Dr. Johannes Fiala, RA (München), RB, VB, MBA Finanzdienstleistungen (Univ.), MM (Univ.), Geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), Bankkaufmann © Dr. Johannes Fiala Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 17.06.2016, Az. V ZR 134/15) entschied, dass Schadensersatzansprüche erst dann beginnen könnten zu verjähren, wenn der Investor beispielsweise durch die Jahresabrechnung des Verwalters bzw. Mietpools erkennen kann, worauf höhere Ausgaben beruhen – im Unterschied zu den werblichen Angaben des Verkäufers von Schrottimmobilien. Schlägt der Verkäufer ein Annuitätendarlehen vor, hat er zudem auf den abnehmenden Steuereffekt hinzuweisen – schließlich sinkt der Zinsanteil. Andererseits kann ein Festdarlehen auch nach Steuern, gerade bei Selbstnutzung der Immobilien, weitaus teurer sein, also ebenfalls zum Schadensersatz führen. Können Immobilienhändler dann noch „richtig“ beraten?

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Immobilienverkauf: Auch der Schadensersatz ist eingepreist

Wer sich für Kapitalanlagen interessiert, sollte nicht alles auf ein Pferd setzen – besser also das Risiko streuen. Wenn der eigenen Berater „nur ein Verkäufer“ ist, braucht man sich nicht zu wundern, wenn erst die spätere Analyse eines unabhängigen Sachverständigen oder Honorarberaters etwaige Mängel aufzeigt. Der kluge Kaufmann meint, im Einkauf liege der Gewinn: Dazu muss man als Laien-Investor entsprechend unabhängigen sachverständigen Rat sicherstellen – genauso bei der Baufinanzierung.

Viele Immobilienkäufer beklagen, daß die Kredittilgung mit dem früheren Versprechen einer Ablaufleistung von Lebensversicherungen (LV) nicht mehr funktioniert – im Kleingedruckten stand aber doch, daß die „Musterberechnung“ zu künftigen Überschüssen bzw. Gewinnen nur unverbindlich ist. Das hilft indes nichts, wenn sie nach späterer Begutachtung durch einen versicherungsmathematischen Sachverständigen deutlich überhöht war. Dann haben Anbieter und Vermittler bzw. Berater ein echtes Problem. Solche Finanzlücken führen bis hin zu Versteigerung und Existenzvernichtung, wie man aus der Presse entnehmen kann.

Lebensversicherungen funktionieren zur Finanzierung – wenn man sie versteht

Lebensversicherungen erfüllen im Normalfall ihre Funktion sehr wohl: Sie erbringen die garantierten Leistungen für alle laufenden Verträge auch künftig und stellen dies sicher. Auf Überschüsse darüber hinaus kann nur gehofft werden – gerne werden diese in mehr oder weniger optimistischen Musterberechnungen dargestellt. Ein Sachverständiger kann auch nach Jahrzehnten noch aufzeigen, inwieweit laut Musterberechnung der Kunde zum Zocker im Casino wurde, weil unverbindliche Wertsteigerungen als sicher dargestellt wurden – also eine Fehlberatung vorliegt - oder gar unrealistisch überhöht waren.

Sinkende Ablaufleistungen waren seit über 12 Jahren bekannt

Die nun – angeblich - überraschten Kunden wurden schon ab 2002/2003 informiert, in welchem Ausmaß die Ablaufleistungen sinken. Und es wurden ihnen Lösungen angeboten: Sukzessive Tilgung ihrer bisher tilgungsfreien Darlehen oder Aufstockung ihrer Lebensversicherungen. Die sinkenden Darlehenszinsen haben viele Kunden gerne mitgenommen - die sinkenden Überschusszinsen der LV haben sie ignoriert. Dabei war die Senkung im Wesentlichen in Schritten schon bis ca. 2005/06 erfolgt. Nun - 10 Jahre später - sich überrascht zu zeigen, ist Heuchelei. Und wer, wie die Masse der Bevölkerung bei der Betrachtung sich auf seinen Steuerberater verlassen hat, ist dort an der richtigen Adresse für erste Diskussionen – auch weil dieser oder die Ehefrau etwa auch von Provisionen lebt?

Die Europäische Zentralbank (EZB) trifft keine Verantwortung für den Niedrigzins

Als nahezu heuchlerisch erscheint es, wenn einzelne Lebensversicherer die Verantwortung für den Niedrigzins auf die EZB schieben wollen. Das ist, als würde man von einem Wolkenbruch völlig durchnässt sein und dies dann auf einen vorbeifahrenden Wagen schieben, der nochmal durch eine Pfütze fährt. Außer bei maroden Staaten gibt es kaum mehr Nachfrage nach Geld gegen Zinsen. Manche Banker fragen, mit welchem Recht die Sparer eigentlich meinen, dass sie für ihr Geld Zinsen bekommen sollten – und verweisen auf die Altpapiertonne zu Entsorgung.

Medienschelte gegen Lebensversicherer

Diplom-Mathematiker Peter A. Schramm ist Sachverständiger für Versicherungsmathematik (Diethardt) und Aktuar DAV. Versicherer sitzen selbst bei 70 Milliarden stillen Reserven nicht auf überflüssigem Geld, das sie heute verschenken könnten. Sie brauchen es vielmehr, um überhaupt die versprochenen Garantien dauerhaft leisten zu können. Wenn Leitmedien wie das ZDF einen Beitrag mit „Die Lebensversicherungsfalle: Reiche Konzerne - enttäuschte Kunden“ betiteln, vergessen sie, daß bereits der Vermittler bzw. Berater des Kunden nicht von diesem bezahlt wurde. Wer sich als Verbraucher keinen unabhängigen Rat durch Gutachter und Sachverständige leistet, also meint „alles selbst besser zu wissen“, muss sich später nicht wundern, wenn der „Verkäufer“ nur im eigenen wirtschaftlichen Interesse tätig gewesen war? Und dies gilt selbst dann, wenn Fehlberatungen bei der Immobilienfinanzierung regelmäßig von Richtern – aber nicht allen – abgestraft werden (OLG München, Urteil vom 15.12.2009, Az. 5 U 1590/09).

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Kapitalanlage in Immobilien ist Sache der Erfahrung

Eine Immobilie kauft man in der Regel einmal im Leben – ansonsten ist man bereits „Profi“. Die Profis wissen, daß man beim Betrug von Kreditinstituten und Versicherungsvermittlern im Zusammenhang mit Schrottimmobilien auch nach mehr als 10 Jahren – also nach Verjährung – noch mit Schadensersatz aufrechnen kann. Denn bestand die Aufrechnungslage erstmals vor Eintritt der Verjährung, kann man nach § 215 BGB auch noch viele Jahre später aufrechnen. Mancher Schrottimmobilien-Investor hat damit seine Restschuld mit einem Federstrich noch spät – und mit Erfolg bisweilen sogar komplett - beseitigt. Ohne Fachmann hätte er diese Option gar nicht erkannt. Als nettes Zubrot kann dann oft noch sogar die bereits lange gekündigte Lebensversicherung widerrufen werden, mit Hoffnung auf Rückzahlung fast aller Beiträge ohne Kostenabzug zzgl. Zinsen.

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