Steigender Durchschnitt… frauenbedingt

Das durchschnittliche Alter, in dem Versicherte erstmals ihre gesetzliche Rente beziehen, ist zwischen 2018 und 2019 um rund 0,2 Jahre gestiegen. Das geht aus Zahlen der Deutsche Rentenversicherung Bund hervor, die laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) zu Beginn dieser Woche in Berlin präsentiert wurden. Demnach lag das Durchschnittsalter, in dem Versicherte erstmals ihre Altersrente erhalten, in 2018 noch bei 64,1 Jahren. In 2019 aber kletterte es auf 64,3 Jahre.

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Freilich: Ein solcher Anstieg ist durch Anhebung der Regelaltersgrenzen für eine abschlagfreie Regelaltersrente zu erwarten. Wurde doch in 2007 mit dem RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz die Erhöhung des Rentenalters von 65 Jahre auf 67 Jahre beschlossen, um auf den demografischen Trend einer alternden Bevölkerung zu reagieren: Beginnend im Jahre 2012 erhöhte und erhöht sich demnach die Regelaltersgrenze, die zum Anspruch der sogenannten „Regelaltersrente“ ohne Abschläge führt, schrittweise über die Spanne von zwei Jahren. Für Menschen der Geburtsjahrgänge zwischen 1947 und 1958 erhöht sich die Grenze um einen Monat pro Jahrgang, für die Jahrgänge ab 1959 um zwei Monate pro Jahrgang. Zum Jahr 2029 ist dieser Übergang abgeschlossen: Alle nach 1963 geborenen Versicherten erreichen die Regelaltersgrenze mit Vollendung des 67. Lebensjahres.

Aufgrund dieses Reform ist demnach auch zu erwarten, dass Menschen tatsächlich immer später in Rente gehen, damit sie keine Abschläge auf ihre Altersrenten in Kauf nehmen müssen. Glaubt man aber den Verlautbarungen eines DRV-Sprechers gegenüber der dpa, ist der aktuelle Anstieg gegenüber dem Vorjahr dennoch anders begründet.

Bei Männern blieb das Renteneintrittsalter in 2019 gleich

Denn auffallend ist: Bei den Männern ist das durchschnittliche Renteneintrittsalter in 2019 – im Vergleich zu 2018 – konstant geblieben und liegt bei rund 64,0 Jahren. Der Anstieg des Renteneintrittsalter bei den Frauen hingegen nahm merklich zu: von 64,1 Jahren in 2018 auf 64,5 Jahre in 2019. Die Rentenversicherung begründet dies mit Einführung der Mütterrente II, die ab 1. Januar 2019 gültig wurde.

Mütterrente: Mehr Frauen erhalten erstmals eine gesetzliche Rente

Der Hintergrund ist eine zunehmende Gleichbehandlung von vor und nach 1992 geborenen Kindern durch die sogenannte „Mütterrente II“. Letztjährig führte die "Mütterrente II" nämlich dazu, dass immer mehr langjährige Hausfrauen, die sich der Kindererziehung widmeten, überhaupt einen Rentenanspruch erwerben:

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  • Denn seit 1992 konnten zwar drei Jahre je Kind für die gesetzliche Rente geltend gemacht werden für alle ab 1992 geborene Kinder – ein Plus von drei Entgeltpunkten je Kind.
  • Für alle vor 1992 geborene Kinder jedoch wurde nur ein Jahr für den Rentenanspruch bedacht.
  • Eine erste Verbesserung der Ungleichbehandlung brachte 2014 die „Mütterrente I“: Zwei Jahre wurden seitdem angerechnet für Kinder, die vor 1992 geboren wurden.
  • Und die so genannte „Mütterrente II“ brachte dann, ab 1. Januar 2019, eine nochmalige Verbesserung: Für Kinder, die vor 1992 auf die Welt gekommen sind, konnten Erziehende nun nochmals 0,5 Entgeltpunkte extra für ihre Rentenansprüche aufschlagen: Zweieinhalb Jahre können demnach nun Mütter und Väter seit 2019 als Erziehungszeit geltend machen für ihre vor 1992 geborenen Kinder, was 2,5 Entgeltpunkten entspricht. Und Erziehende mit drei und mehr Kindern erhalten sogar seit 2019 für jedes vor 1992 geborene Kind insgesamt drei Entgeltpunkte hinzu.

