Das Verlustrisiko einer fondsgebundenen Lebensversicherung tragen Versicherungsnehmer auch dann, wenn sie einen Vertrag aufgrund mangelhafter Beratung über das Widerrufsrecht erfolgreich widerrufen. Das hat erneut der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt. Der Versicherer muss nur die Abschluss- und Verwaltungskosten erstatten, nicht aber die Kursverluste. Auch einen Risikoanteil muss der Versicherer erstatten, wenn er nicht den Nachweis erbringen kann, weshalb dieser berechnet worden ist.

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Versicherung gegen Einmalbetrag verlor enorm an Wert

Im verhandelten Rechtsstreit hatte die Klägerin 2005 eine fondsgebundene Lebensversicherung gegen Einmalbeitrag abgeschlossen und 100.000 Euro darin investiert. Sie zeichnete den Vertrag nach dem sogenannten Policenmodell: Dabei wurden den Verbrauchern grob vereinfacht die notwendigen Vertragsunterlagen erst zugesendet, nachdem sie den Vertrag bereits unterschrieben hatten. Über alle drei Instanzen hinweg stand dabei außer Frage, dass die Frau gemäß § 5a VVG unzureichend über ihr Widerspruchsrecht aufgeklärt worden war. Sie durfte eine Rückabwicklung des Vertrages verlangen.

Im Jahr 2013 widerrief die Kundin ihren Vertrag und wollte ihren Einmalbeitrag zuzüglich Zinsen zurück. Denn die Lebensversicherung hatte sich verheerend entwickelt. Von den 100.000 Euro Einmalbeitrag hatte der Versicherer bereits 10.176 Euro an Abschluss- und Verwaltungskosten berechnet. So wurden ohnehin nur 89.824 Euro als Sparanteil in das Fondsdepot investiert. Doch die Frau musste auch hier herbe Verluste erleiden. Zum Zeitpunkt des Widerspruchs war der Depotwert auf 37.106 Euro gesunken.

Obwohl die Frau nachweisbar lückenhaft beraten wurde, trägt sie diese Fondsverluste selbst. Das hat nun der Bundesgerichtshof bestätigt. Dabei fällten die beiden Vorinstanzen noch Urteile, die eher zu ihrem Gunsten ausgegangen waren.

BGH kippt Urteile der Vorinstanzen

Das Landgericht Gera hatte der Klägerin in einem Urteil vom 12. Januar 2016 zunächst vollumfänglich Recht gegeben. Demnach hätte der Versicherer die eingezahlte Summe plus Zinsen komplett erstatten müssen (4 O 1317/13). Der Versicherer ging in Revision.

Differenzierter urteilte das Thüringer Oberlandesgericht in Jena. Es betonte ebenfalls, dass die Klägerin aufgrund mangelhafter Aufklärung ihren Vertrag widerrufen dürfe. Auch die Saalestädter betonten zwar, dass der Versicherer Abschluss- und Verwaltungskosten erstatten müsse. Doch die Fonds-Verluste teilte das Gericht hälftig auf Versicherer und Anlegerin auf.

Der Gang durch die Instanzen entpuppte sich für die Frau als Abwärtsspirale. Der Bundesgerichtshof entschied zwar auch, dass der Versicherer Abschluss- und Verwaltungskosten zurückerstatten muss. Aber das Fondsrisiko verortete er zu hundert Prozent auf Seiten der Kundin. Sie muss die Verluste folglich selbst tragen.

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Die Frau erhielt letztendlich 47.282 Euro zurück: den aktuellen Depotwert zum Zeitpunkt des Widerrufs und eben die Kosten für Vertragsabschluss und Verwaltung. Zusätzlich muss der Versicherer 38 Euro für einen sogenannten Risikoanteil zurückgeben. Da hatte der Versicherer schlicht nicht deutlich machen können, weshalb er diesen extra Aufschlag berechnet hatte.

Früheres Urteil des BGH bestätigt Fondsrisiko

Die Richter verwiesen im aktuellen Urteil auf einen früheren Richterspruch des BGH vom 21. März 2018 (IV ZR 353/16). Damals hatte ein Ehepaar geklagt, das 20.000 Euro in eine Fondspolice gezahlt hatte. Der Fonds war jedoch im Jahr 2010 liquidiert worden. Daraufhin kündigte der Versicherer. Begründung: Der Wert des Depots sei unter den bedingungsgemäßen Mindestdepotwert auf null Euro gesunken.

Bereits im März hatte der BGH bestätigt, dass die Versicherungsnehmer das volle Verlustrisiko tragen. Die Richter in Karlsruhe verwiesen darauf, dass sich Kunden bei fondsgebundenen Lebensversicherungen bewusst auf ein Produkt einließen, "bei dem die Höhe der Versicherungsleistung – abgesehen von der Todesfallleistung – nicht von vorneherein betragsmäßig festgelegt ist, sondern vom schwankenden Wert des Fondsguthabens abhängt." Schließlich sei die Kapitalanlage für den Versicherungsnehmer ein wesentlicher Gesichtspunkt, wenn er sich für eine solche Fondspolice entscheide. Und die sei eben mit Gewinnchancen und Verlustrisiken verbunden (der Versicherungsbote berichtete).

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Bitter im aktuellen Rechtsstreit: Die Frau muss auch die Gerichtskosten weitestgehend selbst tragen. Die Kosten des Rechtsstreit hatte die Klägerin zu 60 Prozent und der Versicherer zu 40 Prozent zu tragen. Beim Berufungs- und Revisionsverfahren wurden die Anteile auf 83 zu 17 Prozent zu Lasten der Sparerin verteilt.

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