Jugendliche in Deutschland haben ein mangelhaftes Finanzwissen. Nur jeder vierte Jugendliche zwischen 16 und 25 Jahren fühlt sich im Thema Finanzen sattelfest. Ein grundlegendes Problem sehen die jungen Erwachsenen in der schlechten Vermittlung von Finanzwesen in der Schule. 60 Prozent bewerteten die Finanzbildung in deutschen Schulen als ungenügend oder mangelhaft. So wären sogar 95 Prozent der Befragten für ein Schulfach zu begeistern. Das geht aus einer Studie der Direktbank comdirect hervor.

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Nur Baden-Württemberg hat Wirtschaft als verpflichtendes Schulfach

Aktuell gibt es mit Baden-Württemberg nur ein Bundesland, dass ein Pflichtfach „Wirtschaft“ anbietet. Ab diesem Schuljahr wird das neue Fach „Wirtschaft/ Berufs- und Studienorientierung“ gelehrt. Das Fach sei ein Novum in der Bildungspolitik. „Baden-Württemberg ist das einzige Bundesland, in dem ein so konzipiertes Fach an allen weiterführenden allgemein bildenden Schularten unterrichtet wird“, sagt Susanne Eisenmann (CDU), die Kultusministerin des Landes.

Schüler der Real-, Werkreal- und Gemeinschaftsschulen sollen es künftig von der 7. bis zur 10. Klasse lernen – fünf Stunden pro Woche. Der volle Umfang wird aber erst ab dem kommenden Schuljahr umgesetzt. Ein Jahr später folgen dann auch die Gymnasien: die angehenden Abiturienten sollen von der 8. bis zur 10. Stufe drei Stunden pro Woche Wirtschaftsunterricht bekommen. Ziel sei es, dass „junge Menschen die grundlegenden wirtschaftlichen Zusammenhänge nicht nur erkennen und verstehen, sondern auch kritisch hinterfragen können“, sagt Eisenmann.

Die fehlende Finanzbildung der Schüler sorgte bereits mehrfach für Schlagzeilen. So fragte im Jahr 2010 das Bundesverbraucherschutzministerium nach wirtschaftlichen Grundkenntnissen von Zehntklässlern. Erschreckend: ungefähr die Hälfte der Befragten wusste nicht, was ein Girokonto ist. Für Aufsehen sorgte auch der Tweet einer Schülerin Anfang des Jahres 2015 beim Kurznachrichtendienst Twitter. „Bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann ’ne Gedichtsanalyse (sic!) schreiben. In 4 Sprachen“, schrieb die angehende Abiturientin. Der Tweet sorgte für Debatten, wie lebensfern die Schulbildung ist.

NRW will das Thema Wirtschaft stärker Schulen verankern

Nun will die wahrscheinlich künftige Landesregierung von NRW mit einem Schulfach das Thema Wirtschaft stärker in der Schule verankern. Bereits zwischen 2005 und 2010 hatte es ein Modellprojekt an den Realschulen des Bundeslandes gegeben. Trotz positivem Feedback wurde es unter der rot-grünen Landesregierung jedoch nicht weiter verfolgt.

Gelehrt werden solle das neue Fach an allen weiterführenden Schulen. Mit einer schnellen Umsetzung der Pläne sei indes nicht zu rechnen. Schließlich müssen für die Einführung ein entsprechender Lehrplan sowie Schulbücher fertig sein. Dies benötigt vor allem eines - Zeit. "Ich gehe nicht davon aus, dass vor dem Schuljahr 2019/2020 ein neues Schulfach an den Start gehen könnte - und das ist sehr optimistisch geschätzt", sagt etwa Frank Tscherwen, Verlagsleiter Mittlere Schulformen bei der Westermann-Gruppe, gegenüber der "Rheinischen Post".

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Auch der Bund der Versicherten macht sich für ein Einfließen von Versicherungs- und Finanzwissen in die schulische Bildung stark. „Wir lernen bekanntlich nicht für die Schule, sondern fürs Leben. Versicherungen und Finanzprodukte sind aber ein wichtiger Bestandteil des Lebens. Daher sollten diese Themen stärker Eingang in die Lehrpläne finden“, sagt BdV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein.

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