Die Mütterrente II führt laut Begründung eines Sprechers der Deutschen Rentenversicherung Bund nun dazu, dass Frauen, die bisher keinen Anspruch auf eine gesetzliche Rente hatten, erstmals in den Genuss einer eigenen gesetzlichen Rente kommen. Diese Frauen erhalten ihre erstmalige Rentenzahlung nun mit einem höheren Alter und haben die Regelaltersgrenze demnach schon überschritten – ein sich auf die Statistik merkbar auswirkender Effekt.

Langfristiger Vergleich offenbart spürbaren Anstieg des Durchschnittsalters

Freilich: Für einen langfristigen Vergleich machen sich insbesondere die Reformen bei den Regelaltersgrenzen der letzten Jahre bemerkbar. Denn in 2000 lag das durchschnittliche Eintrittsalter des erstmaligen Rentenbezugs laut Zahlen des Statistischen Bundesamts (Destatis) noch bei 62,3 Jahren und liegt demnach nun zwei Jahre höher.

"Rente ab 63": "Renten-Hit" korrigiert Statistik nach unten

Und das, obwohl eine Reform im Juli 2014 die sogenannte „Rente mit 63“ einführte – eine Möglichkeit für besonders langjährig Versicherte, schon mit 63 abschlagfrei in den Ruhestand zu gehen. Dies freilich ist nur möglich mit der Bedingung einer Wartezeit von mindestens 45 Jahren, wird aber dennoch gern genutzt (der Versicherungsbote berichtete). Ohne diese attraktive Möglichkeiten für besonders langjährig Versicherte, früher abschlagfrei in den Ruhestand zu gehen, würde das durchschnittliche Renteneintrittsalter wohl noch stärker ansteigen.

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Aber auch diese „Rente mit 63“ wird im Zuge einer Anpassung an den demografischen Wandel angehoben: Für angehende Rentner, die 1964 geboren sind, ist deshalb der abschlagsfreie Übergang in die Rente erst mit 65 Jahren möglich.

Für Frauen: "Rente ab 60" fiel weg

Außerdem sind für Frauen Möglichkeiten einer vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente weggefallen – zum Beispiel die Möglichkeit gemäß Paragraph 237a des 6. Sozialgesetzbuchs (SGB VI), bereits mit einem Alter von 60 Jahren in Rente zu gehen mit einem maximalen Abschlag von 18 Prozent. Diese Möglichkeit nämlich konnten nur Frauen nutzen, wenn sie vor dem 1. Januar 1952 geboren waren. Der Wegfall solcher Möglichkeiten wirkt sich langfristig ebenfalls durch einen Anstieg des durchschnittlichen Renteneintrittsalters aus.

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„Flexirentengesetz“ ermöglicht dennoch zeitigeren Ruhestand… bei Vorausplanung mit Sonderzahlungen

Andererseits aber eröffnet nun der Gesetzgeber neue Möglichkeiten, durch Sonderzahlungen Abschläge bei frühzeitigem Rentenbeginn auszugleichen und so dennoch zeitiger in Rente zu gehen ohne schmerzliche finanzielle Verluste. Denn zwar beträgt pro Monat, den man früher in Rente geht, der Abschlag von der gesetzlichen Rente 0,3 Prozent auf den monatlichen Rentenbetrag. Durch Sonderzahlungen aber ist es nun aufgrund des sogenannten „Flexirentengesetzes" vom 08. Dezember 2016 leichter möglich, die Abschläge durch Sonderzahlungen auszugleichen und so dennoch einen zeitigeren Ruhestand zu planen (der Versicherungsbote berichtete). In Zukunft freilich wird durch die "Rente mit 67" – trotz solcher Möglichkeiten – mit einem weiteren Anstieg des durchschnittlichen Renteneintrittsalters zu rechnen sein.

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