Der Lohnabstand zwischen Vorstandsmitgliedern und ihren Mitarbeitern ist in den letzten Jahren nahezu explodiert. Verdienten Vorstandsmitglieder im Jahr 2014 noch das 57fache wie ein durchschnittlicher Mitarbeiter des Konzerns, so war es im Jahr 2017 schon 71mal so viel. Das zeigt eine Studie des Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung (I.M.U.), das bei der Böckler-Stiftung angesiedelt ist. Die Analyse kann auf der Webseite der Stiftung heruntergeladen werden.

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Die Studienmacher haben die Vorstandsvergütungen der Dax-Konzerne ins Verhältnis zu den Durchschnittsverdiensten im jeweiligen Konzern gesetzt. Als Basis hierfür dienten die jeweiligen Geschäftsberichte der untersuchten Jahre: nicht nur die öffentlich zugänglichen Berichte, sondern auch Unterlagen, auf deren Basis der Aufsichtsrat über Vergütungen entscheiden soll. Dabei ergab die Studie, dass die Kluft zwischen Top-Managern und Durchschnittsbeschäftigten geradezu durch die Decke geht. Seit 2005 ist der Gehaltsabstand um satte 70 Prozent gewachsen.

Versicherer unter Median-Wert bei Lohnkluft

Die größte Kluft zwischen Managern und „normalen“ Angestellten besteht dabei bei der Deutschen Post: Hier verdienen Manager das 159fache eines durchschnittlichen Beschäftigten. Bei Adidas auf Rang zwei ist es immer noch das 150fache. Auf Rang drei folgt Heidelberg Cement mit einer 150fachen Kluft.

Dem entgegen fällt auf, dass bei den Versicherern ein weniger großes Lohngefälle herrscht. Die gelisteten Versicherer platzieren sich unterhalb des Medianwertes alles DAX-Konzerne. Der Median gibt jenen Wert an, den 50 Prozent der Unternehmen überschreiten, und liegt bei einer Lohnkluft des 68fachen zwischen Manager- und Angestelltengehältern.

Warum diese Differenz bei den Versicherern geringer ist, wird in der Studie nicht genannt. Hier haben aber bereits Daten des Statistischen Bundesamtes gezeigt, dass die Assekuranzen ihre Mitarbeiter vergleichsweise gut entlohnt und eine große Zahl qualifizierter Mitarbeiter beschäftigt (der Versicherungsbote berichtete). Bei der Allianz verdienen Top-Manager das 46fache wie die durchschnittlichen Mitarbeiter: Damit ist sie der Versicherer mit der größten Lohnkluft. Die Munich Re folgt mit einer Gehaltslücke vom 46fachen.

Vorstandsvorsitzende verdienen noch ein bisschen mehr

Die Ergebnisse werden aber zum Teil auch dadurch beeinflusst, dass die Vorstandsvorsitzenden bzw. CEOs auch innerhalb der einzelnen Vorstände Bestverdiener sind. Je nach Konzern bekommen sie das 1,5fache bis doppelte Gehalt der anderen Vorstandsmitglieder. Deshalb wurde die Vergütung der Vorstandsvorsitzenden noch einmal gesondert ins Verhältnis zu den durchschnittlichen Mitarbeitern gesetzt. Demnach bekommen Vorstandsvorsitzende sogar das 97-Fache dessen, was ein durchschnittlicher Mitarbeiter verdient.

Am krassesten ist ihr der Abstand von Post-Chef Frank Appel zu seinen Mitarbeitern: Er hat das 232fache an Gehalt. Bernd Scheifele, Vorstand der Heidelberg Cement, folgt auf Rang zwei mit der 201fachen Vergütung seiner durchschnittlichen Beschäftigten. Auch hier fallen die Daten der Versicherer vergleichsweise moderat aus. Allianz-Chef Oliver Bäte bekam das 58fache seiner Angestellten.

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Wer die Verantwortung für die Geschicke eines großen Unternehmens mit zig tausend Arbeitsplätzen trägt, erbringt eine beachtliche Leistung und sollte anständig bezahlt werden, positioniert sich die Böckler-Stiftung. Dennoch: die wachsende Kluft bedroht nicht nur die Motivation der Mitarbeiter, sondern im schlimmsten Fall die Demokratie und den sozialen Zusammenhalt.

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