Jahrelang glich die Ergo einer Dauerbaustelle, seit Konzernchef Markus Rieß am Ruder ist. Mehr als 1.800 Stellen wurden abgebaut, Agentur- und Direktvertrieb unter einer Marke subsumiert, mehr als eine Milliarde Euro für den Umbau der IT locker gemacht. Doch ein Interview mit Digitalchef Mark Klein lässt nun vermuten, dass die Düsseldorfer weiterhin im Umbaumodus bleiben werden.

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Klein hat das „Handelsblatt“ (Samstag) in die aktuelle Firmenstrategie der Rheinstädter eingeweiht. Diese steht noch immer im Zeichen des digitalen Wandels - und ist ehrgeizig. „Ergo will bis 2025 digital führend in der Versicherungsbranche sein, sowohl in Deutschland als auch in unseren internationalen Kernmärkten“, sagt der Vorstand. Dazu gehöre auch, mittelfristig selbst zum Anbieter innovativer Technologien zu werden.“

Die Ergo werden „vom klassischen Versicherer immer mehr zur Techcompany“, erklärt der 49jährige weiter. Dazu gehöre, dass man neue Anwendungen für Künstliche Intelligenz, Sprachassistenten oder Robotics nicht mehr in abgeschottete IT-Systeme auslagere, sondern in einer Daten-Cloud verwalte.

Digitale Agenda mit harten Kennzahlen

Darüber hinaus berichtet Klein, dass die Ergo in ihren Kernmärkten „erstmals eine digitale Agenda mit harten Zielen und Kennzahlen“ verankert habe. Dabei gehe es darum, Ziele zu vereinbaren, wie hoch der Anteil der Online-Abschlüsse im Netz ist, wie viele Produkte direkt online abgeschlossen werden können sowie um die Sichtbarkeit der digitalen Marke. Auch wenn er keine genauen Zahlen nannte - bis 2025 wolle man bei diesen Vorgaben in der Versicherungsbranche vorn sein, auch auf anderen europäischen Märkten.

Im Netz hat die Allianz aber noch deutlich Vorsprung, wie der TechMonitor Assekuranz 2021 aus dem Hause aus dem Hause Heute und Morgen zeigt. Im Schnitt hatte demnach jeder erwachsene Bundesbürger 0,47 digitale Kontakte zur Allianz in den letzten sechs Monaten. Auf den Plätzen zwei und drei des Rankings folgen die Ergo (Indexwert: 30; +5) und HUK24 (25; +6).

Punkten wolle die Ergo vor allem bei digitalen Ökosystemen: Plattformen, über die Kundinnen und Kunden sowohl Finanzen als auch Versicherungen verwalten können. Statt eigener Angebote wie die Allianz mit "Heymoney" setzen die Düsseldorfer aber auf Kooperationen: etwa Amazon in den Niederlanden oder in Deutschland mit BMW.

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Dass Konzernchef Markus Rieß mit seinem harten Umbaukurs durchaus Erfolge vorzeigen kann, lässt sich hierbei nicht leugnen. Im Vorkrisenjahr 2019 hat der Versicherer einen Gewinn von 440 Millionen Euro eingefahren: mehr, als erwartet. Es war dritte Jahr in Folge, dass man den Gewinn deutlich steigern konnte. Noch in den Jahren 2015 und 2016 schrieb die Munich-Re-Tochter hingegen rote Zahlen: Ein Grund, weshalb sich die Ergo 2015 mit Rieß einen Manager in Haus holte, dem der Ruf des harten Reformers vorauseilte. Sein vorheriger Arbeitgeber hieß: Allianz.

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