Holger Badstuber war eines der größten deutschen Abwehrtalente, bis ihn das Verletzungspech dauerhaft zurückwarf: immer wieder fiel er monatelang aus, teils ganze Spielzeiten. Allein in den letzten fünf Jahren galt er 650 Tage als verletzt. An alte Leistungen konnte der 31fache Nationalspieler danach nicht mehr anknüpfen. Selbst beim VFB Stuttgart, der aktuell in der 2. Bundesliga kickt, hat er keinen Stammplatz.

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Doch nun könnte Badstuber etwas Beachtliches gelingen: wenn auch abseits des Rasens. Er könnte die privaten Krankenversicherer dazu zwingen eine Klausel zu streichen, die bei vielen Anbietern noch in Krankentagegeld-Policen steht. Wie die TZ München berichtet, zeichnet sich nämlich ein Erfolg Badstubers im Rechtsstreit mit seinem privaten Krankentagegeld-Versicherer ab.

27 Tage trotz Verletzung im Ausland

Konkret hat Badstuber die Deutsche Krankenversicherung Aktiengesellschaft (DKV) verklagt. Demnach will die Ergo-Tochter für die Zeit, in der sich der Fußballer verletzt im Ausland aufhielt, kein Krankentagegeld zahlen. Gestritten wird über insgesamt 28.575 Euro, die Badstuber nun nachträglich einfordert (der Versicherungsbote berichtete).

Holger Badstuber bei einer Pressekonferenz des VFB Stuttgart (Archivbild)VFB StuttgartDer Versicherer beruft sich auf eine Klausel in Badstubers Vertrag. Demnach bestehe kein Anspruch auf Krankentagegeld, „wenn sich der Versicherte im Ausland befindet“. Insgesamt 27 Tage weilte der Profi aber in den Jahren 2014 und 2016 außerhalb Deutschlands, als er noch beim FC Bayern unter Vertrag war und nicht auf dem Platz stehen konnte. Teils war der gebürtige Emmener über Silvester verreist.

Der Anwalt Badstubers hatte argumentiert, dass die Auslandsklausel seinen Mandanten grob benachteilige. Und eigentlich deuteten die Vorzeichen auf einen Sieg des Versicherers hin. Formal gibt es nichts zu beanstanden: Vertrag ist Vertrag. Auch viele andere PKV-Anbieter haben derartige Klauseln festgeschrieben.

Klausel veraltet?

Wie nun aber die TZ schreibt, deutet plötzlich vieles auf einen Triumph Badstubers hin. Die Auslandsklausel stammt nämlich noch aus den 80er Jahren: einer Zeit also, als es noch keine Smartphones gab und die Versicherten schwer im Ausland zu erreichen waren. Das aber hat sich bekanntlich geändert: In vielen Staaten sollte es kein Problem darstellen, den Betroffenen zu kontaktieren.

Hier habe die Vorsitzende Richterin vom Landgericht München deutlich gemacht, dass sie die Klausel schlicht für veraltet halte. „Das Konstrukt ist überholt“, wird sie von der TZ zitiert. Im Detail geht es um die Forderung, dass sich ein Versicherter nach Anruf binnen drei Tagen bei einem Arzt untersuchen lassen müsse, wenn der Versicherer Zweifel am Fortbestand der Verletzung oder einer Krankheit habe. Heute sei dies leicht zu gewährleisten.

Mit Gips zu den Eltern

Eine lang übliche PKV-Vertragsklausel könnte nun also zu Fall kommen, auch wenn der Urteilsspruch sehr wahrscheinlich noch vom Versicherer vor weiteren Instanzen angefochten werden kann. Auch ist es noch möglich, dass sich Profi und Versicherer auf einen Vergleich einigen. Die Richterin nannte jedoch laut dem Münchener Boulevardblatt ein weiteres Beispiel, das beweist, wie unzeitgemäß die Klausel ist:

Wenn sich eine Sekretärin die Hand bricht und sechs Wochen einen Gips tragen muss, könne sie trotz Krankschreibung für ein paar Tage in die Schweiz fahren, um dort ihre Eltern zu besuchen. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb sie in dieser Zeit kein Krankentagegeld bekommen soll. Es ist ein Urteil, das auch für andere Versicherte relevant sein dürfte: Viele könnten nachträglich Krankentagegeld für Auslandsaufenthalte verlangen, wenn sich Badstuber durchsetzt.

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Auch im Fall von Holger Badstuber habe laut Richterin kein Zweifel an der Verletzung bestanden. Es sei klar gewesen, dass er im besagten Zeitraum nicht habe Fußball spielen können, auch ein ärztliches Attest habe vorgelegen. Beim ersten Auslands-Aufenthalt 2014 fehlte er aufgrund eines Sehnenrisses, beim zweiten im Jahr 2016 aufgrund einer Sprunggelenksverletzung. Laut TZ hat die DKV aber zwischenzeitlich tatsächlich in Zweifel gezogen, dass der Profi verletzt gewesen sei: auch wenn er beim FC Bayern weder auf dem Platz stand noch auf der Bank saß.

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