Für externe Angreifer wie Ping An oder Amazon ist der Traum vom Monopol keineswegs ein Selbstläufer. Selbst wer als Gigant den deutschen Versicherungsmarkt an sich reißen will, hat mit Hindernissen wie Datenschutzverordnung und Regulierung zu kämpfen. Vielleicht ist deswegen ein Angriff aus dem Inneren der deutschen Versicherungsbranche realistischer? Wer das Zeug hat, sich zur Megaplattform zu entwickeln, und was das bedeuten könnte untersuchen wir im Folgenden.

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Philipp Kanschik

Philipp Kanschik

Dr. Philipp Kanschik ist Geschäftsführer von Policen Direkt und dort verantwortlich für Technologieentwicklung und Maklernachfolge.

Das Szenario

Heute nutzen die Makler eine Vielzahl von Dienstleistern zur Abwicklung ihres Geschäfts. So arbeitet der durchschnittliche Makler mit drei Pools zusammen oder bezieht von verschiedenen Anbietern ein Maklerverwaltungsprogramm (MVP) und Vergleichstools. Die Megaplattform der Zukunft bündelt für den Makler alle benötigten Technologie-Dienstleistungen in einem integrierten System. Sie ist also Pool, MVP, Vergleichsrechner, Beratungs- und Kundentool in einem. Der Makler findet alle relevanten Daten und Tools an einem Ort.

Gibt es in Zukunft nur noch eine oder einige wenige solcher Plattformen, werden die Makler von diesen abhängig, wenn sie einen guten und relevanten Service bieten wollen. Effektiv schieben sich die Megaplattform(en) dauerhaft zwischen Makler und Versicherer und bewirtschaften den profitabelsten Teil der Wertschöpfungskette, da Plattformen nahezu unbegrenzt skalierbar sind.

Was dafür spricht

Der Fakt, dass so viele es versuchen, spricht dafür, dass die Megaplattform-Strategie nicht ganz unsinnig sein kann. Assfinet, Hypoport, Wefox, Fonds Finanz, Jung DMS – um nur einen kurzen Auszug zu nennen – verfolgen letztlich diese Strategie und sind darin zunehmend erfolgreich.

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Der Trend geht zudem bereits heute klar zur Konsolidierung der Landschaft für Maklerdienstleistungen, sowohl bei den Pools, als auch bei den MVPs und Vergleichern. Setzt sich der Trend fort, bleiben zwangsläufig nur noch wenige Anbieter übrig. Ein Monopol entsteht so schnell nicht, aber zumindest ein mächtiges Oligopol.

Was dagegen spricht

Gerade die große Konkurrenz macht es unwahrscheinlich, dass sich ein Anbieter gegen alle Mitbewerber durchsetzt. Dazu kommt die fehlende Datenstandardisierung. Mehr als 30 Jahre nach dem Start der GDV-Branchenstandards ist die Branche in Deutschland immer noch weit entfernt von einer Normierung der Datenströme. Gerade diese Standardisierung braucht jedoch jede Mega-Plattform. Entsprechend bleibt trotz der jüngsten Konsolidierung die Landschaft für Maklerdienstleistungen weiterhin zersplittert. 50 MVPs werden in Deutschland aktiv genutzt. Dazu kommen 18 Pools, die jeweils mehr als 10 Mio. Euro Jahresprovisionen verwalten.

Die Megaplattform würde mit ihrer Marktmacht auch eine Bedrohung für Versicherer darstellen, insbesondere für jene ohne starke Eigenmarke. Vielleicht haben die gerade deshalb kein Interesse an einer funktionierenden Standardisierung, die das Entstehen von Megaplattformen ermöglichen würde.

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Die aktuelle Konsolidierungswelle bei den MVP ist deshalb vor allem ein Ausdruck der Verzweiflung: anders werden die Anbieter mit der sich weiterhin kaum reduzierenden Komplexität nicht mehr fertig. Wobei es mit Fusionen und Aufkäufen allein nicht getan ist—erfahrungsgemäß dauert die Integration Jahre.

Das sagt der Kolumnist

Megaplattformen in der Versicherungsbranche wird es geben, aber vermutlich erst zum Ende des gerade begonnenen Jahrzehnts. Es wird allerdings vermutlich mehr als eine geben. Dies wird dazu führen, dass die Plattformen für die Makler mehr oder weniger austauschbar sein werden—standardisierte Daten werden die Datenmigration und damit den Wechsel zu einem anderen Dienstleister vereinfachen. Entsprechend werden die Plattformen vermutlich eher keine Monopol-Renditen abschöpfen können, sondern sich weiterhin unter starkem Wettbewerbsdruck befinden.

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