Dürfen Sparkassen sogenannte Verwahrentgelte für Guthaben auf Girokonten erheben? Mit dieser Frage hatte sich jüngst das Landgericht Leipzig zu beschäftigen, nachdem die Verbraucherzentrale Sachsen gegen die Sparkasse Vogtland auf Unterlassung geklagt hatte. Das Urteil fiel nicht im Sinne der Sparerinnen und Sparer aus: Die Klage wurde abgewiesen.

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Verwahrentgelt ab Guthaben von 5.000 Euro

Verhandelt wurde im konkreten Rechtsstreit über ein Verwahrentgelt, dass die Sparkasse Vogtland für Neukunden und Kontowechsler berechnet hatte: und zwar schon ab einem recht niedrigen Betrag. Jährlich 0,7 Prozent berechnete das Institut, wenn die Betroffenen mehr als 5.000 Euro auf dem Konto hatten. Das war aus Sicht der Verbraucherzentrale Grund genug, auf Unterlassung zu klagen.

Die Verbraucherzentrale Sachsen sah in den Aufschlag einen unzulässigen Negativzins bzw. Strafzins, der nicht neben den Kontoführungsgebühren für das Girokonto verlangt werden dürfe. Hierbei ging es auch um die Art der Bekanntgabe dieser Zinsen. Demnach hatte der Bundesgerichtshof (BGH) zuvor schon die Praxis untersagt, wonach allgemeine Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen es erlauben, Verträge und Preise einseitig zulasten der Kundinnen und Kunden anzupassen. Oft geschah dies einfach per schriftlichem Aushang in der Filiale, ohne dass die Betroffenen gesondert darüber informiert wurden (Urteil vom 27. April 2021 – XI ZR 26/20).

Individuelle Vereinbarung statt einseitige Abänderung des Vertrages

Aber dem Rechtsstreit in Leipzig lag eine andere Konstellation als beim BGH-Urteil zugrunde, wie das Landgericht per Pressetext mitteilt. Die entspreche Klausel für das Verwahrentgelt wurde einerseits tatsächlich per schriftlichem Aushang kommuniziert, was allein nicht zulässig gewesen wäre. Aber zugleich auch in den Vertrag aufgenommen: Sie fand sich in der „Anlage Verwahrentgelt zu Girokonto“, die die Sparkasse den Kunden bei Vertragsschluss vorlegte und von diesen unterzeichnen ließ. Damit wurde das Verwahrentgelt durch eine individuelle Vereinbarung einbezogen und nicht allein über eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wie das Gericht erläutert.

Da das Verwahrentgelt in diesem Fall nur Neuverträge bzw. den Kontowechsel betrifft, würde es sich zudem um eine Preishauptabrede handeln, erläutert das Landgericht weiter. Anders als Nebenabreden unterliegen diese nicht einer Inhaltskontrolle an Hand der Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen. Stark vereinfacht geht es hier nicht um die einseitige Abänderung eines Vertrages mittels unzulässiger Klauseln, die den Kunden bzw. die Kundin benachteiligen könnten. Stattdessen seien Banken berechtigt, für erbrachte Sonderleistungen in Neuverträgen ein Entgelt zu verlangen: zum Beispiel dafür, dass sie das eingezahlte Geld der Sparerinnen und Sparer verwahrt. Eben besagtes „Verwahrentgelt“.

Verbraucherzentrale will in Berufung gehen

Der Hintergrund: Auch Banken müssen einen „Strafzins“ von 0,5 Prozent zahlen, wenn sie kurzfristige Einlagen bei der Notenbank parken. Allerdings profitieren sie von einem Freibetrag, auf den sie keine Zinsen zahlen müssen: aktuell beträgt er das Sechsfache der gesetzlichen Mindestreserve. Dieser Freibetrag trage dazu bei, dass die Belastung der Banken bei Weitem nicht so hoch ist wie beklagt, kritisieren Experten.

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Wie die ARD Tagesschau berichtet, zeigt sich die Verbraucherzentrale Sachsen vom Urteil enttäuscht - sie will vor dem Oberlandesgericht Dresden in Berufung gehen. Aktuell kassieren bereits 450 Institute Negativzinsen im Privatkundenbereich, bei Firmenkunden sind es fast 500 Geldhäuser, so zeigt eine Auswertung des Finanzportals biallo.de. Allein seit Jahresbeginn hätten fast 200 Institute ein Verwahrentgelt auf Guthaben eingeführt.

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