In den letzten Wochen lief es mit Blick auf die mediale Präsenz bestens für die HDI. Als einer der wenigen Betriebsschließungs-Versicherer wollte die Talanx-Tochter ihre Kundinnen und Kunden entschädigen, wenn sie infolge des Coronavirus ihren Betrieb dicht machen mussten. Während andere Assekuranzen hart kritisiert wurden und ihr Image litt, wurde die HDI oft als positives Gegenbeispiel genannt: zum Beispiel in der Süddeutschen und in öffentlich-rechtlichen Medien. Perfekte Eigen-PR, ohne eine Anzeige schalten zu müssen.

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In einem Interview mit dem Gastgewerbe Magazin hat sich nun Wolfgang Hanssmann, Vertriebs-Chef der HDI, zu Fragen und zur Zukunft der Betriebsschließungs-Versicherung geäußert. Und auch wenn er sagt, er könne nur für die HDI sprechen und nicht für die gesamte Branche, so müssen einige Mitbewerber auf dem Markt seine Äußerungen doch als Kritik verstehen.

“Wenn man Kundenorientierung ernst meint…“

Die Grundidee einer Betriebsschließungs-Police sei, Betrieben, die mit Lebensmitteln zu tun haben oder dem Heilwesen angehören, eine Möglichkeit zu bieten, sich gegen Schließungen infolge des Infektionsschutzgesetzes abzusichern, erläutert Hanssmann. Dabei sei man aber immer von lokal begrenzten Schließungen durch behördliche Einzelanordnungen ausgegangen. Die präventive Schließung tausender Betriebe durch eine präventive Allgemeinverfügung habe keiner auf dem Schirm gehabt.

Dennoch wolle die HDI diese Ausgangssituation nicht zum Problem der Kunden machen, sagt Hanssmann. „Kunden, die bei der HDI Versicherung eine BSV mit Bezug auf das Infektionsschutzgesetz abgeschlossen haben, durften aufgrund unserer Bedingungen zu jeder Zeit darauf vertrauen, dass auch neuartige Krankheiten und Erreger von ihrem Versicherungsschutz erfasst sind“, so der Vorstand. Hierunter falle auch das neue Coronavirus, auch wenn es nicht explizit im Vertrag genannt werde: Es sei in allen bestehenden BSV-Policen von HDI mitversichert. „Ich bin überzeugt: Wenn man Kundenorientierung ernst meint, kann man gar nicht anders handeln“, sagt Hanssmann.

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“Wer Kundenorientierung ernst meint, kann gar nicht anders handeln“ - ein deutlicher Fingerzeig in Richtung jener, die für COVID-19 nicht zahlen wollen, weil das neue Virus in Altverträgen nicht namentlich genannt wird. Dass jedoch auch bei der HDI nicht alle Versicherten auf die volle Summe hoffen können, zeigt der weitere Verlauf des Interviews.

Hotels: strenge Auflagen, aber keine Komplett-Schließung

Das Problem aus Sicht versicherter Herbergen: Während für Restaurants und Gaststätten Schließungsverordnungen verhängt wurden, die Einrichtungen also komplett dicht machen mussten, galten diese für Hotels in der Regel nicht. Hotels hatten ab Mitte März lediglich sehr strikte Auflagen der Länder zu erfüllen, etwa, dass keine Touristen mehr beherbergt werden durften oder Essen nur per Lieferdienst ausgegeben werden durfte. Für viele Unterkünfte lohnte es sich folglich nicht, den Betrieb aufrecht zu halten: Sie machten ganz dicht.

Weil aber eine behördliche Schließungsanordnung für viele Hotels und andere Herbergsbetriebe nicht erging, sieht Hanssmann hier auch den Versicherungsfall nicht als erfüllt an. Durch die fehlende behördliche Schließanordnung fehle „eine wesentliche Bedingung für den versicherten Schadenfall“, so Hanssmann. Soll heißen: Hoteliers will die HDI nur im Rahmen des sogenannten bayrischen Kompromisses entschädigen, wonach maximal 15 Prozent der versicherten Tagessumme für 30 Tage bezahlt werden.

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Ob sich die Hannoveraner hier Rechtsstreiten mit Hoteliers werden stellen müssen, bleibt abzuwarten. Ein Fach-Anwalt für Versicherungsrecht, der nicht namentlich genannt werden will, sagte dem Versicherungsboten, dass auch die HDI seit dem Beitritt zum bayrischen Kompromiss deutlich penibler prüfe, ob der Versicherungsfall eingetreten sei oder nicht.

Gutachten: Zahlungen aus BSV beeinflussen nicht Anrecht auf staatliche Zahlungen

Für die Gewerbebetriebe hat Hanssmann dann doch noch eine positive Nachricht. Mehrere Ämter verweigerten Unternehmen Kurzarbeiter-Geld oder andere Hilfen, wenn sie eine Leistung aus der privaten Betriebsschließungs-Police erhielten. Hier habe die HDI ein Gutachten erstellen lassen, weil viele Kundinnen und Kunden verunsichert gewesen seien, berichtet der Vorstand.

Aus dem Gutachten gehe eindeutig hervor, "dass Zahlungen aus der BSV keinen Einfluss auf das Anrecht auf staatliche Unterstützungen, wie beispielsweise Soforthilfemaßnahmen oder Kurzarbeitergeld haben", sagt der HDI-Vorstand.

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Die Bedingungen der eigenen Policen hat der Versicherer aber angepasst, wie Hanssmann berichtet. Zwar leistet die HDI auch künftig für Corona und andere Krankheiten im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes: aber nur noch bei Einzelanordnungen, nicht mehr bei flächendeckenden Allgemeinverfügungen. Das habe man in den neuen Bedingungen klargestellt: Viele Gewerbekunden erhielten eine entsprechende Änderungskündigung.

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