Es war ein Urteil, das vielen Spediteuren und Firmen mit großem Fuhrpark Probleme bereitete: 2010 entschied der Bundesgerichtshof mit einem Grundsatzurteil, dass bei einem Unfall mit einem Gespann sowohl der Kfz-Haftpflichtversicherer der Zugmaschine als auch der Anhänger-Versicherer zur Hälfte zahlen muss (Urteil vom 27.10.2010 - IV ZR 279/08). Grund war wiederum eine Gesetzesreform der Bundesregierung aus dem Jahr 2002, die eine Gefährdungshaftung auch für Halter eines Anhängers einführte bzw. diese verschärfte (§ 7 StVG). Infolge der Reform verteuerten sich die Prämien für gewerbliche Anhänger-Policen enorm, denn oft sind Zugmaschine und Anhänger bei verschiedenen Versicherern abgesichert:

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Die hälftige Teilung der Kosten trug dazu bei, dass beide Versicherer sich untereinander abstimmen, separate Gutachten erstellen und sich schlimmstenfalls sogar vor Gericht streiten mussten, wer was zahlt. Auch mussten nun die Versicherer der Anhänger deutlich öfter für Schäden einspringen. Der bürokratische Mehraufwand und die Kosten stiegen. Betreiber von Anhängerflotten mit bis zu 7000 Fahrzeugen hätten sich mit zusätzlichen Kosten von teilweise über zwei Millionen Euro konfrontiert gesehen, so geht aus einer Stellungnahme des Verbandes der Automobilindustrie hervor. Zugleich verbilligte sich die Kfz-Haftpflicht für Zugmaschinen kaum. Laut Gesetz müssen Anhänger separat haftpflicht- und kaskoversichert werden.

Gesetzesänderung stellt alten Zustand weitestgehend wieder her

Der neue Status Quo war auch nicht im Sinne des Gesetzgebers, der die Kritik der Spediteure und Fuhrpark-Unternehmer ernst nahm. Und so hat der Bundestag noch vor der Sommerpause eine Gesetzesänderung beschlossen, die zum 17.07.2020 in Kraft trat, nachdem sie im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde. Sie stellt den alten Status Quo weitestgehend wieder her. Und das bedeutet: in der Regel haftet der Halter der Zugmaschine für den gesamten Schaden. Folglich kommt die Kfz-Haftpflicht des PKW oder LKW für den Schaden auf, wenn ein Fahrer einen Unfall verursacht hat.

Der Anhängerversicherer muss hingegen nur noch (anteilig) aufkommen, wenn der Anhänger gefahrerhöhend wirkte. Zu Letzterem reiche das bloße Ziehen des Anhängers im Allgemeinen nicht aus, heißt es im Gesetzestext.

Worin eine solche Gefahrerhöhung des Anhängers bestehen kann, wird im Gesetz nicht explizit ausgeführt. Beispiele aber zeigen mehrere Urteile. So wertete etwa das Landgericht Bonn nach einem Unfall als gefahrerhöhend, dass ein Anhänger keinen gültigen TÜV mehr hatte und der Schlauch, welcher das Bremsen des Hängers mit Druckluft gewährleisten sollte, unsachgemäß angebracht war. Eine Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes in Paragraph 78 regelt nun, dass in einem solchen Fall die Versicherer anteilig haften, wenn Kfz-Haftpflicht der Zugmaschine und Anhänger bei zwei verschiedenen Versicherern abgesichert sind.

Die Haftung des Führers von Anhängern und Gespannen sind nun gesondert in einem neuen § 19a der Straßenverkehrsordnung (StVG) geregelt. Ereignete sich der Unfall vor dem 17. Juli, gilt aber nach wie vor die hälftige Haftung.

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Die Neuregelung wurde auch notwendig, um die Abwicklung von Schäden mit im Ausland zugelassenen Gespannen zu vereinfachen. In anderen europäischen Staaten gilt nicht immer eine Pflicht, den Anhänger separat zu versichern. Die Bundesregierung prognostiziert, dass die Prämien für Anhänger-Policen nun wieder sinken werden.

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