der Wahl weiter zu belasten. Es ist an der Zeit, bestehende Regulierung zu evaluieren, den Mittelstand deutlich zu entlasten und einen großen Wurf bei der stärkeren Förderung der privaten Altersvorsorge auf den Weg zu bringen.

Die Erläuterungen zu den einzelnen Forderungen sind auf der Webseite des Verbands nachzulesen.

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