Die Deutsche Bank kann für Versicherer ein attraktiver Vertriebskanal sein - immer noch und trotz aller Probleme. Gemeinsam mit der Firmentochter erreicht das Geldhaus zwischen 18 Millionen und 20 Millionen Kunden, wobei die Zahlen stark schwanken. Und auch, wenn das Filialnetz permanent ausgedünnt wird, zählen beide nach eigenen Angaben 1.300 Filialen: wobei die Postbank weitere potentielle Ansprechpartnerinnen und -partner über ihre DHL-Services erreicht.

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Die Kundinnen und Kunden der Deutschen Bank exklusiv ansprechen zu können, blieb zuletzt der Zurich vorbehalten. Die Postbank vertreibt zudem Restschuld- und Lebensversicherungen der Talanx-Tochter BP. Doch diese Exklusivverträge laufen zum Jahresende 2022 aus. Von 2023 bis 2032 sollen neue Kooperativ-Verträge ausgeschrieben werden. Und das weckt Begehrlichkeiten bei großen Namen der Branche.

Zwei Runden, drei Module

Wie der Versicherungsbote aus Verhandlungskreisen erfuhr, hat die Deutsche Bank aktuell drei Module für den Versicherungsvertrieb ausgeschrieben:

  • Restkreditversicherung inklusive Baufinanzierung,
  • das Vorsorgegeschäft mit Lebens-, Kranken- und Unfallversicherungen sowie
  • als dritten Baustein das Privathaftpflicht- und Sachgeschäft.

Die Kooperationen sollen hierbei in einem zweiphasigen Prozess entschieden werden, wobei sich die Versicherer mit ihren Konzepten bewerben müssen - und im Gegenzug darstellen, wie weit sie den Wünschen und Bedürfnissen der Deutschen Bank entgegenkommen wollen.

Vorstellen kann man sich das als eine Art Casting. Die Versicherer bewerben sich mit ihren Konzepten und Produkten - und artikulieren, weshalb die Deutsche Bank sowie deren Kundinnen und Kunden ausgerechnet von ihnen profitieren sollen. Doch damit nicht genug. Es geht auch um Geld, das die Versicherer an das Frankfurter Bankhaus zu zahlen bereit sind. Geld, das die Deutsche Bank gerade dringend benötigt. Schon vor der Coronakrise bewegte sich das Haus im Dauerkrisen-Modus, machte im Geschäftsjahr 2019 rund 5,3 Milliarden Euro Verlust. Es war das fünfte Jahr infolge, dass die Bank rote Zahlen schrieb.

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Vier Versicherer noch im Rennen

Die erste Phase der Bewerbung soll nun abgeschlossen sein, so berichten Verhandlungskreise der Deutschen Bank gegenüber dem Versicherungsboten. Auch die Süddeutsche Zeitung schreibt am Mittwoch über die Gespräche. Im Rennen seien neben der Zurich weitere große Namen: die Talanx, alte Partnerin der Postbank. BNP Cardif, Versicherer der französischen Großbank BNP Paribas und Experte für Restkredit-, Zahlungsausfall- und Reparaturkostenversicherungen. Und die Allianz, Europas größter Versicherer. Sie alle lehnen eine Stellungnahme ab.

Entscheidung noch nicht gefallen, aber...

Eine unterschriftsreife Entscheidung sei noch nicht gefallen, so heißt es aus Verhandlungskreisen. Aber Manfred Knof, Chef des Privatkunden-Geschäfts, soll sich bereits für zwei Versicherer entschieden haben. Allerdings mit dem Vorbehalt, dass er von den Anbietern Nachbesserungen verlangt - und damit eventuell doch einer der Unterlegenen wieder ins Boot kommen könnte, wenn die Favoriten nicht liefern.

