Versicherungsvermittler stehen oft zwischen Versicherer und Verbraucher in einer Art Mittlerposition. Sie sind Stimmungsbarometer und Blitzableiter für Kund*innen, erfahren sie doch oft als erstes, wenn den Kunden etwas stört oder er einen speziellen Wunsch hat. Es kann also nicht schaden, dass die Versicherer auch die Vermittler mit einbeziehen, wenn es um die Entwicklung neuer Policen und Dienstleistungen geht.

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Das Analysehaus Franke und Bornberg hat dies aktuell getan und eine Online-Umfrage unter Vermittlern gestartet. Gefragt waren Ideen, wie die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) fit gemacht werden kann für die Zukunft. Vorgaben gab es keine, weil die Vermittler ihrer Kreativität freien Lauf lassen sollten. Von den mehr als 300 Einsendungen wurden in vier Kategorien Sieger gekürt.

Kategorie „Starter“ - BU-Anwartschaft sinnvoll?

Ein Sieger kann sich dabei über die Auszeichnung in der Kategorie „Starter“ freuen. Die Ausgangslage: Für Kund*innen kann es sich lohnen, in jungen Jahren bereits einen BU-Schutz abzuschließen. Dann nämlich haben sie in der Regel wenig Vorerkrankungen, die Police wäre vergleichsweise preiswert. Dennoch stellt sich das Problem, dass viele junge Menschen in der Zeit noch kein geregeltes Einkommen haben, so dass selbst ein preiswerter BU-Schutz das Budget belastet. Auch haben sie oft noch keinen konkreten Beruf im Blick, etwa wenn sie studieren. Das kann verhindern, eine Police abzuschließen.

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Um das Problem zu lösen, schlägt der Preisträger in der Kategorie „Starter“ eine Anwartschaft für die Teens und Twens vor. „Vielleicht wäre es interessant, wenn die jungen Kunden eine BU-Anwartschaft erwerben können. Geringer Beitrag, weil noch keine Leistung versichert ist, nur der Gesundheitszustand“, zitiert Franke und Bornberg in einem Pressetext aus der Zuschrift. Das Analysehaus spricht von einem „Anrecht auf BU-Schutz um Taschengeldtarif“. Junge Kund*innen oder deren Eltern würden dann eine Art Vorvertrag abschließen - vergleichbar mit einer Anwartschaftsversicherung zur privaten Krankenversicherung. Inhaber einer solchen Anwartschaft könnten dann später eine Annahme zu guten Konditionen sichern, indem sie keine Gesundheitsfragen beantworten müssen, wenn sie einen vollwertigen BU-Vertrag abschließen.

Wette, dass in der Frist nichts passiert

Allerdings bringt die Idee einer BU-Anwartschaft auch Probleme mit sich. Selbst bei einem Student kann beispielsweise schon eine Berufsunfähigkeit eintreten - entsprechend bieten ja auch die Versicherer Policen für diese Zielgruppe an. Tritt dann der Ernstfall ein, hätten sie keine Absicherung. Die Anwartschaft wäre aus Sicht des Verbrauchers eine Wette darauf, dass in dieser Phase nichts passiert. Denn Anspruch auf Versicherungsleistungen hätte der Anwärter nicht. Es handelt sich um eine Option, um später einfacher einen Vertrag abschließen zu können.

Ein weiteres Problem gesellt sich aus Sicht des Vertriebs hinzu. Ohnehin ist die Bereitschaft, eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen, bei jungen Menschen gering. Das zeigt der insgesamt niedrige Grad der Absicherung in Deutschland. Rechnet man alle eigenständigen Verträge der Invaliditätsabsicherung in Deutschland zusammen, einschließlich Erwerbs-, Grundfähigkeits- und Dread-Disease-Policen, bestehen laut GDV nur 4,5 Millionen Hauptverträge. Nicht einmal jeder zehnte Erwerbstätige hat einen entsprechenden Schutz.

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Würde eine Anwartschaft, die mit keiner konkreten Leistung verknüpft ist, die Abschlussbereitschaft tatsächlich erhöhen? Oder vielleicht sogar zusätzlich verkomplizieren? Es muss der Kundin oder dem Kunden ja erst einmal erläutert werden, weshalb er für einen Vertrag zahlen soll, der noch keine konkrete Leistungszusage beinhaltet. Hier sei auf einen wichtigen Unterschied zur Anwartschaft in der privaten Krankenvollversicherung hingewiesen: die Krankenvollversicherung ist eine Pflichtversicherung, eine Mitgliedschaft in der PKV wird von vielen Kunden als Privileg gesehen. Stichwort: kürzere Wartezeiten auf einen Arzttermin und potentielle Bonus-Leistungen wie beispielsweise eine Chefarztbehandlung. Das macht die Ansprache einfacher.

Anwartschaft - bei welchem Versicherer?

Darüber hinaus müsste befürchtet werden, dass einige Versicherer nachteilige Klauseln in den Anwartschaften verstecken, die es im Ernstfall erschweren, einen vollwertigen BU-Schutz zu erhalten. Hier sei daran erinnert, dass einige BU-Tarife für Schüler und Studenten bereits Klauseln enthalten, die es verhindern, ohne neue Gesundheitsprüfung in einen vollwertigen Beruf zu wechseln.

Grundsätzlich stellt sich das Problem, dass ein Versicherer, bei dem der junge Mensch eine Anwartschaft hält, für den später gewählten Beruf vielleicht gar nicht die passende Absicherung bietet: Speziell, wenn der Anwärter noch gar nicht weiß, welchen Job er einmal ergreifen will. Wettbewerber könnten für das jeweilige Berufsbild besseren und billigeren Schutz bieten. Das Modell wäre aber für solche Versicherungsnehmer geeignet, die schon wissen, was sie einmal werden wollen - aber sich aktuell keine vollwertige BU leisten können.

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"Franke und Bornberg" haben für ihren Ideenwettbewerb Preise in vier Kategorien vergeben. Über den Preisträger in der Kategorie "Zukunftsvision" berichtete der Versicherungsbote bereits Montag letzter Woche.

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