Gerd Kemnitz: Jeder Vermittler sollte darüber aufklären, dass der in den BU-Bedingungen verwendete Begriff der Berufsunfähigkeit nicht mit dem Begriff der Berufsunfähigkeit im Sinne einer Krankentagegeldversicherung übereinstimmt.

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Deshalb kann es passieren, dass ein KTG-Versicherer seine Leistungen wegen Berufsunfähigkeit des Versicherten einstellt, der BU-Versicherer aber nicht bzw. noch nicht leistet, weil die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit im erforderlichen Grad noch nicht nachgewiesen ist. Der Abschluss einer KTG-Versicherung einerseits und einer BU-Versicherung andererseits garantieren leider noch keinen nahtlosen Übergang der jeweiligen Leistungen.

Erfüllt eine Krankentagegeld-Versicherung nicht eine ähnliche Funktion wie die AU-Klausel, wenn es um die Überbrückung von Zeiten bis zur Anerkennung der Berufsunfähigkeit geht? Und braucht man diesen Baustein dann überhaupt noch, wenn man Krankentagegeld bereits abgeschlossen hat?

Wenn sich der Versicherte einer KTG-Versicherung darauf verlassen könnte, dass er das Krankentagegeld bis zur Anerkennung einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit durch den BU-Versicherer erhält, könnte er vielleicht auf eine AU-Klausel verzichten. Die Praxis sieht jedoch anders aus. Der KTG-Versicherer ist aus wirtschaftlichen Gründen eher geneigt, schon beim Verdacht auf Berufsunfähigkeit seine Leistungen einzustellen. Dann ist es durchaus hilfreich, eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit AU-Klausel zu haben.

Sie beobachten als spezialisierter Fachmakler die BU-Branche seit vielen Jahren und haben wiederholt die zunehmende Berufsgruppen-Differenzierung kritisiert. Sie führt dazu, dass gerade Risikoberufe schwer oder nur teuer eine Versicherung finden. Wie ist hier die Entwicklung? Schreitet sie eher voran oder beobachten Sie ein Gegensteuern der Versicherer?

Die sozial ungerechte Berufsgruppen-Differenzierung hat seit ein paar Jahren ein derartig hohes Niveau erreicht, dass eine noch weitere Differenzierung vermutlich auch für die Versicherer unwirtschaftlich wäre. Aber ein Gegensteuern kann ich nicht beobachten.

Ich stelle nur fest, dass die Branche zunehmend versucht, unbefriedigende Notlösungen wie Erwerbsunfähigkeits- oder gar Grundfähigkeitsversicherungen schönzureden, falls eine Berufsunfähigkeitsversicherung zu teuer erscheint. Aber das ist wieder ein anderes Thema.

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Die Fragen stellte Mirko Wenig

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