Die Corona-Krise als „unabwendbares“ Ereignis für Kurzarbeit

In Zeiten der Corona-Krise steht für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Arbeit still. Müssen doch Betriebe und Unternehmen schließen oder ihr Geschäft auf das Notwendigste zurückfahren. Das Dienstleistungs- und Gaststättengewerbe ruht, der Einzelhandel ist stark eingeschränkt, Aufträge brechen weg. Für viele Betroffene bedeutet die jetzige Situation: Gehaltseinbußen und Kurzarbeit – und damit Kurzarbeitergeld als Ausgleichsleistung durch die Arbeitslosenversicherung.

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Kurzarbeitergeld wird – gemäß Paragraph 95 des Dritten Sozialgesetzbuchs (SGB III) – dann gewährt, wenn "ein erheblicher Arbeitsausfall“ zum Verlust von Einkommen führt. Laut Paragraph 96 SGB III trifft dies auch bei „unabwendbaren Ereignissen“ zu, die durch behördliche Maßnahmen verursacht und außerdem vom Arbeitgeber nicht zu vertreten sind. Die Corona-Krise ist beispielhaft für ein solches „unabwendbares“ Ereignis. In Zeiten der Krise wird also Kurzarbeitergeld für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Realität. Und manche der Betroffenen sitzen sogar komplett zuhause und gehen momentan gar nicht ihrer beruflichen Tätigkeit nach.

Soll Kurzarbeitergeld Auswirkungen der Corona-Krise abmildern, muss der Arbeitgeber den Arbeitsausfall zunächst der Agentur für Arbeit anzeigen. Zudem müssen mindestens ein Drittel der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall betroffen sein. Die Bedingung trifft auch dann zu, sobald ein Arbeitgeber nur einen Angestellten hat und sobald dieser sich in Kurzarbeit befindet. Definiert doch Paragraph 97 SGB III: Die betrieblichen Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld sind erfüllt, wenn „in dem Betrieb mindestens eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer beschäftigt ist".

Arbeitslosenversicherung leistet auch bei „Kurzarbeit Null“

Eingebüßt werden müssen zudem mehr als 10 Prozent des monatlichen Bruttoentgelts. Jedoch leistet die Arbeitslosenversicherung auch, sobald das Einkommen ganz wegfällt – zum Beispiel durch die so genannte „Kurzarbeit Null“, die laut Deutschem Gewerkschaftsbund derzeit viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bedroht (siehe die Stellungnahme des DGB zum Sozialschutz-Paket der Bundesregierung).

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Nach Maßgabe von Paragraph 105 des Dritten Sozialgesetzbuchs erhält ein Arbeitnehmer mit Kind dann 67 Prozent des Nettolohns, der ihm innerhalb des Zeitraums der Kurzarbeit entgangen ist. Kinderlose hingegen erhalten 60 Prozent des Nettolohns, der ihnen entgangen ist. Die Bezugsdauer für Kurzarbeitergeld beträgt längstens zwölf Monate.

Nebenverdienst: reduziert normalerweise Kurzarbeitergeld

Normalerweise gilt: Verdienen Angestellte während der Zeit der Kurzarbeit hinzu – zum Beispiel durch eine Nebenbeschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit –, reduziert sich das Kurzarbeitergeld. Bedingungen definiert Paragraph 106 SGB III: Dieser dient der Berechnung der so genannten „Nettoentgeltdifferenz“ – des Werts, auf den die Prozente gezahlt werden. Denn der Hinzuverdienst wird bei dem so genannten „Ist-Entgelt“ – dem während der Kurzarbeit erzielten Einkommen – angerechnet. Damit reduziert sich die Differenz zum Soll-Entgelt – und damit die Differenz zu jenem Verdienst, der normalerweise ohne Arbeitsausfall durch den Arbeitnehmer erzielt werden würde. Und auf just jene nun um den Hinzuverdienst reduzierte Differenz werden dann die 67 Prozent oder 60 Prozent Kurzarbeitergeld gezahlt.

Ausnahmeregelung: Greift nur bis zur Höhe des Lohns ohne Arbeitsausfall

Jedoch wurde nun durch die Bundesregierung eine Ausnahmeregelung – übergangsweise für die Zeit der Corona-Krise – geschaffen. Möglich gemacht wird die neue Regelung durch Paragraph 421c SGB III – einer „vorübergehenden Sonderregelung im Zusammenhang mit Kurzarbeit“, die im Zuge des „Gesetzes für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung“ aufgrund der Corona-Krise am 27. März diesen Jahres durch den Bundestag beschlossen wurde.

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Demnach entfällt bis zum 31. Oktober 2020 die Anrechnung von Entgelt, sobald die Nebentätigkeit in einem Bereich erfolgt, der während der Corona-Krise „systemrelevant“ ist: etwa in der Pflege oder im Gesundheitswesen. Freilich trifft dies nur zu, wenn die Summe aus

  • a) Einkommen des Hauptberufs und
  • b) Kurzarbeitergeld sowie
  • c) Hinzuverdienst durch die Nebentätigkeit

jenes reguläre Einkommen nicht übersteigt, das hauptberuflich ohne Kurzarbeit erzielt werden würde. In der Summe darf also durch den Hinzuverdienst nicht mehr verdient werden als in Zeiten ohne Kurzarbeit durch das Haupteinkommen. Sobald diese Bedingung erfüllt ist, kann der komplette Hinzuverdienst aus der Nebentätigkeit behalten werden: Er wirkt sich nicht mindernd auf das Kurzarbeitergeld aus.

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Die Regel als Aufruf zu Nebentätigkeiten: Die Krise braucht Arbeitskräfte

Die Ausnahmeregelung begründet sich durch die Überlegung der Bundesregierung, dass zwar a) viele Menschen nun kürzere Arbeitszeiten und Lohnwegfall hinnehmen müssen, es b) aber gerade in den systemrelevanten Bereichen während der Krise einen Mangel an Arbeitskräften und an Helfenden geben dürfte. Demnach soll die neue Regelung dazu motivieren, Nebentätigkeiten in jenen Bereichen während der Krise aufzunehmen, die dringend Arbeitskräfte benötigen. Auch sollen jene, die bereits solche Tätigkeiten ausüben, nicht durch weniger Kurzarbeitergeld bestraft werden. Die Übergangsregelung ist Bestandteil des„Sozialschutz-Pakets“ der Bundesregierung als gesetzgeberische Maßnahme in der aktuellen Krisensituation.

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