Viele Prognosen zur Zukunft der Finanzberatung folgen einer Art linearen Story, wonach die Beratung immer mehr ins Netz wandert und Sprachprogramme wie Siri und Alexa den persönlichen Vermittler ersetzbar machen, je besser sie werden. Persönliche Beratung erscheint dabei als ein Anachronismus, ein Überbleibsel aus vordigitalen Zeiten, dem schon bald der Exitus droht. Und Vermittler sind die Dinosaurier, die vom Fortschritt überrollt werden - einfach, weil Algorithmen ihre Aufgabe besser erledigen. Zuletzt ist das Analysehaus McKinsey mit einer derartigen Studie an die Öffentlichkeit getreten (der Versicherungsbote berichtete). Es sind Utopien einer Zukunft, die den Menschen eigentlich nicht mehr braucht - und aus denen eine große Fortschrittsgläubigkeit spricht.

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Andere Umfragen hingegen zeigen, dass es so einfach nicht ist und nicht sein kann. So auch eine aktuelle Digitalstudie im Auftrag der Postbank. Ausgerechnet bei den Digital Natives, also jener Generation der 18-34jährigen, die das Netz und Social Media tagtäglich mehrere Stunden nutzen, steht die persönliche Beratung hoch im Kurs. Sie wollen Ansprechpartner aus Fleisch und Blut - und nicht nur mit der smarten Sprachassistentin Alexa reden.

80 Prozent der digital Natives favorisieren Bankberatung

Einschränkend muss hierbei gesagt werden, dass die Postbank-Studie vor allem die Bankberatung im Blick hat und dabei weder die Finanzanlagenvermittler nach 34 f noch die Honorarberatung berücksichtigt. Also, wenn die Kundin oder der Kunde ganz klassisch in die Filiale gehen, um sich über Anlageprodukte beraten zu lassen. Die Postbank selbst hat hier den Rotstift angesetzt und streicht Anlaufstellen. Bis Ende des Jahres 2018 will sie jede zehnte Filiale dicht machen. „Zu unrentabel“ seien die betroffenen Standorte (der Versicherungsbote berichtete).

Doch ob Festgeldkonto, Bausparen oder Wertpapiere - der persönliche Bankberater wird laut Studie bei allen Geldanlagen bevorzugt. Satte 80 Prozent der 18-34jährigen würden eine persönliche Beratung in Anspruch nehmen, wenn sie sich über ein solches Produkt informieren wollen. Das berichtet die Postbank in einem Pressetext.

„Junge Menschen nutzen das Internet wie selbstverständlich, um sich einen Überblick über ein Thema zu verschaffen, bevorzugen bei wichtigen Entscheidungen aber den direkten Austausch mit fachlich kompetenten Personen“, kommentiert Thomas Mangel, Digitalchef der Postbank. Und er macht auf eine kleine Überraschung aufmerksam: Ausgerechnet der Generation Smartphone ist das persönliche Gespräch noch wichtiger als älteren Jahrgängen. Bei den Befragten über 35 bevorzugen demnach „nur“ 76 Prozent den persönlichen Kontakt.

Nur vier von zehn Deutschen bewerten ihr Finanzwissen mindestens als „gut"

Die Gründe, weshalb viele Deutsche auf persönlichen Kontakt nicht verzichten wollen, werden in der Studie -wie in vielen ähnlichen Untersuchungen auch- kaum beleuchtet. Weitere Ergebnisse lassen immerhin Vermutungen zu.

Nur vier von zehn Deutschen schätzen demnach ihr Finanzwissen als „gut“ oder „sehr gut“ ein. Das lässt auf einen hohen Beratungsbedarf schließen. Und grundsätzlich zeigt sich, dass die Bürger ihrer Hausbank eher vertrauen als der Finanzbranche allgemein. Während nicht einmal die Hälfte der Bürger (42 Prozent) dem Bankwesen ein hohes Vertrauen ausspricht, sind es bei der Hausbank immerhin 72 Prozent. Eine Ursache könnte sein, dass die Privatanleger bei der Bank einen regelmäßigen Ansprechpartner haben, zu dem sie bereits eine Bindung aufbauen konnten - doch das ist an dieser Stelle Spekulation.

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Kaum durchsetzen konnten sich bei den Privatpersonen bisher automatisierte Geldanlagen. Robo-Advisors werden demnach laut Umfrage nur von vier Prozent der Befragten genutzt. Aber der Trend zeigt nach oben: immerhin weitere acht Prozent können sich vorstellen, diese Technologie in den kommenden zwölf Monaten zu erproben. Grundsätzlich zeigte sich ein knappes Drittel an solchen Anlagemöglichkeiten interessiert. Für die Studie wurden 3.100 Deutsche bevölkerungsrepräsentativ befragt.

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