Geht es um Bilanzmanipulationen, gerät oft das Beispiel Wirecard in den Blick. Bereits in den Jahren zuvor machte aber ein anderer Bilanzskandal von sich Reden: Steinhoff, ein deutsch-südafrikanischer Möbel-Händler, soll ebenfalls bei den Bilanzen getrickst haben. Mit bitteren Konsequenzen: Nachdem der Wirtschaftsprüfer Deloitte im Dezember 2017 das Testat verweigerte -lange hatte er nichts bemerkt-, kam eine Abwärtsspirale in Gang. 11 Milliarden Euro musste der Konzern abschreiben, viele Tochterfirmen verkaufen. Der Aktienkurs brach um 90 Prozent ein.

Anzeige

Für die Führungsriege des angeschlagenen Holz-Multis gibt es nun immerhin eine positive Nachricht. Wie „Reuters“ am Dienstag berichtet, will sich der „Directors & Officers“-Versicherer an einem Plan beteiligen, mit dem Steinhoff eine Welle von 90 Klagen beilegen will. Diese beschäftigen Gerichte in Deutschland, Südafrika und den Niederlanden, wo Steinhoff registriert ist.

D&O-Versicherer schießen 78 Millionen Euro zu

Mit einer D&O-Police können Unternehmen ihre Manager persönlich bei Fehlern absichern: Schließlich haften diese auch, wenn sie der eigenen Firma oder Dritten Schaden zufügen. Immerhin rund 78 Millionen Euro wollen die beteiligten Versicherer nun für die Steinhoff-Führungsriege zahlen, berichtet die Nachrichtenagentur. Das klingt viel: Ist aber de facto nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Denn die geschädigten Anleger fordern 136 Milliarden Rand von dem Möbelkonzern: Was der sagenhaften Summe von umgerechnet 7,7 Milliarden Euro entspricht.

Dass diese Gelder fließen, ist aber unwahrscheinlich. Steinhoff habe den Geschädigten weniger als eine Milliarde Euro in Aussicht gestellt, schreibt „Reuters“. Weitere 78 Millionen Euro hat der Wirtschaftsprüfer Deloitte zugesagt, sie sollen ebenfalls in die Entschädigungsmasse fließen. Bereits seit 2015 ermittelt die Staatsanwaltschaft Oldenburg wegen Unregelmäßigkeiten gegen den Konzern: Deloitte, einer der weltweit größten Wirtschaftsprüfer, schlug erst 2017 Alarm.

Steinhoff: komplexes Konstrukt mit fragwürdigen Bilanzen

Dabei begannen die vermeintlichen Manipulationen schon viel früher. Allein von 2009 bis 2017 soll Steinhoff Gewinne und Vermögensposten von 6,5 Milliarden Euro künstlich kreiert haben, schreibt das „Handelsblatt“. Steinhoff-Eigengewächse haben kränkelnden Töchtern demnach zu völlig überhöhten Preisen Grundstücke, Konsumentenkredite und Markenrechte abgekauft.

Das Firmenkonstrukt: höchst komplex. Kapitalgeber und Aktionäre pumpten regelmäßig hohe Summen in das Unternehmen, obwohl auch die Bilanzberichte hätten aufhorchen lassen müssen. Allein 2016 habe von der 32-Milliarden-Bilanzsumme mehr als die Hälfte in sogenannten Goodwill-Werten gesteckt: immateriellen Werten, zum Beispiel Markenlizenzen. Wie geschaffen, um Bewertungen künstlich aufzublähen.

Anzeige

Für die Chefs des Konzerns hat das Ganze aber ein juristisches Nachspiel. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg hat in diesem Jahr gegen drei ehemalige Verantwortliche des Konzerns Anklage erhoben. Der Vorwurf: "Taten der unrichtige Darstellung“ in Unternehmensbilanzen von 2011 bis 2017.

Anzeige