Einer der Versicherer ist erneut die Zurich. Am 13. März habe der Versicherer ein schriftliches Angebot für alle drei ausgeschriebenen Module unterbreitet. In verschiedenen Workshops sowie schriftlichen Frageprozessen mit der Deutschen Bank seien diese Offerten dann vertieft und detailliert erläutert wurden, berichten die Verhandlungskreise. Dabei sei ersichtlich geworden, dass gewisse Anpassungen gewünscht und erforderlich seien, um sich in den entsprechenden Modulen doch durchsetzen zu können.

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Zurich: im Sach- und Vorsorgegeschäft die Nase vorn

Konkret soll die Zurich in den beiden Modulen "Vorsorgegeschäft" und "Sachversicherung" die Nase vorn haben. Aber die Deutsche Bank hätte den Versicherer dazu gedrängt, das Angebot zu überarbeiten und aufzubessern. Diese überarbeitete Version sei am 14. Mai 2020 im Rahmen einer Management-Präsentation vorgestellt worden.

Unter anderem habe die Deutsche Bank darauf gedrängt, dass die Zurich mehr Geld für die noch laufende Partnerschaft in den Jahren 2020-2022 zahlen soll: 300 Millionen Euro statt der bisher vereinbarten 250 Millionen. Darüber hinaus soll der Versicherer bestehende Restkredit-Policen der Postbank vom bisherigen Kooperationspartner Talanx übernehmen: sowohl IT-systemseitig als auch rechtlich.

Als dritten Punkt soll die Zurich in der Lebensversicherung mehr klassische Einmalbeitrags-Tarife bereitstellen: Hier verlangt die Deutsche Bank auch Einfluss auf die Produkte. Nicht von ungefähr, entfällt doch mittlerweile ein Großteil des Neugeschäfts in Leben auf diese Policen, während das Geschäft gegen laufenden Beitrag stagniert. Während die deutschen Lebensversicherer 2019 im Neugeschäft insgesamt um 41,4 Milliarden Euro Bruttobeitrag wachsen konnten, entfielen nach Branchenzahlen allein knapp 37 Milliarden Euro auf den Einmalbeitrag.

Doch das Einmalbeitrags-Geschäft ist nicht unumstritten. Oft zahlt der Versicherte bei diesen Verträgen bereits im Alter einen einmaligen Beitrag in einen Vertrag ein, der dann in eine lebenslange Sofortrente übersetzt wird. Unter anderem besteht der Verdacht, dass diese Policen von den langjährigen Bestandskunden mit laufenden Beiträgen unfreiwillig querfinanziert werden, damit der Versicherer den angehenden Rentnerinnen und Rentnern gute Konditionen bieten kann.

Talanx bei Restschuld-Policen wohl ebenfalls weiter mit im Boot

Laut Süddeutscher Zeitung soll ebenfalls die Talanx weiter mit im Boot sein. Die Hannoveraner sollen beim Modul der Restschuld-Versicherungen die Nase vorn haben und hierfür eine Sonderzahlung von 110 Millionen Euro in Aussicht stellen - neben ohnehin laufenden Provisionseinnahmen der Bank von rund 800 Millionen Euro in zehn Jahren.

Doch auch die Restschuldversicherung ist in ihrer jetzigen Form höchst umstritten, sowohl die Bundesregierung als auch die Finanzaufsichtsbehörde BaFin streben einen Provisionsdeckel für diese Verträge an. Nicht von ungefähr: Eigentlich sollen Verbraucherinnen und Verbraucher mit diesen Policen Kreditzahlungen absichern, wenn ein Hauptverdiener in der Familie erwerbsunfähig wird, seine Arbeit verliert oder gar stirbt.

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Doch die Restschuld-Verträge selbst entpuppen sich oft als Schuldenfalle. Das liegt auch an horrend hohen Provisionen von bis zu 70 Prozent der Beitragssumme, wie eine Marktuntersuchung der BaFin gezeigt hat. Angestrebt wird nun ein gesetzlicher Provisionsdeckel von 2,5 Prozent Abschlussprovision auf den Bruttobeitrag, sodass die Cash-Kuh Restschuld zunächst beiden Parteien weniger einbringen würde (der Versicherungsbote berichtete).

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