Herr Schuh, Versicherer sehen sich oft noch nicht als potenzieller Orchestrator von Ökosystemen – sollte die Branche Ihrer Meinung nach mutiger sein?

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Ich habe in meinem Vortrag beim Partnerkongress betont, dass wir als Element und auch ich persönlich Versicherer eher als Teilnehmer von Ökosystemen sehen, die um wichtige Themen wie mobility, health und home entstehen. Ich würde die Rolle eher als relevant player oder mit dem Stichwort embedded insurance bezeichnen. Ich denke, in Zukunft werden Versicherungen so eingebettet sein werden, dass es für den Kunden ganz einfach sein wird, in dem Ökosystem, in dem er sich bewegt, eine Versicherungslösung zu bekommen. Und hierfür braucht es vielleicht sogar mehr Mut seitens der Versicherer. Denn dann werden Versicherungsunternehmen in vielen Produktlinien zum spezialisierten Zulieferer – oder besser: Partner – und sind nicht mehr alleiniger Mittelpunkt ihrer Tätigkeit. Das erfordert durchaus ein Umdenken.

Ist es für kleine und mittelgroße Versicherungshäuser realistisch, relevante Akteure in Ökosystemen zu werden?

Wie eben angerissen – also spezialisierter Anbieter auf jeden Fall! Versicherungsunternehmen haben in den letzten Dekaden und manchmal länger eine ungeheure Expertise, gerade auch in der Kundeninteraktion, angesammelt. Dieses Wissen können sie gewinnbringend in Ökosysteme einbringen. Gleichzeitig fällt dann nämlich auch der Anspruch weg, alle Produktlinien selbst anbieten zu müssen.

Hat im Bereich Zusammenarbeit ein Umdenken in der Branche eingesetzt?

Absolut. Es gibt jetzt schon Bereiche, wo klar ist, dass ich mit einer Partnerschaft schneller und besser sein kann. Wir reden nicht mehr über Zulieferer und Kunde, sondern über richtige Partnerschaften, die sich entwickeln. Ich glaube, Technologie hat dafür gesorgt, dass gewisse Hürden für Partnerschaften niedriger geworden sind. Es ist einfacher geworden, ein gemeinsames Projekt auf die Beine zu stellen.

Element sieht sich als Enabler für Versicherer. Was bieten Sie, was die Versicherer selbst nicht können?

Ein Alleinstellungsmerkmal ist unsere Unabhängigkeit. Wir sind ein eigenständiger Versicherer und können sowohl die gesamte Wertschöpfungskette abbilden, zum Beispiel bei Partnern wie Vodafone, die selbst keine Versicherer sind, als auch modulare Lösungen für Versicherungs- oder Rückversicherungspartner. Ein zweites ist die Möglichkeit, Technologisches umzusetzen. Als InsurTech haben wir sowohl die Versichererseite als die Technologieseite. 60 Prozent unserer Leute haben einen Tech-Hintergrund, das wird ein etablierter Versicherer so nicht haben.

Wo wird die Branche in zehn Jahren beim Thema Ökosysteme stehen?

Das ist eine schwierige Frage – zehn Jahre sind nicht so lang. Aber wenn wir aus 2035 zurückblicken, werden wir die tiefgreifenden Veränderungen schon sehen. Ich kann mir gut vorstellen, dass es generell mehr in Richtung eines Versicherungs-„Marktplatzes“ geht. Für uns als Branche wird das partnerschaftliche Zusammenarbeiten über Unternehmensgrenzen hinweg in diesem Marktplatz dann normaler sein als heute noch.

Der Gedanke der Kundenzentrizität – und das gilt für Privat- und Geschäftskunden – ist nicht mehr aufzuhalten, daher bin ich mir sicher, dass sich Versicherungsprodukte immer besser eingebettet in den verschiedensten Ökosystemen finden werden. Ich glaube auch, dass es bestimmte Ökosysteme geben wird, wo die Versicherungsindustrie eine sehr große Rolle spielen wird. Ein Gesundheitsökosystem ist schwer vorstellbar ohne sehr starkes Involvement der Krankenversicherer, oder auch der Bereich Kraftfahrt.

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Was wir nicht vergessen dürfen: Wir sind eine regulierte Branche. Für einen Versicherungsnehmer ist es wichtig, sich darauf verlassen zu können, dass die Versicherung bei einem Problem bezahlt. Auch wenn dann vieles in einem Ökosystem integriert ist, wird es hierüber eine Aufsicht und klare Regeln geben, die für diese Sicherheit sorgen.

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