Der Zweitmarkt-Anbieter Policen Direkt hat die aktuellen Standmitteilungen klassischer Lebensversicherungen unter die Lupe genommen. Dabei hat das Frankfurter Unternehmen zum zweiten Mal die Neuregelung nach § 155 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) berücksichtigt. Seit dem 1. Juli 2018 müssen die Versicherer ihre Kunden umfassender informieren, was der Altersvorsorge-Vertrag wert ist: mindestens einmal pro Jahr.

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Die Studienmacher haben als Fazit durchaus Positives zu berichten: Sämtliche Lebensversicherer haben seit der Neuregelung ihre Standmitteilungen überarbeitet. Sie seien nun teils deutlich verständlicher und bieten mehr Informationen. Auch die neuen Gesetzesvorschriften seien weitgehend umgesetzt worden. Nach wie vor gäbe es jedoch noch große Qualitätsunterschiede. So zeigte sich beispielsweise, dass einige Gesellschaften ihrer gesetzlichen Veröffentlichungspflicht zwar nachkämen, aber von weiteren sinnvollen Angaben für die Bewertung absehen würden. „Die neuen Vorschriften haben nicht zu einem einheitlichen Standard geführt, weil die Angabe weiterer wichtiger Informationen und deren Darstellung weiter im Ermessen der Versicherer liegen“, resümiert Henning Kühl, Chefaktuar von Policen Direkt und Versicherungsmathematiker (DAV).

Während einige Versicherer die neue Verordnung für weitreichende Verbesserungen der Schreiben genutzt hätten, informierten andere Versicherer weiterhin nicht so umfangreich und verständlich. Vor allem Kunden mit älteren Verträgen würden dadurch oft deutlich weniger von der Überarbeitung profitieren.

Auch große Versicherer scheitern an Mindestanforderungen knapp

Immerhin 66 von 78 untersuchten Lebensversicherern erfüllten die geltenden Mindestanforderungen komplett. Davon erhielten 23 Unternehmen die volle Punktzahl. Darunter befindet sich auch die Proxalto - die ehemalige Generali Leben.Beim Blick auf die einzelnen Anbieter fällt auf, dass laut Studie auch größere Versicherer die Mindestanforderungen nicht ganz erfüllen. So scheitert beispielsweise die AachenMünchener Leben mit einem Marktanteil von 5,79 Prozent zwar nur knapp und erreicht 50 von 55 möglichen Punkten in dieser Teilkategorie. Hier bemängelt das Analysehaus, dass die Beträge, mit denen der Kunde an den Bewertungsreserven beteiligt wird, teils gesucht oder gar selbst errechnet werden müssen.

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Der Versicherer Münchener Verein erreicht bei den Mindestanforderungen nur 10 von 55 möglichen Punkten. Die Studienmacher bemängeln hier unter anderem fehlende Transparenz bei der Todesfallleistung, beim Auszahlbetrag, wenn der Vertrag vorzeitig gekündigt wird, sowie hinsichtlich der garantierten Aufbauleistung bei Beitragsfreistellung.

Lebensversicherer mit Top-Standmitteilungen

Die Frage, ob die Versicherer die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllen, war jedoch nur eine Kategorie für die Beurteilung der Standmitteilungen, wenn auch mit 55 Wertungspunkten die umfassendste. Darüber hinaus nahm die Studie drei weitere Kategorien in den Blick. Der zweite Bereich, der mit 30 Wertungspunkten gewichtet wurde, umfasst „wichtige optionale Angaben in den Infobriefen“. Diese Angaben seien freiwillig: Doch Aktuar Henning Kühl hält sie für wichtig, um sich ein genaueres Bild von der Altersvorsorge zu machen. „Die gesetzlichen Anforderungen sind dringend und wichtig, reichen aber noch nicht aus. Um die Qualität und die Entwicklung der Altersvorsorge beurteilen zu können, braucht es zusätzliche Angaben“, kommentiert Kühl.

Bei den optionalen Angaben eingerechnet wird zum Beispiel, ob der aktuelle Rückkaufswert des Vertrages bei Kündigung transparent mit den Einzelwerten ausgewiesen wird: also Einzelwerte wie garantierter Wert, garantierte Überschüsse, Schlussüberschüsse (falls vorhanden) und Beteiligung an den Bewertungsreserven.

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Allgemeine Infos und Verständlichkeit

Ein dritter Wertungsbereich umfasst weitere optionale Angaben, die unter „Bonus“ zusammengefasst werden. Hier werden zum Beispiel allgemeine Vertragsdaten positiv gewertet, etwa, ob alle versicherten und mitversicherten Personen inklusive Geburtsdaten in den Standmitteilungen genannt werden. Auch Informationen über die Versicherungssumme, den Beitrag und deren Zahlweise, den Vertragsbeginn und den Vertragsablauf der Police, zu möglichen Teilzahlungen und dem Rückkaufswert der Zusatzversicherungen bringen Extras. Nicht in die Wertung direkt ein floss die dritte Kategorie: die Verständlichkeit der Standmitteilungen. Hier wurde zum Beispiel untersucht, ob die Texte klar und verständlich sind oder auf viel „Versicherungssprech“ zurückgreifen, ob die Vertragswerte übersichtlich dargestellt sind und ob es ein Glossar gibt, das wichtige Begriffe erläutert.

Concordia Oeco hat transparenteste Standmitteilungen

Lediglich vier Anbieter konnten eine dreistellige Punktzahl erzielen: die Concordia Oeco Lebensversicherung AG wird Testsieger mit 105 Punkten. Dahinter platzieren sich Cosmos Lebensversicherung, Provinzial Leben Hannover und Victoria Leben mit immer noch 100 Punkten. Ebenfalls sehr gut mit 97,5 erzielten Punkten schloss die Öffentliche Lebensversicherung Sachsen-Anhalt ab. Immerhin noch 95 Punkte erhielten Alte Leipziger, Mecklenburgische Lebensversicherung und Proxalto Lebensversicherung. Doch wo Gewinner, da sind meist auch Verlierer. Die wenigsten Punkte im Ranking erzielten Münchener Verein (22,5) und die Generali-Tochter Dialog Leben (40,0). Ebenfalls überschaubare Ergebnisse haben Heidelberger Lebensversicherung (50,0), Ideal Lebensversicherung (57,5) und LVM Lebensversicherung (57,5). Die Transparenzstudie mit den Einzelergebnissen ist auf der Webseite von Policen Direkt einsehbar.

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Erstmals hat Policen Direkt auch untersucht, ob Lebensversicherer ihre Kunden mit den jährlich verschickten Dokumenten gesetzeskonform darüber informieren, wie sie an den Überschüssen beteiligt werden. Laut Mindestzuführungsverordnung (MindZV) §15 sind die Versicherungsnehmer auf diese Veröffentlichung der Ertragsquellen unter Angabe der Fundstelle hinzuweisen. Von den 78 Gesellschaften kämen immerhin 64 Unternehmen dieser Pflicht tadellos nach. Bei 14 Versicherern seien Mängel festzustellen. In einigen Fällen werde der Hinweis auf der Standmitteilung nicht korrigiert, wenn beispielsweise die Website überarbeitet wird. „Hier entsteht der Eindruck, dass einzelne Versicherer diese Pflicht mehr als unverbindliche Empfehlung sehen. Möglicherweise geschieht dies in der Annahme, dass Verbraucher diese Informationen ohnehin nicht abrufen.“, erklärt Kühl.

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