Die Bundesregierung arbeitet an einer Rentenreform – federführend ist das Bundessozialministerium von Andrea Nahles (SPD). Im November sollen erste Ergebnisse vorgelegt werden. Das sorgt bei der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) für Zähneklappern. Der Lobbyverband der Metallindustrie ist mit Millionengeldern ausgestattet, um für Arbeitgeber-Interessen und einen schmalen Staat zu werben. Und das tat der Verband auch am Donnerstag auf einer Veranstaltung in Berlin, von der das Versicherungsjournal berichtet.

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„Wir haben keine Altersarmut“

Laut INSM-Geschäftsführer Hubertus Pellengahr sei von der Nahles-Reform nichts Gutes zu erwarten. Sie würden bis zum Jahr 2040 ein Loch von 83 Milliarden Euro in die Rentenkasse reißen, rechnet Pellengar vor, während sich die Zahl der Beitragszahler um 7 Millionen Menschen verringere. Deshalb drohe die Generationengerechtigkeit auf der Strecke zu bleiben.

Vor allem die Stabilisierung des Rentenniveaus drohe ins Geld zu gehen, argumentierte der Ökonom Christian Hagist von der privaten Otto Beisheim School of Management (WHU), die u.a. von Versicherungen und Banken mitfinanziert wird. Der FDP-Politiker Hermann Otto Solms, ebenfalls Teil der Veranstaltung, pflichtete Hagist bei. Andrea Nahles strebt eine sogenannte „Haltelinie“ für das Rentenniveau an, die bewirken soll, dass das Niveau nicht zu stark absinkt. Derzeit ist eine Herabsetzung auf 43 Prozent bis 2030 geplant.

Solms und Hagist bestritten sogar, dass es in Deutschland eine breite Altersarmut gebe. „Wir haben keine Altersarmut, nur die Drohung damit“, wird Solms zitiert. Laut Definition gilt als armutsgefährdet, wer weniger als 60 Prozent des Median-Einkommens verdient.

Die Armutsrisikoschwelle lag 2015 in Deutschland für Single-Haushalte bei 942 Euro im Monat (laut Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes). Die Zahl der Menschen, die mit ihrer Rente nicht über die Runden kommen, stieg 2015 auf einen neuen Rekordwert. Insgesamt 1.038 Millionen Rentner waren auf Grundsicherungs-Leistungen nach SGB XII angewiesen (einschließlich Erwerbsminderung).

Pflicht-Versicherung für Solo-Selbstständige und Umschichtung der Riester-Förderung

Statt einer Stärkung der gesetzlichen Rente empfiehlt die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ eine Umschichtung der Riester-Förderung. Geringverdiener sollen höhere Zulagen erhalten, Gutverdiener im Gegenzug weniger.

Damit soll bewirkt werden, dass auch Menschen mit kleinem Geldbeutel mehr in private Altersvorsorge-Produkte investieren. Auch spricht sich der Verband für einen höheren Freibetrag im Alter aus, damit Riester nicht wie jetzt auf die Grundsicherung angerechnet wird. Doch auch die Stärkung der Riester-Förderung dürfte die Bundesregierung mehr Geld kosten, wie Hagist einräumt, da bei den jetzigen Verträgen nicht gekürzt werden dürfe. Die Regelaltersgrenze solle zudem über das 67. Lebensjahr hinaus angehoben werden.

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Die FDP spricht sich zudem für eine Pflichtversicherung für Soloselbständige aus, erklärte Solms, wobei sie ihre Versicherungsform frei wählen können sollen. Ähnliche Ideen hat freilich auch die Regierungskoalition, die ebenfalls mit einer Pflichtversicherung liebäugelt (der Versicherungsbote berichtete).

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