„Für die Sozialpartner werden die Hürden für branchenweite bAV-Modelle gesenkt, was neue Anreize zur größeren Einbeziehung von Beschäftigten setzt“, schreibt des Bundessozialministerium (BMAS). Dessen Ressortchefin, Ministerin Andrea Nahles (SPD), führte die Feder für die heute im Bundeskabinett beschlossene Zukunft der Betriebsrente. Erstmalig bleiben Betriebs-, Riester- und sonstige freiwillige Zusatzrenten wegen neu eingeführter Freibeträge bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung teilweise anrechnungsfrei, schreibt das BMAS zu dem kommenden Betriebsrenten-Stärkungsgesetz (BRSG), wie es offiziell heißt.

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Neu ist, dass Betriebsrenten beim so genannten Sozialpartnermodell ohne Beitragsgarantie zugesagt werden können. Neu ist aber auch, dass bei solchen Rentenzusagen ohne Garantien der Arbeitgeber 15 Prozent zum Arbeitnehmeranteil zuschießen soll. Dieser Bonus sollte eigentlich genügen, um den Erhalt eingezahlter Beiträge der Beschäftigten zu sichern – nur eben nicht juristisch, sondern materiell, vulgo mathematisch. Daran hat der GDV-Branchenverband der Versicherer seine Zweifel:

Neu und sicherlich auch zur Freude der Versicherer-Lobby. Bei der Entgeltumwandlung sind künftig jährlich acht Prozent der Beitragsbemessungsgrenze steuerfrei (§ 3 Nr. 63 EStG.)

Ministerin Nahles: „Rolle der Tarifpartner gestärkt“

Angesichts des demografischen Wandels sei die zusätzliche private und betriebliche Vorsorge von immer größerer Bedeutung, sagt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Und weiter: Bei der Altersvorsorge „setzen noch zu wenige Menschen auf eine Betriebsrente“. Das neue BRSG biete sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern zusätzliche Anreize, damit mehr Betriebsrenten abgeschlossen werden. Profitieren würden davon insbesondere die Beschäftigten in kleinen und mittleren Unternehmen sowie Geringverdiener. „Dieses Angebot ist auch eine Reaktion auf die Herausforderungen aus dem aktuellen Niedrigzinsumfeld“, schließt Minister Schäuble.

Bundesarbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles will mit dem Stärkungsgesetz deutlich mehr Betriebe und ihren Beschäftigten eine Betriebsrente verfügbar machen. Mit dem Sozialpartnermodell (auch als Nahles-Rente bekannt) stärke das neue Gesetz die Rolle der Tarifparteien bei der Organisation der Betriebsrente und mache sie zudem „einfacher und attraktiver“, sagt Nahles.

Der Gesetzentwurf zum Betriebsrenten-Stärkungsgesetz im Einzelnen:

(Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales)

1. Stärkung der betrieblichen Altersversorgung

a) Neuregelungen im Arbeitsrecht (Betriebsrentengesetz)

Im Betriebsrentengesetz wird den Sozialpartnern ermöglicht, künftig auf der Grundlage von Tarifverträgen sogenannte reine Beitragszusagen einzuführen und damit die Arbeitgeber von bisherigen Haftungsrisiken für Betriebsrenten zu entlasten. In diesem Fall werden auch keine Mindest- bzw. Garantieleistungen der durchführenden Versorgungseinrichtungen mehr vorgesehen.

Die neue Betriebsrente wird von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auf der Grundlage spezifischer neuer Aufsichtsvorschriften überwacht. Daneben ist es Sache der Sozialpartner, zusammen mit den Versorgungseinrichtungen möglichst effiziente und sichere Betriebsrentensysteme einzuführen, zu implementieren und zu steuern.

Nichttarifgebundene Arbeitgeber und Beschäftigte können vereinbaren, dass die einschlägigen Tarifverträge auch für sie gelten sollen.

Daneben wird im Betriebsrentengesetz die rechtssichere Ausgestaltung von tariflichen Modellen der automatischen Entgeltumwandlung verankert („Opting-Out“- bzw. „Optionsmodelle“).

b) Verbesserung der Rahmenbedingungen im Sozialrecht

Im Sozialrecht werden neue Anreize für den Auf- und Ausbau einer betrieblichen Altersversorgung insbesondere bei Geringverdienern gesetzt. In der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie bei der ergänzenden Hilfe zum Lebensunterhalt in der Kriegsopferfürsorge bleiben freiwillige Zusatzrenten wie Betriebs- und Riester-Renten künftig bis zu 202 Euro anrechnungsfrei. Damit wird ein wichtiges Signal gesetzt, dass sich freiwillige Altersvorsorge in jedem Fall lohnt.

In der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung werden über den Arbeitgeber organisierte Riester-Renten künftig genauso behandelt wie zertifizierte Riester-Verträge; sie bleiben also in der Verrentungsphase beitragsfrei.

Außerdem wird die Rolle der Deutschen Rentenversicherung als objektiv neutrale Informationsquelle auch für die betriebliche Altersversorgung ausgebaut.

Mit dem Gesetzentwurf wird schließlich auch die seit 2008 in unveränderter Höhe bestehende Grundzulage bei der Riester-Rente angehoben und das Verfahren zur Riester-Förderung verbessert.

c) Optimierung der steuerlichen Förderung

Für Geringverdiener wird ein neues spezifisches Steuer-Fördermodell für zusätzliche Beiträge des Arbeitgebers in eine betriebliche Altersversorgung des Arbeitnehmers eingeführt. Der Förderbetrag beträgt 30 % und wird an den Arbeitgeber im Wege der Verrechnung mit der vom Arbeitgeber abzuführenden Lohnsteuer ausgezahlt. Der Förderbetrag richtet sich an Beschäftigte mit einem Bruttoeinkommen von bis zu 2.000 Euro pro Monat. Für Beiträge von mindestens 240 bis 480 Euro im Kalenderjahr beträgt der Förderbetrag somit 72 bis maximal 144 Euro im Kalenderjahr.

d) Zusammenfassung, Erhöhung, Flexibilisierung und Vereinfachung des steuerfreien bAV-Dotierungsrahmens

Der steuerfreie Dotierungsrahmen für Zahlungen des Arbeitgebers an Pensionskassen, Pensionsfonds oder Direktversicherungen wird zu einer einheitlichen prozentualen Grenze zusammengefasst und erhöht. Dieser beträgt 8 % der Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung (RV-BBG). Die 20 % Pauschalbesteuerungsmöglichkeit wird beibehalten. Die tatsächlich pauschalbesteuerten Beträge im Kalenderjahr werden auf den neuen steuerfreien Dotierungsrahmen von 8 % der RV-BBG angerechnet. Außerdem wird der steuerfreie Dotierungsrahmen bei Abfindungszahlungen und gebrochenen Erwerbsbiographien durch Einräumung einer zusätzlichen steuerfreien Dotierungsmöglichkeit in Höhe von bis zum 10-fachen Jahresvolumen flexibilisiert sowie verschiedene Vereinfachungen des steuerlichen Verwaltungsverfahrens umgesetzt.

2. Stärkung der Riester-Rente

Zusätzlich zu den zuvor genannten Maßnahmen werden Verbesserungen im Bereich der Riester-Rente auf den Weg gebracht. Die jährliche Grundzulage wird von gegenwärtig 154 Euro auf 165 Euro angehoben. Es gibt Erleichterungen bei der Besteuerung der Abfindungen von Kleinbetragsrenten. Beim Zulageverfahren werden die Verfahren verbessert, insbesondere durch eine kürzere Frist für die Überprüfung des Zulageanspruchs durch die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen.

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