Die Zahl der deutschen Lebensversicherer, die sich aktuell aufgrund einer schwierigen Finanzsituation in enger Manndeckung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) befinden, hat sich wieder reduziert. Das berichtet Frank Grund, Chefaufseher für Versicherungen und Pensionsfonds bei der Aufsichtsbehörde, im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“.

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Aktuell 20 Lebensversicherer in Manndeckung der BaFin

In Zahlen: Waren im Herbst 2018 noch 34 Versicherer unter intensivierter Aufsicht, so sind es jetzt noch 20. Hierbei handelt es sich in der Regel um Gesellschaften, die auf Übergangshilfen angewiesen sind oder waren, um ausreichend solvent zu sein. Zum Beispiel dürfen sie Anleihen höher bewerten, wenn sie nur vorübergehend an Wert verlieren, etwa weil sie zu einem festen Wert später wieder verkauft werden. Ein solcher Schritt muss bei der BaFin beantragt werden.

Im Gegenzug müssen die Versicherer der BaFin einen Aktionsplan vorlegen, wie sie ihre Finanzstärke dauerhaft verbessern können. Die Aufsichtsbehörde prüft den Erfolg — und kann Korrekturen verlangen. Auch für die Sparerinnen und Sparer bedeutet eine schwache Solvenz oft nichts Gutes. Auf Antrag der BaFin ist es Versicherern gestattet, bei Problemen die gesetzlich vorgeschriebene Überschussbeteiligung zu kürzen, wenn die Verträge ablaufen (der Versicherungsbote berichtete).

Im Vorjahr 2018 konnten die Versicherer ihre Solvenz deutlich verbessern. Im Schnitt erreichten sie eine SCR- bzw. Solvenzquote von 491 Prozent: ein Plus von 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Solvenzquoten bilden eine Art Kapitalpuffer der Lebensversicherer ab: Sie sollen darstellen, ob die Versicherer ihre Garantien gegenüber Kundinnen und Kunden auch dann noch bedienen können, wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verschlechtern: etwa bei einer neuerlichen Finanzkrise, einem Massenstorno von Verträgen oder Kursstürzen an der Börse. Eine Quote unter 100 Prozent wird hierbei als kritisch bewertet.

Niedrigzins könnte Lebensversicherer in Probleme bringen

Auf dem Papier stehen die deutschen Lebensversicherer aktuell gut da. Grundsätzlich warnt Grund in dem Interview, dass sich die Situation der Gesellschaften auch wieder verschlechtern könne und mehr Anbieter Probleme bekommen. Ursache hierfür sind die anhaltend niedrigen Zinsen.

“Derzeit erleben wir den historisch niedrigsten Stand der Zinskurve, die für die Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen in der Lebensversicherung maßgeblich ist", sagte Grund. Niedrige Zinsen bedeuten, dass die Anbieter weit mehr Geld zurücklegen müssen, um die Pflichten gegenüber den Sparern langfristig zu erfüllen — sie erhalten schlicht weniger Rendite auf ihre angelegten Kundengelder.

Folglich können auch mehr Lebensversicherer wieder in Manndeckung der BaFin geraten. Anfang August mussten sie neue Berichte vorlegen, wie sich der Niedrigzins auf ihre finanzielle Stabilität auswirkt. „Wenn es im August entsprechende Informationen geben sollte, dass wir deutliche Veränderungen sehen, kann es auch sein, dass die Zahl wieder nach oben geht", sagte Grund der „Süddeutschen“.

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Eine Ursache, weshalb die deutschen Lebensversicherer im letzten Jahr besser dastanden als im Jahr zuvor, war auch ein politischer Eingriff: Sie müssen weniger Geld für die sogenannte Zinszusatzreserve (ZZR) zurücklegen. Auch dieser 2011 eingeführte Sicherheitspuffer soll dazu beitragen, dass die Gesellschaften in schwierigen Zeiten die vergleichsweise hohen Garantien aus Altverträgen bedienen können. Die Bundesregierung hat hier die Rechenformel korrigiert und die Versicherer deutlich entlastet. Statt ursprünglich 18 Milliarden Euro mussten sie 2018 nur 6 Milliarden Euro dieser Reserve zuführen (der Versicherungsbote berichtete).

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