In der Coronazeit musste der Vertrieb auf Onlineberatung und Homeoffice umstellen: gezwungenermaßen, war doch der Besuch bei den Kundinnen und Kunden infolge der Kontaktbeschränkungen Tabu. Das kam offenbar auch den Digitalversicherern zugute, die ohnehin vorrangig Online-Kanäle nutzen, um mit ihrer Kundschaft in Kontakt zu treten.

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One zählt erstmals 500.000 Verträge

So berichtet der in Liechtenstein registrierte Digitalversicherer One gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), dass er mittlerweile 500.000 Policen hält, die sich auf 280.000 Personen verteilen. Das resultiert auch aus neuen Produkten. Nachdem der Versicherer zuvor Hausrat- und Haftpflichtpolicen anbot, brachte er pünktlich zur Wechselsaison 2019/20 auch drei Kfz-Tarife auf den Markt (der Versicherungsbote berichtete).

“Wir haben 2020 einen Sprung erlebt durch die Einführung unserer Kfz-Versicherung“, zitiert die FAZ den One-Chef Oliver Lang. „Corona hat uns mehr genützt als geschadet. Es gab einen kleinen Einbruch bei der Wechseltätigkeit, aber in Kfz, Hausrat und Haftpflicht gingen die Schäden zurück, so dass wir uns schwertun, überhaupt den geplanten Verlust zu machen.“

Zugleich muss Lang eingestehen, dass unter den neuen Kundinnen und Kunden die Quote der automatischen Verarbeitung gelitten habe. Konnte man vor der Kfz-Wechselsaison zum November 2019 noch 94 Prozent der Prozesse voll digital abwickeln, sei diese Quote auf 78 Prozent gesunken. „Das waren dramatische Auswirkungen der noch nicht digitalisierten Prozesse in der Kfz-Versicherung“, sagt Lang. Für 2021 kündigte er eine Produktoffensive an: unter anderem soll eine Lebensversicherung das Portfolio erweitern.

Auch Neodigital wächst

Eine steigende Zahl an Kundinnen und Kunden vermeldet ebenfalls die Neodigital Versicherung AG mit Sitz im saarländischen Neunkirchen. Erstmals habe man die 100.000-Kunden-Marke geknackt, teilt der Versicherer am Donnerstag per Pressetext mit.

„Wir freuen uns sehr, dass wir in so kurzer Zeit die 100.000-Kunden-Marke überschritten haben. Es ist für uns Vertrauensbeweis und Ansporn, unsere Produktpalette zu erweitern und die Effektivität unserer Abläufe nochmals zu steigern", sagt Stephen Voss, Vorstand Marketing und Vertrieb bei Neodigital.

Als Vorteil des Versicherers hebt Voss die Schnelligkeit hervor, die dank der Arbeit an internen Prozessen und der Dunkelverarbeitung noch habe verbessert werden können. "Hatten wir anfänglich die Dauer der Prozesse noch in Minuten gemessen, so benötigen wir heute für einen Neuantrag weniger als 15 Sekunden, für Arbeiten am Vertrag nur noch wenige Sekunden", sagt Voss. Über 90 Prozent der Kundinnen und Kunden würden die Neodigital-App als Kontakt- und Änderungsmöglichkeit nutzen.

Auch Neodigital kündigt neue Tarife an: wenn auch auf die Sach-Sparte beschränkt. Seit kurzem hat der Versicherer bereits eine Fahrradversicherung in der Produktpalette, nun sollen neue Tarife in der Wohngebäude-, KFZ- und Rechtsschutzversicherung hinzukommen.

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Angst und Bange werden muss den etablierten Versicherern ob dieser Zahlen noch nicht. Die Digital-Versicherer tun sich auf dem deutschen Markt schwer. Selbst im Schaden- Unfallgeschäft, wo die Kundinnen und Kunden am ehesten auf Onlineabschlüsse zurückgreifen, vereint der Direktvertrieb nur rund 15 Prozent aller Neuabschlüsse auf sich, so geht aus dem Vertriebswege-Survey des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervor. Hier sind Vergleichsportale und Online-Abschlüsse auf den Webseiten der Versicherer bereits eingerechnet. Auch zeigt sich, dass sich das Gros der Digital-Anbieter bisher auf vergleichsweise wenig beratungsintensive Policen wie Haftpflicht und Hausrat konzentrieren.

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