Jeder dritte Makler beabsichtigt in den nächsten fünf Jahren, seine Geschäftstätigkeit einzustellen, so berichtet AMC in einem Pressetext: Das hat eine Studie zur Bestandsnachfolge aus dem Hause Policen Direkt gezeigt, auch wenn die Quelle ungenannt bleibt. Was allerdings nicht bedeutet, dass sich diese Makler auch von ihren Beständen trennen wollen und ihren Kundenschatz an den Nachwuchs weiterreichen. Viele behalten den Kundenstamm einfach, sitzen das Thema Nachfolge aus — und lassen die Verträge weiterlaufen.

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Unbetreute Bestände — auch für Versicherer ein Problem

Dr. Frank Kersten, AMC-Geschäftsführer.amc-forum.deFolge dieser Entwicklung ist, dass immer mehr Kunden nicht mehr aktiv betreut werden: ein Problem für die gesamte Branche, Versicherer wie Vermittler. „Die Zahl der faktisch unbetreuten Kunden wächst rasant. In Zeiten von konsequenter Kundenorientierung ist das ein Riesenproblem. Und wird spätestens in einigen Jahren vielen Versicherern auf die Füße fallen“, kommentiert Frank Kersten, Geschäftsführer von AMC.

Versicherungsmakler Jens-Robert Hielscher aus Münster ergänzt: „Die Zahl der Vermittler nimmt kontinuierlich ab. Es fehlt der Nachwuchs und die Makler gehen nicht in den Ruhestand, weil der größte Teil von ihnen das Problem des Älterwerdens aussitzt“. Ältere Makler würden aber oft nur noch jene Kundinnen und Kunden betreuen, zu denen sie persönlichen Kontakt pflegen oder die sich aktiv melden. „Die schweigende Masse wird nicht aktiv angesprochen. Schließlich wollen die Makler auch nicht mehr so viel arbeiten wie früher“, so Hielscher.

Weil aber das Gros der Versicherten sich nicht aktiv um ihre Verträge kümmere, werde der vorhandene Schutz auch nicht an die sich ändernde Lebenssituation angepasst: zum Beispiel, wenn das Gehalt steigt, Kinder geboren werden, neue Anschaffungen getätigt etc. Somit wachse das Problem der unbetreuten Kundinnen und Kunden von Jahr zu Jahr.

Versicherern sind Hände gebunden

Den Versicherern aber sind bei diesem Problem weitestgehend die Hände gebunden: die wenigsten packen das Problem aktiv an, wie Frank Kersten beobachtet. So habe eine nicht repräsentative Umfrage unter 19 Assekuranzen ergeben, dass nur ein Anbieter plant, Maklern freie Kundenbestände anzubieten. Und nur jedes fünfte Unternehmen suche für unbetreute Maklerbestände neue Vertriebspartner. „Das zeigt, dass für das Thema „“unbetreuter Bestand“ in den Unternehmen sowohl das Bewusstsein als auch passende Prozesse zu entwickeln sind“, sagt Kersten.

Die Makler aber sind Sachverwalter des Kunden und überwiegend als selbstständige Kaufmänner bzw. -frauen tätig. Soll heißen, die Versicherer dürfen gar nicht direkt Einfluss auf Makler nehmen, sie vielleicht sogar in Abhängigkeit treiben: auch deshalb ist der Einfluss hier sehr begrenzt.

Makler haben Betreuungspflichten

Jens-Robert Hielscher, Versicherungsmakler aus Münster.amc-forum.de Was im Pressetext von AMC nicht angesprochen wird: Ältere Makler müssen Haftungsfallen fürchten, wenn sie ihren Bestand behalten, die Kundinnen und Kunden aber nicht mehr aktiv begleiten. Denn Weiterbildungs- und Betreuungspflichten bleiben bestehen.

Das IDD-Umsetzungsgesetz und die überarbeitete Vermittlerverordnung (VersVermV) haben diese Situation eher verschärft. Sie schreiben unter anderem vor, dass sich Makler nun noch intensiver mit den Themen Beschwerdemanagement und Geschäftsorganisation beschäftigen müssen (der Versicherungsbote berichtete).

Zwar müssen Makler ihren Mandanten kein Jahresgespräch anbieten und auch nicht ständig und ungefragt den Bestand betreuen, wie das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) mit einem Urteil 2016 hervorhob. Sehr wohl aber, so betonten die Richter, müssten sie als Sachverwalter des Kunden bereits abgeschlossene Verträge auf erforderliche Anpassungen hin beobachten, die vereinbarte Versicherungssumme auf ihre Angemessenheit hin überprüfen und gegebenenfalls auf Änderungen des Versicherungsschutzes drängen (Urteil vom 08.06.2016, Az.: 4 U 223/15).

Weitere Pflichten können laut Bundesgerichtshof aus dem Maklervertrag resultieren, etwa wenn dort festgeschrieben ist, dass der Makler auch Schäden mit betreut und dann versäumte, den Kunden rechtzeitig über eine Meldefrist zu informieren. Auch hier haftet der Makler, wenn ein Versicherer sich wegen der verspäteten Meldung querstellt (Urteil vom 30.11.2017, Az.: I ZR 143/16). Einen Bestand einfach auslaufen lassen und nicht weiter zu betreuen, ist folglich nicht zu empfehlen.

Makler scheuen Aufwand

Warum aber kümmern sich die Senioren dann nicht rechtzeitig um ihre Nachfolge? Jens-Robert Hielscher erklärt: „Sicherlich scheuen die verkaufswilligen älteren Makler auch den Aufwand, der mit einer Bestandsübertragung zusammenhängt. Zunächst ist das Thema Datenschutz ein Hemmnis, denn schließlich geht es um sensible Daten. Aber auch technisch ist eine Bestands-Übertragung trotz bestehender Normen ein großes Problem. Jeder Versicherer geht anders mit der Technik um. Beim übernehmenden Makler entsteht ein Datenwildwuchs, der durch mühsame Nacharbeit in Form gebracht werden muss.“

Dies erfordert eine umfangreiche Vorarbeit und teils auch Nachbetreuung für die angehenden Ruheständler: ein Aufwand, den viele scheuen. Pools und Verbände könnten hier aber Unterstützung leisten, sowohl technisch als auch finanziell, ergänzt Frank Kersten.

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Das Problem faktisch unbetreuter Kunden soll nun beim AMC-Thementag „Bestandsübertragung und Nachfolge im Maklermarkt“ am 19.02.2020 in Münster debattiert werden (Anmeldung hier). Eingeladen seien sämtliche Marktteilnehmer zum Thema: Makler, Versicherer, Pools, Berater und technische Anbieter.