Versicherungsbote: Die Nachrichten über Schadenfälle bei Hochwasser und andere Naturkatastrophen überhäufen sich gerade wieder. Seitens der Versicherer heißt es, man hätte sich ja mit einer Elementar-Police versichern können. Wo sind aber die Fußangeln bei den Versicherungen, die beispielsweise Wasserschäden abdecken sollen - Auf welche Punkte sollte der Versicherungsmakler seine Kunden hinweisen?

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Norbert Pischke, Abteilungsleiter Privatkunden Helvetia Versicherungen(c) Helvetia Versicherungen Norbert Pischke: Wichtig ist mir, darauf hinzuweisen, dass eine Elementar-Versicherung nicht nur bei Sturmschäden, Schneedruck oder Hochwasser sinnvoll ist. Wir müssen leider feststellen, dass zunehmende Schäden durch Starkregen-Ereignisse entstehen. Die Kanalisation kann die Wassermassen häufig schlicht nicht mehr aufnehmen und ordentlich abführen. Hierdurch kommt es zu Überflutungen größerer Flächen und auch zu Rückstau in die Häuser. Die unmittelbare Nähe zu einem Gewässer spielt daher oft keine Rolle mehr. Im Hinblick auf die fast immer übliche Wartezeit muss ich mich aber früh mit dem Thema beschäftigen und kann nicht warten, bis das "Wasser an der Haustür steht". Das heißt, dass der Kreis der Kunden, die der Makler ansprechen sollte, deutlich größer ist als bisher.

Die bekannten Schäden der Vergangenheit und die steigenden Aufwände haben schließlich auch auf staatlicher Seite zu einem geänderten Umgang mit Naturkatastrophen geführt. Die Bundesländer haben auf der einen Seite in Aufklärungskampagnen die Wichtigkeit der Zusatzdeckung Elementar hervorgehoben. Auf der anderen Seite ist aufgrund der Versicherungsmöglichkeit im Schadenfall zukünftig kaum noch mit staatlicher Hilfe zu rechnen. Allein aus Haftungsgründen ist ein entsprechendes Angebot für den Kunden also Pflicht. Eine gute Beratung zur Deckung und auch zu den Ausschlüssen und Pflichten ist hier besonders wichtig - grade weil das Thema Elementarschaden beim Kunden nicht so bekannt ist und leider auch immer wieder verdrängt wird.

Wie und wo können Versicherungsnehmer animiert werden Schäden selbst zu minimieren?

Den Versicherungsnehmern ist ihre eigene Risikosituation häufig nicht bewusst, weshalb zunächst Aufklärung und dann ein kritischer Blick auf das eigene Grundstück sowie über den Gartenzaun nötig ist. Dann kann die Schadenverhütung und -minimierung in Angriff genommen werden.

Konkret reicht dies von ganz einfachen Maßnahmen, zum Beispiel eigene Wasserabläufe von Blättern freihalten und die Gemeinde anzuhalten, Abläufe in Straßen regelmäßig zu reinigen und freizuhalten, bis hin zu baulichen Vorkehrungen. Hier gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten, die sich bereits bewährt haben. So kann man Lichtschächte möglichst nicht ebenerdig, sondern erhöht anbringen, Kellerbereiche fliesen, ein elektronisches Rückstauventil einbauen oder Waschmaschinen und Heizkessel im Kellerbereich auf einen Sockel stellen.

Wann ist ein Tatbestand fahrlässig? Können Sie hierfür ein Beispiel nennen?

Fahrlässig ist es beispielsweise, wenn trotz vorhersehbarer Überschwemmung mobile Gegenstände nicht in obere Stockwerke verbracht würden oder der Öltank nicht gegen Aufschwimmen geschützt würde.

In welchen Risikozonen kann es passieren, dass ich gar keinen Versicherer finde? Wenn ich in der höchsten Risikozone für Hochwasserschäden wohne, dann sind die Konditionen oft sehr unattraktiv. Finden Sie das gerechtfertigt? Welche Argumente sprechen für eine höhere Prämie?

Alle Risiken sind grundsätzlich versicherbar. Kritisch thematisiert werden regelmäßig die hoch gefährdeten Risiken, welche in der sogenannten ZÜRS-Zone 4 liegen. Damit werden Örtlichkeiten beschrieben, in denen statistisch mit einer Überschwemmung alle 10 Jahre zu rechnen ist. Real handelt es sich dabei zunächst nur um eine äußert geringe Zahl, konkret 0,6 Prozent aller Risiken. Versicherungsschutz gegen Starkregen und Rückstau ist in ZÜRS 4-Risiken übrigens unproblematisch.

Ein derart hohes Risiko eines Schadeneintritts berührt die Grenzen der Solidargemeinschaft aller Versicherten. Diese darf auch die Erwartung haben, dass mit ihren Prämien verantwortungsvoll umgegangen wird. Das führt in diesen Fällen zu einer höheren Prämie und ist, wenn wir zum Beispiel an Typ- und Regionalklassen in der Kfz-Versicherung oder die Berufsgruppe in der Unfallversicherung denken, ein allgemein akzeptiertes Differenzierungskriterium. An erster Stelle steht für uns bei ZÜRS 4-Risiken daher eine individuelle Risikoeinschätzung. Prävention und konkrete Mitwirkung des Versicherungsnehmers ist und bleibt ein weiterer wichtiger Baustein bei der Versicherung. Dies gewährleisten wir über einen höheren Selbstbehalt.

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Die Fragen stellte Jenny Müller

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