Die Deutschen leben immer länger bei guter Gesundheit. Zu diesem Ergebnis kommt eine Auswertung des Demografen Roland Rau, der am Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock (MPIDR) lehrt. Zwischen 2005 und 2013 haben demnach 65-jährige Frauen weitere 2,8 gesunde Lebensjahre hinzugewonnen und können darauf hoffen, im Schnitt bis fast zum 73. Lebensjahr gesund zu bleiben. Bei Männern betrug das Plus gegenüber 2005 immerhin noch 2,3 gesunde Lebensjahre (siehe Tabelle 1).

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Gesundheitsempfinden der Senioren "sehr gut" oder "gut"

Für die Studie im Auftrag des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) wertete der Demografieforscher Daten der Europäischen Haushaltsbefragung „EU-SILC“ aus, für die jährlich 14.500 Deutsche befragt werden. Dabei müssen die Befragten auf einer fünfstufigen Skala ihren Gesundheitszustand von „sehr gut“ bis „sehr schlecht“ bewerten. Roland Rau berücksichtigte für die Auswertung ausschließlich Stimmen von Senioren, die ihre eigene Gesundheit mit „sehr gut“ oder „gut“ eingeschätzt hatten.

Die Analyse wird in einer Pressemeldung der GDV-Kampagne „7 Jahre länger“ vorgestellt. Die Initiative der Deutschen Versicherer soll laut Eigenbeschreibung das Bewusstsein dafür schärfen, dass die Menschen immer älter werden und länger fit bleiben. Denn die Deutschen würden ihre Lebenserwartung unterschätzen und das Alter zu pessimistisch bewerten, heißt es im Pressetext des GDV.

Lebenserwartung ebenfalls leicht gestiegen

Ebenfalls gestiegen ist laut Rau zwischen 2005 und 2013 die verbleibende Lebenserwartung der Deutschen – wenn auch weniger deutlich als die Zahl der gesunden Lebensjahre. Frauen konnten im Alter von 65 Jahren 2013 im Schnitt auf weitere 20,7 Lebensjahre hoffen (+0,6 Lebensjahre gegenüber 2005), Männer auf 17,6 weitere Lebensjahre: Sie gewannen ein volles Lebensjahr hinzu. Für diese Zahlen nutzte der Altersforscher Zahlen des "Human Mortality Database", einer Datenbank, die Angaben zur Lebenserwartung der Bevölkerung aus 38 Ländern ausweist (siehe Tabelle 2).

„Der Anstieg der Lebenserwartung geht nicht einher mit einer längeren Krankheitsphase. Die Menschen bleiben zugleich immer länger gesund“, kommentiert Rau die Ergebnisse. Ein Grund sei die gesündere Lebensweise vieler Menschen sowie der medizinische Fortschritt.

„Im Untersuchungszeitraum ist beispielsweise die Sterblichkeit in Deutschland aufgrund von Kreislauferkrankungen um knapp 20 Prozent gesunken“, berichtet Rau. Auch in der Behandlung von Krebs gebe es bessere Heilungschancen – die zweithäufigste Todesursache nach Kreislauferkrankungen wie Herzinfarkt.

Weitere Definition für Wohlbefinden: „Abwesenheit schlechter Gesundheit“

Roland Rau berücksichtigte für die Einschätzung der Senioren-Gesundheit eine weitere Definition für gutes Befinden: die „Abwesenheit schlechter Gesundheit“. Diese ist etwas weniger streng als „gute Gesundheit“, kann aber als Maßstab dafür dienen, dass die Senioren keine gravierenden Gesundheitsprobleme haben.

Hierfür rechnete der Statistiker bei den EU-SILC-Auswertung nicht nur Antworten ein, bei denen Senioren ihren Gesundheitszustand mit „sehr gut“ oder „gut“ bewertet hatten, sondern auch jene für „mittel“. Herausgerechnet wurden hingegen die beiden Ausprägungen „schlecht“ oder „sehr schlecht“.

Das Ergebnis: Frauen hatten im Schnitt 2013 noch 17,1 relativ beschwerdefreie Jahre vor sich, Männner immerhin noch 15,2 Jahre. Das bedeutete bei den Frauen ein Plus von 2,1 beschwerdefreien Jahren gegenüber 2005 und bei den Männern ein Plus von 1,8 Jahren.

Subjektives Gesundheitsempfinden: Senioren bewerten ihre Gesundheit positiver

Bezüglich der relativen Gesundheit sorgte im Jahr 2009 die Studie "Gesundheit und Krankheit im Alter" für Aufsehen, gemeinsam durchgeführt vom Roland-Koch-Institut, dem Statistischen Bundesamt sowie dem Deutschen Zentrum für Altersfragen. In der Studie wurde hervorgehoben, dass speziell bei chronischen Erkrankungen die Senioren bemerkenswerte Anpassungsleistungen vollbringen: selbst wenn körperlich eine Einschränkung vorliegt, bewerten Senioren ihre Gesundheit eher positiv als jüngere Generationen.

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Gemäß der Studie werden die Kategorien für das eigene Gesundheitsempfinden im Alter nach unten korrigiert. Man rechnet damit, krank zu werden, und lernt, mit den Einschränkungen zu leben. Die Folgen dieser Anpassung sind positiv: Chronische Krankheiten werden mit ihrer Fortdauer als weniger belastend wahrgenommen. Auch das Einnehmen von Medikamenten wird als „normal“ akzeptiert. Man fühlt sich den Umständen entsprechend gut.

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