Sollen die privaten Krankenversicherer im Neugeschäft nur noch Zusatzversicherungen anbieten dürfen und sich alle Deutschen verpflichtend gesetzlich versichern müssen? So in etwa hätte eine Frage ausfallen können, wenn die Zustimmung der Bundesbürger zu einer Bürgerversicherung ermittelt werden soll. Aber eine repräsentative Umfrage der Trendforscher von INSA Meinungstrend, in Auftrag gegeben von der BILD-Zeitung, hat genau dies eben nicht abgefragt.

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Stattdessen wurden die 2.044 Teilnehmer der Online-Studie mit einer Aussage konfrontiert, die viel Interpretationsraum lässt. Sie lautete konkret: „Die gesetzlichen Krankenkassen sollten zu einer Bürgerversicherung zusammengeschlossen werden, in welche auch Beamte, Selbstständige und Freiberufler wechseln können.“ Hierzu konnten sich die Teilnehmer zustimmend oder ablehnend äußern.

Die Betonung in dieser Aussage liegt auf „wechseln können“: Beamte und Selbstständige haben also die Wahl, sich gesetzlich zu versichern. Wenn sie denn wollen, denn in die GKV gezwungen werden sie laut dieser Formulierung nicht. Ein Meinungsbild dazu, ob die private Krankenversicherung weiterhin Volltarife anbieten darf oder ob ihr das verboten werden sollte, kann die Umfrage folglich nicht präzise abbilden.

Mehrheit befürwortet Bürgerversicherung

Diese Ausgangssituation gilt es zu bedenken, wenn man einen Blick auf die Ergebnisse der Umfrage wirft. Denn tatsächlich spricht sich die deutliche Mehrheit der Beteiligten laut INSA für eine Bürgerversicherung aus: 60,1 Prozent der Befragten äußern sich zustimmend. Lediglich jeder neunte stimmt dieser Aussage nicht zu (13,1 Prozent).

Weitere 21,6 Prozent der Umfrageteilnehmer zeigten sich unentschlossen und stimmten mit „weiß nicht“, während 5,3 Prozent keine Angabe machten. Je älter die Befragten, desto höher die Zahl der Befürworter: In der Generation Ü65 plädieren 68,5 Prozent für eine Bürgerversicherung, bei den 18-bis 24-jährigen nicht einmal jeder zweite (47,9 Prozent).

Auffallend: Gerade Menschen mit kleinem Geldbeutel sind weniger von der Bürgerversicherung überzeugt. Nur etwas mehr als jeder zweite Teilnehmer mit einem Haushaltseinkommen von weniger als 1.000 Euro spricht sich für dieses Modell aus (54,2 Prozent). In dieser Einkommensgruppe stimmen auch die meisten Befragten mit „weiß nicht“ (28,5 Prozent). Am höchsten ist die Zustimmung zu einer Bürgerversicherung unter Gutverdienern mit einem Haushaltseinkommen zwischen 3.000 und 4.000 Euro (66,2 Prozent).

Selbst Mehrheit der FDP-Wähler befürwortet Bürgerversicherung

Betrachtet man die Parteipräferenzen der Umfrageteilnehmer, so zeigt sich auch hier eine Mehrheit pro Bürgerversicherung – über alle Parteien hinweg. Selbst in der FDP, die sonst gern vor staatlichen Eingriffen in den Markt warnt, stimmen 64,9 Prozent für eine Bürgerversicherung. Am höchsten ist die Skepsis noch bei den Sympathisanten von CDU und CSU, wo nur 61,5 Prozent für dieses Modell plädieren.

Die größte Zustimmung findet die Bürgerversicherung erwartungsgemäß bei Anhängern der Linken mit 72,0 Prozent. Bündnis 90/ Die Grünen und SPD liegen fast gleichauf mit hohen Zuspruchs-Werten (69,0 bzw. 69,1 Prozent). Auch AfD-Wähler begrüßen zu 62,1 Prozent eine Gemeinschaftsversicherung.

Was bedeutet Bürgerversicherung?

Für eine Bürgerversicherung sprechen sich im Wahlkampf SPD, Linke und Bündnis 90 / die Grünen aus, wenn auch mit Unterschieden. Nach dem Modell der SPD sollen auch private Krankenversicherer entsprechende Vollversicherungs-Tarife entwickeln dürfen. Die Linke will hingegen die Privatversicherer vom Neugeschäft in der Vollversicherung ausschließen, so dass die PKV künftig nur noch freiwillige Zusatzversicherungen anbieten darf (der Versicherungsbote berichtete).

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Solche Unterschiede wurden in der Insa-Umfrage nicht abgefragt. Allgemein trifft die Studie keine Aussage darüber, was die Teilnehmer mit „Bürgerversicherung“ konkret verbinden und wie ihr Wissensstand dazu ist, ob sie etwa mit den einzelnen Konzepten der Parteien in den Wahlprogrammen zur Bundestagswahl 2017 vertraut sind.

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