Wer sind die größten deutschen Lebensversicherer? Dieser Frage widmet sich jährlich die Zeitschrift für Versicherungswesen (ZfV) mit einer umfangreichen Analyse. Der Blick auf das Jahr 2020 versprach, interessant zu werden: Hat doch auch die Versicherungsbranche mit der vielleicht schwersten Krise der Nachkriegszeit zu kämpfen. Corona erschwerte nicht nur das Neugeschäft: Es war auch zu befürchten, dass viele Menschen, durch den Lockdown in finanzielle Not geraten, ihre Altersvorsorge abstoßen.

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Bereits die vorläufigen Branchenzahlen, die der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) im Januar präsentiert hat, zeigten: Die Lebensversicherer konnten die Krise bisher gut meistern. Die gebuchten Bruttobeiträge sanken 2020 leicht um 0,4 Prozent, so dass die Anbieter (inklusive Pensionskassen und -fonds) in Summe 102,7 Milliarden Euro einsammeln konnten. Aber von einer Massenflucht aus Leben-Verträgen konnte keine Rede sein. Zwar sank auch die Zahl neu vermittelter Verträge, verbleibt aber auf einem hohen Niveau. Konnten laut GDV in 2019 noch 5,2 Millionen Neuverträge an den Mann bzw. die Frau gebracht werden, reduzierte sich die Zahl 2020 um gut 12 Prozent auf 4,9 Millionen.

Entsprechend positiv fällt das Fazit von ZfV-Chefredakteur Mark Surminski aus, der die Zahlen im aktuellen Heft (07/2021) präsentiert. “Die Lebensversicherer haben im Geschäftsjahr für eine echte Überraschung gesorgt. Sie konnten trotz der Einschränkungen im Vertrieb durch Corona das Rekordneugeschäft des Jahres 2019 wiederholen“. Surminski vermutet, dass die Leben-Anbieter sogar indirekt von der Krise profitiert haben: Weil viele verunsicherte Anleger einen sicheren Hafen für ihr Geld suchten.

Allianz mit leichten Einnahme-Verlusten

Platzhirsch der Branche bleibt auch in diesem Jahr die Allianz: Auch wenn die Münchener das Beitragswachstum der letzten Jahre nicht wiederholen konnten. Im Gegenteil: Der Versicherer löste weniger Bruttobeitrag ein als im Jahr zuvor. Rund 26,007 Milliarden Euro gebuchte Bruttobeiträge erzielte der Versicherer 2020, während es im Vorkrisenjahr noch 27,5 Milliarden Euro Prämie waren. Das bedeutet einen Rückgang von mehr als fünf Prozent.

Um ihre Marktführerschaft muss sich die Allianz allerdings keine Sorgen machen. Noch immer sammelt sie beinahe jeden vierten Euro Bruttobeitrag ein, der auf dem deutschen Markt erzielt wird. Wenn auch die zweitplatzierte R+V Versicherung Boden gut machen konnte. Knapp 7,405 Milliarden Euro erlösten die Wiesbadener und konnten damit kräftig wachsen: unter dem Stricht steht ein Beitragsplus von 14,0 Prozent.

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Auf Rang drei kann sich die Generali behaupten, auch wenn im Jahr zuvor stattdessen noch die AachenMünchener an ihrer Stelle gelistet war. Der Versicherer hat die Marke aber eingestampft, sodass sie nun auch unter dem Zeichen des geflügelten Löwen unterwegs ist. Auf 5,564 Milliarden Euro bezifferte sich der eingesammelte Bruttobeitrag: 1,9 Prozent mehr als im Vorjahr.

Nur drei Top-Ten-Versicherer erzielten weniger Bruttobeitrag

Dass die Lebensversicherer vergleichsweise gut durch das Jahr kamen, zeigt sich an einem weiteren Fakt: in den Top Ten der größten Lebensversicherer mussten nur drei Anbieter Beitragsverluste hinnehmen. Neben der Allianz war das die Zurich Deutscher Herold, die knapp zehn Prozent weniger Bruttobeitrag erzielte und damit 3,285 Milliarden Euro. Eine Sonderform stellt der Versicherer Proxalto dar. Dieser wickelt lediglich Altbestände ab und betreibt kein Neugeschäft: kauft sich höchstens in neue Altbestände ein. Wenig verwunderlich ist deshalb, dass das Beitragsvolumen um 3,4 Prozent schrumpfte: auf nun knapp 2,451 Milliarden Euro.

Aber es gab auch Gewinner des Krisenjahres 2020. Die Versicherungskammer Bayern als bundesweit größter öffentlicher Versicherer konnte mit seiner Leben-Tochter kräftig wachsen: um 17,8 Prozent legten die Beiträge gegenüber dem Vorjahr zu. Damit ist man Wachstums-Champion im Verhältnis zum bisherigen Bestand, was vor allem auf ein erfolgreiches Geschäft mit Einmalbeiträgen zurückzuführen sei. Die R+V -wie bereits erwähnt- erlöste 14 Prozent mehr Bruttobeitrag ein, die Cosmos 5,4 Prozent, die Alte Leipziger 3,8 Prozent und die Württembergische 2,9 Prozent. Das sind die fünf Versicherer mit dem höchsten Beitragswachstum.

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Dies waren zum Jahresende 2020 die größten deutschen Lebensversicherer (nach Bruttobeitrag, Zahlen gerundet):

  1. Allianz (26,007 Milliarden Euro Beitragseinnahmen)
  2. R+V (7,405 Milliarden)
  3. Generali (5,564 Milliarden)
  4. Debeka (3,832 Milliarden)
  5. Versicherungskammer / Bayern Versicherung (3,361 Milliarden)
  6. Zurich Deutscher Herold (3,285 Milliarden)
  7. Alte Leipziger (2,811 Milliarden)
  8. Axa (2,606 Milliarden)
  9. Proxalto (2,451 Milliarden)
  10. Nürnberger (2,397 Milliarden)

Die im Januar präsentierten GDV-Zahlen zeigen, dass die Abhängigkeit der Branche vom Einmalbeitrags-Geschäft weiter zunimmt. Die laufenden Beiträge gingen 2020 um 1,0 Prozent auf 64,4 Milliarden Euro zurück, während die Einmalbeiträge um 0,4 Prozent auf 38,3 Milliarden Euro zulegten. Das ist nicht unumstritten, weil der Verdacht besteht, dass bei manchem Versicherer die Sofortrente-Verträge durch jene gegen laufenden Beitrag quersubventioniert werden, um mehr Einmalbeitrags-Kunden mit attraktiven Produkten anzulocken: zulasten also der langjährigen, treuen Kundschaft.

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