Vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten, kostenloses Essen trotz gutem Gehalt, Mobile-Work – es sind solche Bedingungen, die laut Arbeitgeber-Bewertungsplattform kununu einen attraktiven Arbeitsplatz ausmachen. So wirkt das Internetportal auch jedes Jahr an einem Ranking „Deutschlands beste Arbeitgeber“ mit, das nun schon zum siebten Mal durch das Focus-Magazin in Zusammenarbeit mit dem Analysehaus Statista erstellt wurde.

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TK gewinnt Branchenwertung mit einigem Abstand

143.500 Beurteilungen sollen für diese Liste ausgewertet worden sein, hervorgehend aus einer Online-Umfrage, aus Bewertungen auf kununu sowie aus 7.000 Bewertungen des Business-Netzwerks Xing. Da Ergebnisse unterteilt in 22 Branchen ausgewiesen werden, konnte das Versicherungsjournal am Freitag letzter Woche auch „die besten Arbeitgeber der Versicherungswirtschaft“ vorstellen.

Entsprechend dem Ranking bietet Deutschlands größte gesetzliche Krankenkasse die besten Arbeitsbedingungen aus Sicht der Arbeitnehmer – erreichte doch die Techniker Krankenkasse (TK) und damit der nach vollversicherten Mitgliedern derzeit größte Krankenversicherer Deutschlands Platz eins in der Wertung der Versicherungsbranche. Auch schaffte es die TK in der branchenübergreifenden Wertung unter die "Top 100" mit einem immerhin guten 29. Platz.

Aus Branchenperspektive behauptet sich der Krankenversicherer allerdings recht einsam – ein weiteres Versicherungsunternehmen schaffte es nicht unter die ersten hundert Unternehmen der branchenübergreifenden Wertung.

Zweit- und drittplatzierter Versicherer stehen schon mit einigem Abstand zur Techniker Krankenkasse auf dem Siegertreppchen der Branchen-Wertung. Aufs Podest der Versicherungsbranche schafften es neben der TK: der Volkswohl Bund sowie die LVM. Auf Rang vier für die Versicherer hievt der Focus die AOK Hessen (und damit erneut eine gesetzliche Krankenkasse) auf einen ebenfalls guten vorderen Platz. Rang fünf der Versicherer gewinnt die Sparkassen-Tochter Provinzial Rheinland für sich.

Als Mittelständler top: Verticus

Aber auch für mittelständische Unternehmen gibt es eine eigene Wertung des Rankings, wie das Versicherungsjournal ausführt. Hier liege das Maklerunternehmen Verticus Finanzmanagement AG auf dem ersten Rang, gefolgt von der Lebensversicherung von 1871 a.G. München und dem Insurtech Getsafe Insurance GmbH. Keines dieser mittelständischen Unternehmen findet sich freilich in der „Top 15“-Liste aller Versicherer, geschweige denn in der branchenübergreifenden Top 100. Mittelständische Versicherungsunternehmen können sich demzufolge nur in der Mitte des Wertungsfeldes platzieren.

Auf dem letzten Platz: Eine Generali-Tochter

Letztplatzierte Versicherer hingegen im Ranking: die Württembergische, die Roland Rechtsschutz als Tochter der Axa und der Gothaer und – als Schlusslicht – die Generali-Tochter AachenMünchener. Ein schlechtes Abschneiden der AachenMünchener erscheint aufgrund letztjähriger Meldungen durchaus plausibel: So wurde zum einen das gänzliche Aus für die Traditionsmarke "AachenMünchener" erklärt (der Versicherungsbote berichtete), zudem mussten Mitarbeiter einen Stellenabbau befürchten – der Betriebsrat kämpfte im letzten Jahr um eine Beschäftigungsgarantie (der Versicherungsbote berichtete). Derartige Bedingungen dürften dazu geführt haben, dass sich Arbeitnehmer stiefmütterlich durch ihren Arbeitgeber behandelt fühlen, wodurch es nur wenige Punkte für das Focus-Ranking gibt.

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Verteilt wurden an ein Unternehmen je Stimmenabgabe zwischen null Punkte als schlechtester Wert und 10.000 Punkte als bester "Empfehlungswert". Je höher hierbei die durchschnittliche Endsumme, desto besser der Platz für einen Arbeitgeber im Focus-Ranking.

Zweifel an Repräsentativität der Focus-Studie

Wie aussagekräftig aber ist ein solches Ranking der besten Arbeitgeber je Branche? Fakt ist: Letztes Jahr wurde auch Kritik an der Repräsentativität der Focus-Studie laut. So äußerte der Blogger Henner Knabenreich, der in der Branche unter anderem durch Kolumnen beim Fachportal haufe.de bekannt ist, den Verdacht: Ein Unternehmen (Diringer & Scheidel) wäre im Jahr 2018 durch nur sechs Bewertungen unter die Top Ten für alle deutschen Unternehmen gelangt.

Weil es der Studie also an Repräsentativität fehle, gilt aus Sicht des Bloggers auch: Das kostenpflichtige Siegel, das aus dem Ranking hervorgeht, wäre nur eine Art Werbe-Etikett. Würden doch mitunter Unternehmen als „Top Arbeitgeber“ ausgezeichnet, die in der Vergangenheit eher durch Negativschlagzeilen in den Medien und schlechte Arbeitsbedingungen aufgefallen sind. Zumindest für solche Unternehmen stelle das Siegel folglich einen „Freibrief“ dar, um sich „eine weiße Weste“ zu kaufen.

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Das Problem fehlender Repräsentativität lässt sich auch am aktuellen Focus-Ranking veranschaulichen: 143.500 Beurteilungen erscheinen zunächst als eine solide Datenbasis. Bedenkt man aber, wie viele Unternehmen vom Focus gelistet werden mit expliziten Ergebnissen für 22 Branchen und Unterergebnissen, kann die Datenbasis für das Abschneiden eines einzelnen Unternehmens doch "dünn" sein. Das gilt es stets zu bedenken – ein Ranking wie die "Top Arbeitgeber" des Focus ersetzt nicht Befunde aus anderen Kanälen (zum Beispiel Meldungen von Betriebsräten), sondern kann nur zur groben Orientierung dienen.

Freilich zeigen die schlechten Werte für die AachenMünchener aber zugleich: Keineswegs sind die Ergebnisse des "Top Arbeitgeber"-Rankings nur reine Willkür. Denn als letztplatzierter Versicherer erscheint im diesjährigen Focus-Ranking tatsächlich ein Unternehmen, welches durch schlechte Meldungen und eine unzufriedene Belegschaft auffiel. Diese Tatsache mag zwar noch nicht für die Repräsentativität des Rankings sprechen. Zumindest aber könnten Ausführungen eines kostenpflichtigen Focus-Sonderhefts zur Studie eine Empfehlung für Arbeitgeber wie die Generali-Tochter sein...um attraktivere Arbeitsbedingungen zu gestalten.

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